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Goettinnensturz

Goettinnensturz

Titel: Goettinnensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Buerkl Anni
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zitterte, es war kalt im Schlafzimmer, Wind rüttelte an den Fensterscheiben, sie drückte auf die Annahmetaste. »Ja bitte?«
    »Ein Toter paddelt in der Traun. Bei der Mercedes-Brücke in Bad Aussee.« Die Stimme hörte sich emotionslos an. Irgendwie verstellt. Wie durch Computer verzerrt. Solche Programme gab es, das Internet hielt für jeden irgendwas parat, das wusste sie.
    »Wer spricht da?«
    Tuten. Aufgelegt. Ein Scherz, hoffentlich nur ein Scherz. Vielleicht sollte sie nun Jonas anrufen. Sämtliche Kraft verließ sie. Sie sank gegen das Kopfteil des Bettes, Miss Marple, nunmehr die Sanftheit in Person, legte ihr Köpfchen in Berenikes Schoß. Müde besah sie ihre Hand. Kleine Striemen, halb so wild.
    Berenike überlegte hin und her, was sie am besten tun sollte. Sie dachte an das letzte Beisammensein mit Jonas. Sie müsste ihm endlich gestehen, dass sie Monika angegriffen hatte. Damals bei der Demo. Am Tag, bevor ihre Leiche aufgetaucht war. Je mehr Zeit verging, umso peinlicher wurde es. Umso verdächtiger machte sie sich. Sie vermisste ihn. Vermisste, wie er sie in einer solchen Situation tröstete. Und vielleicht war bereits Gras über ihre Überreaktion gewachsen – wenn bis jetzt nichts davon an seine Ohren gedrungen war. Darauf musste sie hoffen.
    Und irgendetwas musste sie unternehmen. Womöglich war der Anruf kein blöder Scherz. Berenikes Gedanken drehten sich im Kreis. Den Polizeinotruf alarmieren! Genau. Das würde jeder tun. Und niemand würde ihr komische Fragen stellen. Weil sie dort niemand kannte.
    »Wir kümmern uns drum«, sagte ein ihr unbekannter Beamter nach ihrer Schilderung und ließ sich ihren Namen buchstabieren.
    Nach dem Auflegen lehnte sich Berenike zurück. Sie fand keine Ruhe mehr, ihre Gedanken kreisten um die Frage, wie viel Wahrheit hinter dem Hinweis auf eine Leiche steckte. Nach einigem Hin- und Hergewälze, das sogar Miss Marple vertrieb, sprang sie auf und zog sich an. Sie würde an den – angeblichen – Ort des Geschehens fahren. So erfuhr sie wenigstens, ob die anonyme Ankündigung am Telefon stimmte. Konnte mit eigenen Augen sehen, ob … und wer … und wie … warum … Nein, der Grund für einen Mord war nichts, was man sehen konnte. Man musste raten, sich einfühlen, erkennen. Jonas war gut darin, seine Kollegin Mara erst recht. Sie erkannten die Botschaft, das Motiv. Oft ging es dem Täter darum, gehört, verstanden zu werden – endlich verstanden zu werden. Weil ihm niemand zuhörte.
    Die Katzen maunzten, als Berenike das Haus verließ, als ob sie sie davon abhalten wollten, den Tod aus der Nähe zu sehen. Dabei schreckten die drei Gauner selbst vor Totschlag nicht zurück, zumindest in Sachen Mäuse und Vögel.
    An der Tür empfing sie Nässe. Der Regen trommelte auf die Erde, rann in Bächen die Straße entlang. Zumindest ging kein Wind. Im Dunkel fuhr sie los, vorsichtig, die Brille auf der Nase. Es war dunkel, wie es nur sein konnte.
    Die Fahrt war ein Katzensprung. Berenike parkte beim Kurhaus. Einen Moment saß sie still, lauschte dem Prasseln der Regentropfen auf dem Autodach.
    Zögernd stieg sie aus und betrat den Kurpark. Ihre Haare hingen ihr binnen Minuten triefend in die Augen, Wasser rann ihr Gesicht hinab. Das Licht der Laternen verschwamm in der feuchten Nacht. Kein Geräusch außer dem des intensiven Regens. Kein Mensch weit und breit zu sehen. Der Regen hatte bereits Lachen auf dem Boden gebildet, denen Berenike vorsichtig auswich. Fröstelnd passierte sie das Erzherzog-Johann-Denkmal. Erst vor wenigen Stunden war sie genau hier durchgegangen! Sie schauderte. Womöglich war zu dem Zeitpunkt schon etwas passiert! Nein, das hätte sie bemerkt. Sich jetzt nicht irre machen lassen!
    Sie näherte sich der Traun, das Rauschen des Flusses vermischte sich mit dem des Regens. Lichter wurden erkennbar. Scheinwerfer, die die Ermittler aufgestellt hatten. Deren grelles Licht ließ das Geschehen wie eine Filmszenerie wirken. Fehlten noch Kameramann, Schauspieler, ein zappelnder Regisseur und jede Menge Kabel. Und neugierige Passanten. Die trafen allerdings langsam ein, einige mit Schirm bewaffnet, andere mit Wetterfleck oder Trachtenjanker.
    Berenikes Schritte knirschten auf dem feuchten Kies. Etwas in ihr sperrte sich dagegen, näher zu gehen, ein anderer Teil wollte unbedingt wissen, was los war. Dem Tod ins Angesicht sehen. Irgendwo quakten leise Enten.
    Überall gluckste und gluckerte es. Von allen Seiten Wasser. Der Regen trommelte auf die

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