Goettin - Das Erwachen
sagte Lee beim Einsteigen. Chris brummelte etwas von: „Ich schnüffle nicht, ich bin doch kein Hund." Setzte sich aber ohne zu Murren auf den blutbeschmierten Beifahrersitz. Seine Pumpgun legte er sich quer über den Schoß. „Dann wittere eben.", gab Lee zurück. Sie hatte heute Nacht wirklich keinen Bock auf Haarspaltereien! Sie lenkte den Wagen, auf dieselbe Weise wie Liam in der Nacht zuvor kreuz und quer durch die Straße ihrer Heimatstadt.
Bis auf die leisen Anweisungen von Chris, wie etwa „Hier rechts." oder „Da vorne geradeaus." schwiegen sie. Nach einer Weile sagte er: „Halt da mal an.", und deutete auf einen Weg am Rand der Stadt. Sie waren von Lees Elternhaus so weit weg, wie es in dieser Stadt nur möglich war. Sie bremste und sah ihn erwartungsvoll an. Sie stellte verwirrt fest, dass in Chris wachen Augen Belustigung zu finden war. „Was ist?", fragte sie und sah sich um. Er stieß ein leises Lachen aus. „Nichts. Entspann dich. Du bist dir sicher, dass es zwei waren?", fragte er leise. Sie nickte. „Ja, ich habe nur zwei von ihnen gesehen." bestätigte sie ihm und betete, dass er Joshs Spur nicht gewittert hatte. Wann war ihr Leben verdammt noch mal so kompliziert geworden? Es strengte sie wirklich an, immer darüber nachzudenken, wem sie welche Lüge auftischen musste. Liam belog sie wegen Mia, das Rudel belog sie wegen ihrer Fähigkeiten und Josh. An ihre Familie wollte sie erst gar nicht denken. Die belog sie nämlich wegen allem. Sie seufzte. Das würde sie nicht lange durchhalten können und schon gar nicht bei jemandem wie Chris, der sie schon jahrelang kannte und eng mit ihr befreundet war.
Chris tätschelte ihren freundschaftlich Oberschenkel und grinste. „Egal was hier gestern Abend so alles in der Stadt war. Sie sind jetzt alle weg." sagte er. Puh, erste Hürde schon mal geschafft, schoss ihr durch den Kopf. Unvermittelt wechselte Chris das Thema. „Liam hat dich nicht markiert, nicht wahr?" Sofort kehrte die Anspannung wieder zu ihr zurück. Sie war so perplex, dass sie nicht so schnell wie nötig, eine Ausrede aus dem Hut zaubern konnte. Sie öffnete ihren Mund und schloss ihn dann wieder. Das brachte Chris laut zum Kichern. „Schon gut, Lee. Für das Mädchen mit der großen Klappe bist du heute Nacht aber nicht besonders schlagfertig.", zog er sie auf. „Weißt du, warum Pino gedacht hat, dass Liam dich markiert hat?", fragte er weiter. Sie atmete ein und entschloss sich Chris zu vertrauen.
Sie schüttelte den Kopf und sah ihm in die Augen. „Das Markieren dient dazu, seinen Partner mit dem eigenen Geruch zu kennzeichnen. Wenn jemand also frisch markiert wurde, überdeckt der Geruch seines Partners fast seinen Eigenen." erklärte er ihr immer noch kichernd. Ihr schwante Böses und Chris Gedanken bestätigten ihre Vermutung. „Weißt du, Pino ist noch so jung und hat nur mit Menschenfrauen Erfahrungen gesammelt. Er kann nicht wissen, dass er auch noch einen anderen Weg gibt, dass das passiert." Sie wusste, dass Pino der einzige ihrer Jungs war, der wirklich so alt war, wie er aussah. Er war Anfang dreißig. „Du weißt wie?", fragte Chris. Sie räusperte sich und fand ihre Stimme wieder. „Ich war dabei!", sagte sie und konnte das Glucksen nicht unterdrücken. Chris kicherte wie ein Irrer. Okay, er war einfach irre. „Ich bin wirklich beeindruckt, dass du dich überhaupt noch auf den Beinen halten kannst. So wie du nach Liam riechst, hattest du heute schon ein verdammtes Vollbad in seiner Wichse." Sie stimmte in Chris Gekicher ein und erinnerte sich, warum sie ihn so mochte. Er redete genau so gerne Tacheles, wie sie selbst. Immer noch kichernd antwortet sie: „Technik ist alles!"
Das Klingeln ihres Handys beendete das Gegackere. Sie ging ran, ohne nachzusehen, wer dran war. „Ja.", meldete sie sich. „Pa ist überfallen worden!" Isa klang panisch. Sie versuchte, erschrocken zu klingen. „Oh Gott! Geht’s ihm gut?", fragte sie in das Telefon und verbannte das letzte Lächeln aus ihrem Gesicht. „Er hat wohl Einbrecher überrascht und einen Schlag auf dem Kopf bekommen. Er ist im Krankenhaus, Lee!" Isa keuchte und Lee fragte sich unweigerlich, wie wohl eine normale Reaktion auf diese Neuigkeiten aussehen würde. Also, wenn es für sie wirklich eine Neuigkeit wäre. „Ich komme sofort hin!", antwortete sie und legte auf. Chris gab zu dem fehlen von Überraschung in ihrer Reaktion keinen Kommentar ab, machte aber auch keine Anstalten auszusteigen. Er
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