Goettin - Das Erwachen
offen zu halten. Lee lächelte auf ihn herunter und hatte eine ihrer kleinen Hände auf seine Wange gelegt. Ohne darüber nachzudenken, kuschelte er sich an die Hand und sog ihren Duft ein. Zufrieden stellte er fest, dass sie noch immer nach einer Mischung aus ihm, eine Spur Vampir und ein bisschen Maiglöckchen roch. Wenn man seine Meinung hören wollte, könnte jetzt der Abspann kommen. Er hatte sein Happy End. Er schlief glücklich wieder ein und bekam nicht mehr mit, wie er bewegt wurde.
Liam öffnete erholt die Augen und sah sich in dem dämmrigen Raum um. Er lag in seinem Bett in seiner Wohnung. Seufzend schloss er die Augen wieder und döste noch etwas vor sich hin. Lee war unten, er konnte ihren regelmäßigen, kräftigen Herzschlag hören. Es war alles in Ordnung, also durfte er ein wenig entspannen. Die Bilder des Kampfes erschienen vor seinem inneren Auge. Lee hatte sich gut geschlagen. Wie eine Amazonenprinzessin hatte sie vor dem Vampir gestanden und ihn das Fürchten gelehrt. Und das ohne das Messer auch nur zu berühren! Er musste bei der Erinnerung lächeln. Das verging ihm allerdings, als er versuchte sich zu bewegen und ein kräftigen Ziehen durch sein Bein fuhr. Im Gegensatz zu seiner Schülerin war seine Leistung ausbaufähig gewesen. Früher hatte er es oft mit einem oder zwei Vampiren aufgenommen. Dank seines harten Trainings und etwas Glück war er immer als Sieger hervorgegangen. Er wusste, dass es nicht an seiner Fitness oder seinem Können lag. Er war gestern nur zu sehr damit beschäftigt gewesen zu sehen, ob es Lee gut ging. So hatte er sich nicht konzentriert genug seinem Gegner widmen können. Die Illusion, dass der Kampf gestern der Einzige blieb, dem Lee sich stellen würde, ließ er erst gar nicht zu. Er erkannte einen Kämpfer, wenn er ihn sah. Also würde er wohl oder übel lernen müssen, sie machen zu lassen, ohne sie ständig im Auge zu behalten. Diese Erkenntnis schmerzten ihn mehr, als die Wunde an seinem Bein.
Die Stimmen auf der Treppe unterbrachen seine Gedanken. Er öffnete die Augen und zog sich vorsichtig ein wenig hoch, um seinen Rücken gegen das Kopfteil zu lehnen. Als die Tür aufging, sah er Lee. Sie trug eine Tasse in der Hand und lächelte ihn munter an. „Guten Morgen. Gut geschlafen?" fragte sie und gab ihm den Becher. „Guten Morgen. Oh, Kaffee! Du bist ein Engel." murmelte er, bevor er einen Schluck nahm. Als er wieder aufsah, sah er Mario und seine Frau Claudia hinter Lee stehen. Claudi lächelte ihn an, während ihm Mario zu nickte. „Was? Warum guckt ihr so?", fragte er sie. Claudi setzte sich an die Bettkante und stellte die Tasche, die sie in der Hand hatte, neben sich. „Es ist acht Uhr abends.", sagte sie und streifte sich Latexhandschuhe über. Während sie die Decke zur Seite schob und seinen Verband löste, sah er Lee an. „Ist doch die perfekte Zeit für einen Guten-Morgen-Kaffee.", meinte er achselzuckend.
Mario räusperte sich und fragte so leise, dass Lee es unmöglich verstehen konnte: „Pino?" Er sah auf und nickte ihm zu. Damit gab er ihm die Erlaubnis über die Rudeldinge offen vor Lee zu sprechen. „Was hast du mit ihm vor?", fragte Mario, wie üblich ohne Regung. Lee sah verwirrt aus, also sagte Mario noch einmal laut: „Pino!" Liam schloss für einen Moment die Augen und versuchte die einzelnen Bruchstücke der letzten Nacht zu einem Film zu verbinden. Gesichter und Worte tauchten vor ihm auf, ergaben aber keinen Sinn.
Seufzend fragte er Claudi: „Was hast du mir gestern gegeben?" Sie war gerade damit beschäftigt die Wunde zu desinfizieren und sah nicht auf, als sie antwortete. „Elefantenbetäubungsmittel. Halt endlich still!" Er seufzte und sah wieder Mario an. „Kannst du mir bitte eine Kurzfassung geben?" Mario öffnete den Mund, aber Lee kam im zuvor. „Darf ich?", fragte sie und Liam sah ein Grinsen in ihrem Gesicht, dass ihm fast ein bisschen Angst machte. Mario zuckte mit den Schultern. Sie kniete sich auf das Bett an seiner freien Seite und grinste immer noch. „Ich muss schon sagen, dein Leben bietet, selbst wenn du bewusstlos bist, Stoff für Liebesschnulzen und Actionstreifen.", sagte sie und sah ihn dabei erwartungsvoll an. Als bei ihm der Groschen immer noch nicht viel, schüttelte er leicht den Kopf.
„ Miriam hat dich gestern abgeknutscht, während du ausgeknockt warst.", erklärte sie. Er zog scharf die Luft ein, was ihm wieder ein geknurrtes „Halt deinen verdammtes Bein still." von Claudia
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