Göttin des Lichts
speiende Fische emporsprangen. Seufzend blickte sie zu der dicken Statue in der Mitte. Ganz gleich, wie sie den Rest des Monstrums »in Ordnung brachte« – es war unmöglich, Bacchus akzeptabel zu machen, vor allem, wenn Eddie darauf beharrte, dass er auch noch animiert sein sollte. Ihre Finger, die bisher nur so über den Skizzenblock geflogen waren, wurden langsam. Sie zeichnete den Mittelsockel, ließ den Platz, auf dem Bacchus jetzt saß, jedoch frei. Bestimmt konnte sie Eddie zu etwas weniger … sie betrachtete die Statue mit gerunzelter Stirn … zu etwas weniger Fettem und Hässlichen überreden.
Dann sah sie auf die Uhr – halb vier. Noch viereinhalb Stunden bis zu ihrem Date. Die Vorbereitungen für das Projekt mussten am Montag fertig sein, wenn sie sich mit Eddie bei ihm zu Hause traf. Aber statt über ihre Arbeit nachzudenken, wanderten ihre Gedanken jetzt, wo sie ihre Konzentration nicht mehr für die Skizze des Brunnens brauchte, unweigerlich wieder zu vergnüglicheren Dingen. Die Vergoldung der verschnörkelten Säulen erinnerte sie an Phoebus’ leuchtend blonde Haare, das Blau des aufgemalten Himmels mit den Wattewölkchen erinnerte sie an seine Augen. Himmel, sogar die kitschige Statue von Apollo begann, ihm irgendwie zu ähneln.
Als wäre er eins dieser Insektenlämpchen und sie ein verliebter Moskito. Sie war besessen, das wusste sie, und zu ihrem Ärger musste sie feststellen, dass es ihr egal war. Sogar noch schlimmer: Es war dasselbe Gefühl, wie wenn sie ein besonders gutes Buch las –, als würde sie in der Welt eines anderen Menschen herumlaufen und es zu allem Überfluss auch noch genießen.
Ihr zufriedenes Lächeln wirkte sehr, sehr sinnlich. Vielleicht sollte sie es mal mit dem Glücksspiel versuchen, denn so, wie sie sich fühlte, war ihr das Glück heute mit Sicherheit hold.
Wie ein Echo ihrer Gedanken kam eine schlanke junge Frau zum Brunnen geeilt, in ein angeregtes Gespräch mit ihrer Freundin versunken.
»Ist es zu glauben, was für ein Glück wir haben? O mein Gott! Da sind wir einfach mitten in den Chanel-Ausverkauf reingestolpert!«
Ein Ausverkauf bei Chanel? Pamela spitzte die Ohren.
»Ich dachte, ich falle in Ohnmacht, als ich gesehen habe, wie viel das Kleid runtergesetzt war.«
Kichernd zogen die beiden Frauen mit ihren prall gefüllten Einkaufstüten an Pamelas Bank vorüber.
Das muss ein Wink des Schicksals sein
. Pamela warf einen letzten Blick auf den hässlichen Brunnen und hätte fast laut gelacht. Vielleicht war alles von den Göttern vorbestimmt. Sie würde sich für heute Abend ein tolles Chanel-Kleid kaufen, sie würde mit einem hinreißenden Mann zu einer erotischen Show gehen und womöglich danach sogar Sex mit ihm haben. In ihrem Bauch begannen, die Schmetterlinge zu tanzen.
Okay, immer schön langsam, korrigierte sie sich. Nichts überstürzen. Tief Luft holen.
Erst mal einen Gang zurückschalten: Danach würde sie womöglich noch eine Runde mit ihm Zärtlichkeiten austauschen.
Innige
Zärtlichkeiten. Sie klappte ihr Skizzenbuch zu und steckte es in ihre Ledertasche.
Rot. Sie würde sich ein rotes Kleid kaufen, das ein kleines bisschen zu viel Bein zeigte. Vielleicht ließ sie sich sogar eine Pediküre machen. Heute Abend waren rote Fußnägel Pflicht. Ja, sie würde zur Pediküre gehen. Leise vor sich hinsummend, machte sie sich auf den Weg ins Kleiderparadies.
Bacchus trommelte mit den Fingern auf den Restauranttisch. Es lief alles überhaupt nicht wie geplant.
»Bringen Sie mir noch einen Tequila!«, knurrte er eine vorbeieilende Kellnerin an. Als die Frau vor seinem göttlichen Unmut instinktiv den Kopf einzog und in ihrer Hast, seine Bestellung auszuführen, fast eine Reihe von Stühlen umwarf, tat ihm seine Grobheit sofort leid. Schlimm genug, dass die jungen Olympier ihn so nervten, aber es war absolut inakzeptabel, dass er seinen Ärger an den unschuldigen Menschen dieses Königreichs ausließ.
Es war immer noch
sein
Königreich.
Umgehend kam die Kellnerin mit dem Tequila an seinen Tisch zurück.
»Tut mir leid, Sir, dass ich Sie auf Ihren Drink habe warten lassen. Ich hätte besser auf Sie achten sollen.«
Mit einem freundlichen Lächeln legte Bacchus ihr die Hand auf den Arm und sandte eine Dosis Magie in ihren Körper. Augenblicklich war ihr verängstigter Gesichtsausdruck verschwunden, ihre Wangen röteten sich, und ihre Lippen öffneten sich verführerisch.
Plötzlich konnte sie gar nicht mehr verstehen, wie sie
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