Goettin in Gummistiefeln
raus.
»Du ... du knickst?«
»Das mit dem Knicksen war vielleicht ein Fehler, zugegeben«, meine ich. Er sieht so entsetzt aus, dass ich ein Kichern unterdrücken muss. »Guy, was zum Teufel machst du hier?«
»Ich soll dich überreden zurückzukommen.«
Klar. Was denn sonst.
»Ich komme aber nicht zurück. Du entschuldigst mich.« Ich schnappe mir Schaufel und Besen und fege Mehl und Teigkrümel vom Boden auf. »Pass auf, wo du hintrittst!«
»Ach ja.« Guy tritt unbehaglich beiseite.
Ich schütte die Teigreste in den Abfalleimer, hole dann meine Spargelsoße aus dem Kühlschrank, gieße sie in einen Tiegel und setze sie auf kleine Flamme.
Guy beobachtet mich verwirrt. »Samantha«, sagt er, als ich mich umdrehe, »wir müssen miteinander reden«.
»Ich habe zu tun.« Der Küchenwecker klingelt schrill, und ich öffne den unteren Ofen und hole meine Knoblauch-Rosmarin-Brötchen heraus. Voller Stolz nehme ich zur Kenntnis, wie schön goldbraun und knusprig sie geworden sind und wie himmlisch sie duften. Ich kann nicht widerstehen und beiße ein Stückchen von einem ab, den Rest reiche ich Guy zum Probieren.
»Die hast du gemacht?«, fragt er fassungslos. »Ich wusste nicht, dass du kochen kannst.«
»Konnte ich auch nicht. Hab‘s gelernt.« Ich hole eine ungesalzene Butter aus dem Kühlschrank und gebe ein Stückchen davon in die Spargelsoße. Dann werfe ich Guy, der neben der Utensilienstange steht, einen Blick zu. »Könntest du mir bitte den Schneebesen geben?«
Guy blickt hilflos die Stange an. »Ah ... welches ist ...?«
»Ach, lass«, sage ich mit einem missbilligenden Zungenschnalzen. »Ich hol‘s mir selber.«
»Ich habe ein Angebot für dich«, sagt Guy, als ich den Schneebesen vom Haken nehme und anfange, die Butter in die Soße zu schlagen. »Ich finde, du solltest es dir ansehen.«
»Bin nicht interessiert.« Ich hebe nicht mal den Kopf.
»Du hast es ja noch nicht mal gesehen.« Er greift in seine Tasche und holt einen weißen Brief hervor. »Hier. Schau‘s dir mal an.«
»Kein Interesse!«, wiederhole ich gereizt. »Kapierst du nicht? Ich will nicht mehr zurück. Ich will keine Anwältin mehr sein.«
»Du willst lieber die Haushälterin spielen.« Sein Ton ist so verächtlich, dass es mir einen Stich versetzt.
»Ja!« Ich werfe den Schneebesen beiseite. »Ja, das will ich! Ich bin glücklich hier. Ich bin entspannt. Du hast ja keine Ahnung. Das ist ein ganz anderes Leben!«
»Na, so viel habe ich inzwischen kapiert«, sagt Guy mit einem spöttischen Blick auf den Kehrbesen. »Samantha, nimm Vernunft an.« Er holt sein Handy aus der Innentasche seines Jacketts. »Da ist jemand, mit dem du unbedingt reden solltest.« Er wählt eine Nummer und blickt dann auf. »Ich habe mit deiner Mutter Kontakt aufgenommen.«
» Wie bitte?« Ich starre ihn voller Entsetzen an. »Wie kannst du es wagen ~«
»Samantha, ich will doch nur das Beste für dich. Und sie auch. Hi, Jane«, spricht er ins Handy. »Ich bin jetzt hier bei ihr. Ich reiche dich an sie weiter.«
Nicht zu fassen. Einen Moment lang habe ich gute Lust, das Handy aus dem Fenster zu pfeffern. Aber nein. Ich werde schon damit fertig.
»Hi, Mum«, sage ich, nachdem Guy mir das Handy gereicht hat. »Lang ist‘s her.«
»Samantha.« Ihre Stimme klingt genauso eisig wie bei unserem letzten Gespräch. Aber irgendwie macht es mir jetzt nichts mehr aus, es macht mich nicht mehr so nervös wie früher. Sie hat mir nichts zu sagen. Sie hat keine Ahnung mehr von meinem Leben. »Was glaubst du eigentlich, was du da machst? Du verdingst dich als eine Art Haushaltshilfe?«
»Genau. Ich arbeite als Haushälterin. Und ich nehme an, du willst, dass ich wieder als Anwältin arbeite? Tja, ich bin hier glücklich, und ich bleibe.« Ich schmecke die Spargelsoße ab und füge noch ein bisschen Salz hinzu.
»Du hältst das vielleicht für komisch«, sagt sie barsch, »aber es geht um dein Leben, Samantha. Um deine Kariere. Ich glaube, du verstehst nicht -«
»Nein, du verstehst nicht! Keiner von euch!« Ich werfe Guy einen bösen Blick zu, drehe dann die Soße zurück und lehne mich an die Anrichte. »Mum, ich habe hier ein ganz anderes Leben kennen gelernt. Ich mache meine Arbeit und ... und das wär‘s. Dann ist Feierabend. Dann bin ich frei. Ich muss keine Arbeit mit nach Hause nehmen. Ich muss nicht Tag und Nacht den Taschencomputer angeschaltet haben. Ich kann ins Pub gehen, kann mir für‘s Wochenende was vornehmen, kann mich ein halbes
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