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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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war eine bittere Nacht.«
    »Meine war nicht minder bitter. Aber was geschehen ist, kann man nicht mehr ändern. Wir sind, was wir sind, Herr Vater.«
    Nun war es heraus.
    Er schloss die Augen für einen Moment, und sein Gesicht drückte tiefe Bewegung aus.
    »Danke, meine Tochter.«
    Er trat zur Anrichte und schenkte uns jedem ein Glas Cognac ein. Als er es mir reichte, wirkte er wieder gefasst, aber in seinem Lächeln lag Trauer.
    Mir ging eine erstaunliche Parallelität durch den Kopf und ich sagte: »Wie seltsam, auch Alexander, der Freund von Jan Martin und Max...«
    »Ich kenne ihn, ein hervorragender Ingenieur.«
    »Er hat seinen Vater ebenfalls erst nach langer Zeit wiedergefunden.«
    »Auch diese Geschichte ist mir vertraut. Ich las sie in einem abgelegenen Nest am Missouri, und sie berührte mich seltsam. Ja, im Grunde war sie der Auslöser, wieder nach Deutschland zurückzukehren und mich um meine Familie zu kümmern. Und nun ist sie größer als erwartet.«
    »Das Leben schlägt eigenartige Kapriolen.«
    »Ja, Amara. Aber du kannst mir glauben, ich bin stolz auf dich. Du bist zu einer wunderbaren jungen Frau herangewachsen, trotz aller Widrigkeiten.«
    »Seien Sie vorsichtig mit Ihrer Bewunderung. Wissen Sie, mein Ruf ist nicht der beste. Manche nennen mich eine lustige Witwe, andere ein Küchenmädchen mit Ambitionen. Sie hingegen sind ein erfolgreicher Geschäftsmann.«
    »Pah! Ich bin ein stinkreicher Geschäftsmann, und ich möchte den erleben, der es wagt, dich noch einmal mit irgendwelchen unpassenden Titeln zu belegen.« Dann lächelte er, kniete vor mir nieder, und in seinen Augen glitzerte es. »Und ich werde jetzt etwas tun, was ich noch nie in meinem Leben getan habe. Ich werde erstmalig einer Frau einen Antrag machen. Höre also, Amara – wärest du bereit, mich als deinen Vater anzunehmen, mich für dich sorgen zu lassen, dich zu beschützen und für dich einstehen zu lassen, wie es sich für einen anständigen Vater gehört?«
    »Ich werde aber nicht immer eine gehorsame Tochter sein, ich habe einen eigenen Kopf.«
    »Das gehört dazu, damit müssen Väter leben. Also?«
    »Ja, ich will.«
    Und dann musste ich das Schnupftuch bemühen.

Eine Idee wird geboren
    Wenn Freundesantlitz dir begegnet,
so bist du gleich befreit, gesegnet,
gemeinsam freust du dich der Tat.
Ein Zweiter kommt, sich anzuschließen,
mitwirken will er, mitgenießen;
verdreifacht so sich Kraft und Rat.
    Johann Wolfgang von Goethe
     
     
    Alexander hatte eigentlich eine Ausrede gesucht, mit der er sich um die Einladung hätte drücken können. Aber dann überwog die Neugier, und er packte eine Tasche für die Übernachtung zusammen. Paula war ebenfalls eingeladen, aber sie zog es vor, der Gesellschaft, in der sie sich immer unwohl fühlte, fernzubleiben. Obwohl Maximilian von Briesnitz ihr ein separates Billet gesandt hatte. Das Brieflein lag demonstrativ auf Alexanders Schreibtisch, damit er es auf keinen Fall übersehen konnte. Paula wollte ihm damit wohl andeuten, dass sie keinerlei Interesse an dem jungen Mann hatte.
    Sie sprachen selten miteinander, und wenn, dann ging es zumeist um geschäftliche Dinge. Paula hatte sich, vielleicht aus Langeweile, vielleicht um Gisa in nichts nachzustehen, angeboten, Alexanders Korrespondenz zu übernehmen. Da sie eine saubere, gut lesbare Handschrift hatte und auch seine Skizzen ordentlich und korrekt zu übertragen wusste, hatte er ihr diese Aufgabe nach und nach anvertraut. Es funktionierte recht gut, und auf diese Weise brach der Kontakt zwischen ihnen beiden nicht zur Gänze ab.
    Alexander verabschiedete sich kühl von ihr und stieg auf den Wagen, um nach Bonn zu kutschieren. Er wollte an dem Gartenfest von Lothar de Haye teilnehmen und am nächsten Tag Julia von der Schule abholen.
    Während das Pferd die Rheinuferstraße Richtung Süden hinuntertrabte, gingen ihm Gedanken durch den Kopf, die er eigentlich lieber verscheucht hätte. Aber sie ließen sich nicht bändigen. Er würde Amara treffen – eine ganz andere Amara als die, die er einst in der Zuckerfabrik getroffen, die er verstört und gebrochen zu Nadina gebracht hatte. Eine andere Amara als die Apothekersgattin, die in seinem Bett ein totes Kind zur Welt gebracht hatte, eine andere als die erfolgreiche Chocolatière, die mit gleichbleibend freundlicher Miene ihre Kunden bediente. Eine andere als die, die mit seiner Tochter scherzte und ihr Bänder ins Haar flocht. Eine völlig andere Amara als die leichtherzige

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