Goettin meines Herzens
verdienen oder nicht.“
„Ausgezeichnet, dann lassen Sie uns bitte meiner Tante Gesellschaft leisten, um zu sehen, ob diese Vermutung den Tatsachen entspricht.“
Nur mit den Fingerspitzen berührte sie seinen Arm, während er sie durch die zugige Halle zum Großen Salon geleitete, den Lady Clarissa zu benutzen beharrte, gleich, wie viele Personen am Dinner teilnahmen. Doch selbst diese oberflächliche Berührung genügte, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen, ließ sie absurderweise erzittern und einen gefährlichen Augenblick lang stand sie kurz davor, die Fassung zu verlieren.
„Werden Reverend Townley und seine Gemahlin uns heute Abend Gesellschaft leisten?“, redete sie aufs Geratewohl los.
„Nur, wenn die beiden ihren neuen Wirkungsbereich verlassen haben.“
„Wie töricht von mir, anzunehmen, nach all dieser Zeit hier alles wie früher vorzufinden.“
„So lange ist es doch gewiss nicht her, Miranda?“, erwiderte er mit einem Blick, der ihr sagte, er glaube, sie fische nach Komplimenten.
„Wenn eine Dame so viele Jahre zählt wie ich, dann scheut sie eine genaue Rechnung, Mylord.“
„Unsinn, meine Liebe. Sie können kaum älter sein als siebenundzwanzig“, köderte er sie mit einem Hauch der Feindseligkeit, die er ihr bei ihrer Ankunft entgegengebracht hatte, als ob ihn ihre gespielte Haltung einer gelangweilten Ballschönheit äußerst verstimmte.
Solange er sich über sie ärgerte, blieb sie wenigstens vor den verstörend durchdringenden Blicken verschont, mit denen er sie aus dunklen Augen musterte.
„Möglicherweise bin ich sogar jünger“, sagte sie höflich lächelnd. Er würde vergeblich auf die Entrüstung warten, die er sich wohl erhoffte, nachdem er sie absichtlich fünf Jahre älter gemacht hatte.
„Das Alter spielt wohl kaum eine Rolle, auf die Erfahrung kommt es an“, erwiderte er zynisch.
„Also in diesem Fall irren Sie gewaltig, Mylord. Das Alter spielt immer eine Rolle, jede Frau, die Sie fragen, wird Ihnen dies bestätigen, gleich ob sie achtzehn oder achtzig Jahre alt ist.“
„Danke, ich nehme Sie beim Wort.“
„Liebe Güte, das wäre ja etwas ganz Neues“, erwiderte sie im Glauben, diese Runde gewonnen zu haben, bis sie sah, wie sich sein Mund höhnisch verzog. Offensichtlich empfand er dieses Geplänkel bloß als zu unbedeutend, um darauf einzugehen.
Inzwischen hatten sie den Salon erreicht. Würdevoll nickte der Butler dem Lakaien zu, der daraufhin so feierlich die Türen für sie öffnete, als ließe er Bittsteller zur Audienz beim König vor.
„Die Ehrenwerte Mrs. Braxton und Seine Lordschaft, der Earl of Carnwood“, meldete Coppice und Miranda fragte sich, wie lange der mächtige Mann an ihrer Seite es wohl hinnehmen würde, in seinem eigenen Heim wie ein Gast angekündigt zu werden.
Lady Clarissa musterte sie vom größten, bequemsten Sessel im Raum in einer Weise, die man in niederen Kreisen eindeutig als schlechte Manieren erachtet hätte. Dabei legte sie die Stirn in solch tiefe Falten, dass sich ihre Brauen zuckend zusammenzogen. Wahrscheinlich verärgerte sie der Anblick ihrer nichtsnutzigen Nichte, die fein gekleidet an der Seite des Erben von Wychwood stand, als ob sie dorthin gehöre. Miranda erwiderte den basiliskengleichen Blick mit einem höflichen Lächeln.
Celia blieb wie festgewachsen auf dem Sofa sitzen, schenkte Lord Carnwood lediglich ein mattes Lächeln zum Gruß, während sie Miranda geflissentlich übersah. Offensichtlich war sie davon überzeugt, ihre Warnung nicht wiederholen zu müssen, obwohl Miranda am Arm Seiner Lordschaft ins Zimmer trat.
„Nichte“, grüßte Lady Clarissa mit ausdrucksloser Stimme. „Es ist dir erlaubt, mich zu küssen, nun da du dich vom Reiseschmutz gesäubert hast.“
„Nun, danke sehr, Tante Clarissa.“ Miranda hauchte einen flüchtigen Kuss auf die kalte Wange, die ihr dargeboten wurde, als erweise man ihr eine königliche Gunst. „Wie ich bereits sagte, siehst du sehr wohl aus.“
„Dieses Kompliment kann ich dir leider nicht zurückgeben. Vermutlich hinterlässt aber ein Lebenswandel, wie du ihn zu führen beliebst, immer seine Spuren im Gesicht.“
„Welch schnelllebiges Dasein du mir doch zuschreibst, Tante Clarissa“, erwiderte Miranda leichthin.
„Du weißt ganz genau, was ich meine“, blaffte Lady Clarissa. „Ich werde dein respektloses Benehmen jetzt ebenso wenig dulden, Mädchen, wie ich das vor sechs Jahren getan habe. Noch eine weitere Unverschämtheit von dir und
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