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Goettinnensturz

Goettinnensturz

Titel: Goettinnensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Buerkl Anni
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wirst du nicht tun, nie mehr. Tot, tot, tot sollen sie sein, die dich verletzt und abgelehnt haben. Tot. Und endlich so was wie Befriedigung. Für einen Moment. Als der Nächste da vor dir liegt, mit seinem lächerlichen Hütchen, erst winselt, dann nicht mehr. Tot. Und jetzt weißt du schon, wie es geht. Hast Routine. Im Töten, im Zusehen beim Sterben, im Entsorgen sowieso. Und da gibt es noch viele. Ewiggestrige.
    Du wirst es wieder tun. Immer und immer wieder.
    So lange, bis Ruhe ist.

19
    Der steile Weg bergauf lag furchtbar einsam und düster vor Berenike. Mit sämtlichen Sinnen arbeitete sie sich bergauf. Von der Karfreitagsprozession keine Spur mehr. Sie passierte die erste steinerne Kreuzwegstation, die zweite. Niemand zu sehen. Franziska und Paul mussten einen großen Vorsprung haben. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen sein mochte.
    Sie blieb stehen, lauschte. Nichts. Nichts außer dem Wind, der in die Blätter der Bäume fuhr, sie zum Rauschen brachte. Eine Maus bei den Wurzeln einer Eiche. Von ferne ein einzelner Glockenschlag. Das letzte Läuten der Kirchenglocken am Karfreitag – nach drei würden sie stumm sein bis zur Osternacht.
    Da, ein Rascheln. Lauter jetzt. Es kam von weiter links. Hörte sich nach Schritten im feuchten Laub des Vorjahres an. Berenike duckte sich hinter die Kreuzwegstation, spähte vorsichtig in den Wald. Da, hinter einer mächtigen Fichte, kniete jemand im Gras. Paul. Hoch aufgerichtet stand Franziska hinter ihm.
    Berenike hielt den Atem an und sah sich vorsichtig um – noch immer keine anderen Menschen zu sehen. Kein herannahendes Motorengeräusch, kein Hubschrauberlärm. Nur sie allein konnte etwas tun … Sie duckte sich tiefer in den Schatten des Bildstocks. Franziska bewegte den Kopf, redete auf Paul ein. Berenike musste näher an die beiden heran. Sie schätzte die Entfernung ab. Vielleicht 50 Meter, 70 bestenfalls.
    Geduckt machte sie einen langsamen, vorsichtigen Schritt, den Blick nicht von Franziska lösend.
    Da, etwas blitzte in Franziskas Hand auf. Das Messer. »Paul, du Narr!«, rief sie. Paul schrie auf. Etwas fiel zu Boden. Ein kleines, buntes Rechteck. Eine Tarotkarte.
    Berenike rannte los, ohne nachzudenken. Muskeln spannten sich an, Bewegungen liefen automatisch ab. Das Bild ihres Karate-Lehrers flog durch ihren Kopf, verschwand wieder. Er hatte sie gelehrt, auf ihre Kraft zu vertrauen, auf ihre Wahrnehmung zu achten. Hatte sie darin geschult, ihre Möglichkeiten einzusetzen. Ganz bei sich zu bleiben, wach zu sein. Hatte ihr prophezeit, dass sie im Ernstfall tun würde, was nötig war. Dass ihr Körper das konnte, dass sie gut war. Ein kleiner Teil bewunderte, dass es stimmte, dass ihr Körper tatsächlich funktionierte.
    Sie hastete über den weichen Waldboden, der das Geräusch ihrer Schritte schluckte. Trotzdem fuhr Franziska herum. »Du schon wieder! Du störst! Hat dir das noch keiner gesagt? Was willst du hier? Das ist eine Sache unter uns! Du gehörst nicht hierher!«
    Berenike sprang, sprang einfach los, auf die Frau, auf Franziska, warf sie tatsächlich um, der kleine Körper stürzte zu Boden. Franziska fiel auf den Rücken. Paul versuchte, aufzustehen, taumelte. Auf Franziska, sie fixieren, schnell! Die roten Haare hoben sich von den braunen Tannennadeln ab. Ein höhnisches Grinsen im teigigen Gesicht. Das Messer. Franziskas Faust umklammerte es immer noch. Sie fuchtelte vor Berenikes Nase damit herum, vor ihren Wangen. Obwohl sie auswich, erwischte Franziska sie am Kinn. Sie schlug zu, mitten in Franziskas Gesicht hinein, mit der Handkante gegen die Schläfe. Franziska zuckte zusammen, riss überrascht die Augen auf, für einen Moment in der Bewegung erstarrt. Berenike nutzte den Moment, bog ihr den Arm mit dem Messer zur Seite. Drückte, bis Franziskas Finger das Messer endlich ausließen.
    Franziska spuckte. Paul taumelte bergab, Richtung Kapelle. Blaulicht. Polizeisirenen. Heranrasende Streifenwagen, Schotter spritzte, sie bremsten sich hastig vor dem Häuschen von Franziskas Oma ein. Türen wurden aufgebrochen, Fenster gingen zu Bruch.
    Jetzt nicht nachlassen! Nicht dass sie unaufmerksam wurde und Franziska noch einmal nach dem Messer greifen konnte, sich womöglich gar befreien konnte. Das Messer lag nahe, jedoch außerhalb der Reichweite von Franziska – solange sie sie festhalten konnte. Sie bräuchte eine Fessel … Berenikes Blick wanderte über den Boden, fiel auf das bunte Kärtchen am Boden. Der Narr aus dem Crowley

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