Goettin - Das Erwachen
unter sich knarzte, meldete sich ihr schlechte Gewissen. Isa war nicht nur schlau genug gewesen, zu wissen, wen sie anrufen musste um sie zu erreichen. Sie hatte auch gehört, dass sie im Bett gelegen hatten. „Isa ..." setzte Lee an, als ihre Schwester sie unterbrach. „Schon in Ordnung. Ich hätte zwar nicht gedacht, dass du meinen Rat so schnell befolgen würdest. Aber ich bin froh, dass du ihn jetzt hast. Er hat dich gerettet und ich bin mir sicher, dass du bei ihm in Sicherheit bist." Wieder einmal staunte Lee über den Großmut ihrer Schwester. Sie wusste nicht, was sie ihr darauf antworten sollte, also schwieg sie. „Was hat der Dreckskerl mit dir gemacht?", wollte Isa leise von ihr wissen.
Dreckskerl? Oh! Sie meinte Thomas. „Er war betrunken und ist zudringlich geworden." Lee spielte den Vorfall runter. Sie wollte nicht, dass Isa sich Sorgen machte. „Verkauf mich nicht für dumm, Annelie! Petra hat mich angerufen." Der Tonfall ihrer Schwester war strenger geworden. Petra war die Sandkastenfreundin ihrer Schwester und mit Erik, einem Polizisten verheiratet. „Erik hat ihr erzählt, dass Thomas kein Alkohol getrunken hatte. Außerdem hat er noch gestern Nacht gestanden, dass er es von langer Hand geplant hat. Er hatte vor dich zu entführen!" Isabells Stimme war vor Wut leise geworden. Ekel und Angst stiegen in Lee auf. Sie schluckte trocken. Sie durfte nicht zu lassen, dass Isabell sich noch mehr Sorgen machen musste. Als sie antwortete, war ihre Stimme fest. „Es ist nichts passiert, Isa. Egal was Thomas eigentlich wollte, Liam war rechtzeitig da. Mir geht es gut. Er hat mir nichts getan." Lee musste das auch noch einmal für sich selbst klarstellen. Sie würde sich nicht in die Opferrolle drängen lassen und vor Selbstmitleid zerfließen. Am anderen Ende der Leitung hörte sie Isa laut ausatmen. „Du hattest wohl mehr Glück als Verstand, Lee." Nein, dachte sie, ich habe Liam. „Ja, das hatte ich!", antwortete sie laut. „Hat Petra gesagt, was jetzt weiter passiert?" Sie hatte sich darüber noch keine Gedanken gemacht. Jetzt zog sich allerdings ihr Magen zusammen, bei dem Gedanken, Thomas könnte schon wieder frei herumlaufen. „Naja, dank seines überraschenden Geständnisses haben sie ihn gleich da behalten. Er hat sich selbst wohl so schwer belastet, dass er eine Weile sitzen muss." Lee atmete auf, als sie das hörte. Sie war froh, dass Thomas weg war. Wenigstens für eine Weile. „Lee? Paps macht sich Sorgen. Kannst Du ihn noch anrufen?" Damit hatte Isa sie aus ihren Gedanken geholt. Pa! Oh Gott, er war bestimmt krank vor Sorge. „Ja. Ja, natürlich. Ich ruf ihn gleich an." antwortete Lee. „Gut.", antwortet Isa sanft. „Machs gut und pass bitte auf dich auf, okay?" „Mache ich.", antwortete Lee eher aus Gewohnheit.
Lee legte das Telefon neben sich, als sie mit ihrem Vater gesprochen hatte. Sie hatte auch ihren Vater beruhigen können. Trotzdem nagte ein unbestimmtes Gefühl an ihr. Irgendetwas passte hier nicht. Sie ließ den gestrigen Abend und die Telefonate noch einmal Revue passieren. Oh ja, da stimmte so Einiges nicht. Aber sie wusste einfach, wer da seine Hand im Spiel hatte.
Sie bemerkte, dass Liam im Türrahmen lehnte. Seine kurzen, krausen Haare waren noch feucht vom Duschen und er hatte ein Handtuch um die Hüften geschlungen. Er machte keine Anstalten wieder zu ihr ins Bett zu kommen. Kluges Kerlchen! Trotz ihrer Verärgerung konnte sie sich ein Lächeln nicht ganz verkneifen, als sie ihn fragte: „Warum habe ich das dumpfe Gefühl, das ich nicht einmal die Hälfte von dem mitbekommen habe, was du gestern für mich getan hast?"
Für einen kurzen Moment herrschte Totenstille. „Er wäre wieder freigekommen." Seine Stimme war leise, aber bestimmt „Wenn ich nicht dafür gesorgt hätte, dass ihm weit schlimmere Dinge vorgeworfen werden, wäre er jetzt schon wieder auf freiem Fuß." Lee nickte langsam, froh darüber, das er nicht einmal versuchte seine Einmischung zu leugnen. „Er war betrunken, oder? Und er hatte nichts davon geplant oder wollte mich entführen." Liam verzog wütend das Gesicht. „Ja, er war betrunken. Aber er wollte dir wehtun! Er hätte dir um ein Haar unvorstellbare Dinge angetan. Und glaub mir, ihn auf diese Art für eine Weile aus dem Weg zu räumen war deutlich humaner, als das, was ich mit ihm tun wollte." Lee war überrascht. „Das war nicht deine Idee?" Liam runzelte die Stirn und zuckte mit den Schultern. „Nein, ein Freund von mir hat
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