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Goettin in Gummistiefeln

Goettin in Gummistiefeln

Titel: Goettin in Gummistiefeln Kostenlos Bücher Online Lesen
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Versprochen?«, ruft sie mir noch zu, während das Taxi sich bereits in den Verkehr einfädelt.
    »Versprochen!«, brülle ich zurück. Ich warte, bis sie verschwunden ist, dann winke ich ein Taxi herbei.
    »Carter Spink, bitte«, sage ich, als es vor mir anhält.
    Ich hatte natürlich meine Finger verkreuzt. Klar, dass ich wieder in die Kanzlei zurückfahre.
    Es ist schon elf, als ich schließlich, vollkommen erschöpft und dem Hirntode nahe, nach Hause komme. Dabei habe ich erst die Hälfte von Kettermans Haufen geschafft. Scheiß Ketterman, denke ich, während ich die Tür zu meinem Apartmentblock aufstoße, einem gut erhaltenen Gebäude aus den Dreißigern. Scheiß Ketterman. Scheiß ... scheiß ...
    »Guten Abend, Samantha.«
    Ich erschrecke so, dass ich einen Satz mache, der einem Weitspringer zur Ehre gereicht hätte. Vor mir steht Ketterman. Nun, nicht direkt vor mir, aber vor dem Lift am anderen Ende der Eingangshalle, in der Hand eine überquellende Aktentasche. Starr vor Schreck glotze ich ihn an. Was macht der hier?
    »Habe schon gehört, dass Sie auch hier wohnen.« Seine Augen hinter der Nickelbrille blitzen. »Ich habe kürzlich Nummer 32 erworben, als Basislager sozusagen. Wir sind also künftig während der Woche Nachbarn.«
    O nein. Bitte Gott, lass das nicht wahr sein. Er wohnt hier?
    »Ah ... herzlich willkommen«, stammle ich, nicht gerade überzeugend. Die Lifttür öffnet sich, und wir treten zusammen in den Aufzug.
    Nummer 32. Das bedeutet, er wohnt nur zwei Stockwerke über mir. Ich komme mir vor, als wäre mein Schuldirektor in mein Haus eingezogen. Wie soll ich mich je wieder entspannen? Warum musste er ausgerechnet hier einziehen?
    In einer Stille, die von Sekunde zu Sekunde quälender wird, fahren wir nach oben. Soll ich Smalltalk machen? So von Nachbar zu Nachbar?
    »Ich bin schon fast fertig mit der Akte, die Sie mir heute früh gegeben haben«, stoße ich schließlich hervor.
    »Gut.« Knappes Nicken.
    So viel zum Thema Smalltalk. Vielleicht sollte ich direkt zum Wesentlichen kommen. Werde ich morgen Seniorpartnerin oder nicht?
    »Ah, also dann ... schönen Abend noch«, sage ich verlegen und trete aus dem Lift.
    »Guten Abend, Samantha.«
    Die Lifttür schließt sich, und ich stoße einen stummen Schrei aus. Ich kann nicht im selben Gebäude wie Ketterman wohnen. Ich werde umziehen müssen.
    Gerade, als ich den Schlüssel in meine Haustür stecke, geht die Tür gegenüber einen Spaltbreit auf.
    »Samantha? Sind Sie das?«
    O nein, auch das noch. Für heute Abend reicht‘s mir wirklich. Aber gegen Mrs. Farley, meine Nachbarin, ist so schnell kein Kraut gewachsen. Sie hat silbergraues Haar, drei Schoßhündchen und ein unstillbares Interesse an meinem Leben. Andererseits ist sie sehr nett und nimmt immer Pakete für mich an, also lasse ich sie mehr oder weniger schnüffeln, wie sie will.
    »Es ist wieder was für Sie gekommen, Liebes«, sagt sie. »Von der Reinigung diesmal. Warten Sie, ich hole Ihnen rasch die Sachen.«
    »Danke«, antworte ich und stoße meine Tür auf. Auf der Fußmatte liegt ein kleiner Haufen Werbeprospekte, die ich mit dem Fuß zu dem größeren Haufen in der Ecke der Garderobe schiebe. Ich habe mir fest vorgenommen, das Ganze zum Papiermüll zu bringen, sobald ich Zeit habe. Es steht ganz oben auf meiner Liste.
    »Sie kommen ja schon wieder so spät nach Hause«, piepst Mrs. Farley vorwurfsvoll, auf den Armen zwei in Plastik verschweißte Wäschelieferungen. »Ihr jungen Frauen von heute seid ja immer so beschäftigt!« Sie schnalzt missbilligend mit der Zunge. »Sie sind in dieser Woche kein einziges Mal vor elf nach Hause gekommen!«
    Das meine ich, wenn ich von unstillbarem Interesse rede. Wahrscheinlich führt sie irgendwo Buch darüber.
    »Nochmals vielen Dank«, sage ich und versuche ihr meine Blusen abzunehmen, doch zu meinem Schrecken drückt sie sich an mir vorbei und ist mit einem fröhlichen »ich trage es schon für Sie!« in meiner Wohnung, ehe ich »piep« sagen kann.
    »Ah ... Sie entschuldigen die, äh ... Unordnung«, stammle ich, während sie sich an einem Stapel Bilder vorbeizwängt, die an der Wand lehnen. »Die wollte ich schon längst aufhängen ... äh ... und die Umzugskisten auspacken ...«
    Ich dirigiere sie hastig in die Küche, weg von den Pizzaschachteln, die sich auf meinem Garderobentischchen in bedrohlicher Höhe türmen. Was ich sogleich bereue, denn auf der Anrichte türmt sich ein Haufen Essenspackungen und Dosen, dazu ein

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