Goettin - Das Erwachen
dass Vampire nur im Kampf den Sinn ihres Lebens finden." Lee sah ihn nun aufmerksam an. „Der einsame Vampir also.", sinnierte sie. Josh zuckte nur leicht mit den Schultern. „Ich habe das dumpfe Gefühl, dass das jetzt vorbei ist. Aber apropos, ich habe was zu essen bestellt. Möchtest du mir Gesellschaft leisten?" Lee hatte außer den paar Chips heute noch nichts gegessen, also nickte sie begeistert. Es war halb Sieben morgens, aber da sie nun mit einem Vampir zusammenlebte, waren das wohl die normalen Essenszeiten. Josh stand auf und ging zur Türe. Lee wollte ihm folgen, aber ihr Blick fiel auf das Köfferchen auf ihrem Schreibtisch. „Josh, ich komm gleich nach.", versprach sie leise. „Okay.", antwortete er und schloss die Tür hinter sich.
Nachdenklich strich Lee über die schwarze Waffe, die vor ihr lag. Eine Walther P99. Sie war lange nicht so auffällig und groß wie ihre Desert Eagle. Aber ein solider Begleiter in allen Lebenslagen. Bist du noch wach? Sendete sie. Gerade noch so. Antwortete ihr Liam sofort. Sie war froh, dass sie auch über die Distanz so mit ihm reden konnte. Danke für die Knarre. Ihr war als würde sie Liam neben sich gähnen hören. Gern geschehen. Ich hoffe, sie gefällt dir. Ist nicht so protzig, aber liegt gut in der Hand und du musst sie nicht entsichern. Sie stimmte Liam zu. Diese Waffe war deutlich praktischer. Wie lief es? Fragte sie zögerlich. Sie war sich nicht sicher, ob sie überhaupt hören wollte, was Liam zu berichten wusste. Es war ... anstrengend. Erklärte ihr Liam. Lee seufzte. Werden sie klarkommen? Liam schien kurz nachzudenken. Jedenfalls antwortete er erst nach einer Pause. Dein Dad und deine Schwester waren geschockt. Aber sie haben immer noch genügend Halt in ihrem Leben. Sie werden eine Weile brauchen und schon allein für Tim werden sie es schaffen die Trauer zu bewältigen. Die Stimme in ihrem Kopf war leise. Trotzdem schien Liam sich sicher zu sein. Er belog sie nicht, dafür hatte er zu genau beschrieben wie schlimm ihre Familie im Moment litt. Ihre Familie war am Boden zerstört, während sie neue Kleider anprobiert hatte. Wieder musste Lee den Impuls niederkämpfen, sofort zurück nach Hause zu fahren. Sie hatte sich so unglaublich viel Schuld aufgeladen, dass sie sich sicher war, in die Hölle zu kommen. Sollte es etwas in der Richtung überhaupt geben.
Sie sind stark und sie haben noch Menschen, die sie stützen. Außerdem wissen wir beide, dass du keine andere Wahl hattest. Du musstest sie verlassen, um sie zu schützen. Belastet dich nicht damit. Liam hatte erraten, welcher Kampf im Moment in ihr tobte. Sie dachte einen Moment über seinen Rat nach. Wie soll ich das machen? Fragte sie teils ratlos, weil sie wirklich nicht wusste wie sie das machen sollte, teils ärgerlich, weil es ihr utopisch erschien sich von dieser Last befreien zu können. Ich habe deiner Playlist ein Lied hinzugefügt. Vielleicht reicht es als Antwort. Sagte Liam kryptisch. Sofort ging sie um den Schreibtisch herum zur Dockingstation und sie erkannte auf den ersten Blick, welches Lied er gemeint hatte. Es entsprach ganz und gar nicht ihrem normalen Musikgeschmack, trotzdem drückte sie auf Play. Schon nach der ersten Liedzeile wusste sie was Liam ihr damit sagen wollte. Es war auch nicht besonders schwer zu erraten. Xavas mit „Schau nicht mehr zurück" entlockte ihr ein kleines Lächeln. Ihr wurde klar, dass sie den Rat befolgen musste. Sie musste mit ihrer Vergangenheit abschließen und akzeptieren, dass sie nun an nach vorne sehen musste. Okay, ich hab's verstanden. Liam brummte, wie er es immer machte, wenn er einschlief, während sie mit ihm redete. Warum bist du überhaupt noch wach? Lee wunderte sich ehrlich darüber. Liam seufzte, bevor er sprach. Ich konnte Mario erst vor einer halben Stunde hinauskomplimentieren. Ich glaube, er hat befürchtet, dass ich mir was antun könnte. Das sah Mario ähnlich. Kriegst du das mit der Schauspielerei hin? Fragte sie vorsichtig. So viel schauspielern muss ich nicht. Immerhin bist du ja wirklich gegangen. Nicht tot, aber trotzdem weg. Außerdem denke ich, dass ich nach der Beerdigung für ein paar Wochen wegfahre. Das Rudel wird dafür Verständnis haben und ich brauche im Moment wirklich eine Pause von meinem Leben und allem Anderen. Liam klang müde. Sie wusste nicht, ob er nur körperlich müde war oder auch seelisch. Aber sie fand die Idee nicht schlecht. Ich würde mich freuen, wenn du auch nach England kommst. Sie
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