Goettin in Gummistiefeln
Miene sagt eindeutig: was jetzt?
In diesem Moment klingelt das Telefon, und Trish hebt ab.
»Hallo?« Sie hört einen Moment zu. »Ja, selbstverständlich, Mavis. Und Trudy. Bis später!« Sie legt auf. »Noch zwei Gäste für den Charity Lunch!«
»Gut.« Ich werfe einen Blick auf die Uhr. »Dann mache ich mich jetzt besser an die Horsd‘oeuvres.«
Als ich meinen vorbereiteten Pastetenteig aus dem Kühlschrank nehme, klingelt erneut das Telefon, und Trish nimmt seufzend ab. »Wenn das noch mehr Last-Minute-Gäste sind ... Hallo?« Sie hört zu, und ihr Gesichtsausdruck verändert sich dabei. Dann hält sie die Sprechmuschel zu.
»Samantha«, zischt sie. »Das ist eine Werbefirma. Ob Sie bereit wären, einen Werbespot für einen Toilettenreiniger zu machen? Sie müssten eine Anwaltsperücke und eine Robe tragen und sie müssten sagen -«
»Nein!« Ich zucke entsetzt zurück. »Natürlich nicht!«
»Das Fernsehen sollte man nie abweisen«, sagt Eddie vorwurfsvoll. »Könnte die Chance Ihres Lebens sein.«
»Nein, könnte es nicht! Ich will nicht in irgendwelchen Werbespots auftreten!« Ich kann sehen, wie Eddie den Mund aufmacht, um zu protestieren. »Und ich will auch keine Interviews geben«, füge ich hastig hinzu. »Oder eine Art Leitfigur für was auch immer sein. Alles, was ich will, ist, dass man mich in Ruhe lässt und dass alles wieder zur Normalität zurückkehrt.«
Aber zur Lunchzeit kann von Normalität keine Rede sein. Tatsächlich ist alles noch viel unwirklicher geworden.
Ich hatte noch drei Anfragen nach Fernsehauftritten. Die Sun hat sich erkundigt, ob ich bereit wäre »geschmackvolle« Fotos in der Uniform eines französischen Zimmermädchens zu machen. Trish hat der Mail ein exklusives Interview gegeben. Anrufer einer Radiosendung, die sich Melissa unbedingt anhören wollte, haben mich als »antifeministische Kuh« bezeichnet, als »Martha-Stewart-Abklatsch« und als »Parasit für alle Steuerzahler, die meine Ausbildung finanziert haben«. Ich war so wütend, dass ich fast selbst angerufen hätte.
Stattdessen habe ich das Radio abgedreht und dreimal tief Luft geholt. Ich werde mich doch nicht provozieren lassen. Es gibt Wichtigeres, an das ich denken muss. Vierzehn Gäste sind bereits eingetroffen und schlendern im Garten umher. Die Waldpilztörtchen gehören noch gebacken, die Spargelsoße ist noch nicht fertig, und die Lachsfilets sind auch noch nicht im Rohr.
Ich wünschte verzweifelt, Nathaniel wäre jetzt hier, um mich ein wenig zu beruhigen. Aber ausgerechnet heute ist er nach Buckingham gefahren, um ein paar Koi-Karpfen für Trish abzuholen, die sie sich plötzlich in den Kopf gesetzt hat. Offenbar kosten diese Fische ein Vermögen, und alle Stars haben einen. Einfach lächerlich. Ich habe noch nie gesehen, dass auch nur einer von ihnen in den Teich geschaut hätte.
Es klingelt schon wieder, gerade als ich die Ofenklappe öffne. Ich seufze unweigerlich. Bitte nicht noch ein Gast! Wir hatten heute Vormittag schon vier Spätanmeldungen, was meinen Speiseplan vollkommen durcheinander gebracht hat. Gar nicht zu reden von der Reporterin vom Mirror, die im Blümchenkleid an der Haustür geklingelt hat und Eddie weismachen wollte, sie wäre neu in der Gegend.
Ich schiebe das Blech mit den Pilztörtchen in den Ofen, fege die Teigreste zusammen und wische das mehlige Nudelholz mit einem feuchten Lappen sauber.
»Samantha?« Trish klopft an die Tür. »Wir haben noch einen Gast!«
»Noch einen?« Ich fahre herum und wische mir etwas Mehl von der Backe. »Aber ich habe die Horsd‘oeuvres grade in den Ofen geschoben ...«
»Es ist nur ein Freund von Ihnen. Er sagt, er muss dringend mit Ihnen reden. Was Geschäftliches?« Trish hebt bedeutungsvoll die Brauen - und tritt beiseite. Ich bin starr vor Staunen.
Es ist Guy. Da steht er, in Trishs Küche. In seinem sündteuren Designeranzug und seinen gestärkten Manschetten.
Vollkommen sprachlos starre ich ihn an.
So wie er dreinschaut, scheint er ebenfalls sprachlos zu sein.
»Halleluja«, sagt er langsam und lässt seinen Blick über meine Uniform, das Nudelholz und die mehligen Hände gleiten. »Du bist also wirklich eine Haushälterin.«
»Ja.« Ich recke mein Kinn. »Wirklich.«
»Samantha ...«, sagt Trish von der Türe aus. »Nicht, dass ich Sie unterbrechen will, aber ... die Horsd‘oeuvres in zehn Minuten?«
»Sehr wohl, Mrs. Geiger.« Ich mache automatisch einen Knicks, und Trish verschwindet. Guy fallen fast die Augen
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