Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt
Name stand.
»Ich habe nichts bestellt«, sagte Helen zu dem Jungen.
»Die Bestellung wurde von einer Mrs Noel Delos aufgegeben und soll an Miss Helen Hamilton geliefert werden. Es ist alles bezahlt«, erwiderte er und konnte es nicht erwarten, wieder wegzukommen.
Jerry gab dem Jungen ein Trinkgeld und schleppte die Tüten in die Küche, während Helen das Schreiben las.
Miss Hamilton,
bitte entschuldigen Sie das unmögliche Benehmen meines Sohnes heute im Supermarkt. Ich möchte Sie bitten, diese wenigen Dinge zu akzeptieren, die ich Ihnen hiermit liefern lasse, auch wenn Sie die Entschuldigung nicht akzeptieren können. Ich verstehe gut, was es bedeutet, ohne Einkäufe Essen auf den Tisch stellen zu müssen, auch wenn Lucas das anscheinend nicht nachvollziehen kann.
Noel Delos
Helen starrte das Blatt Papier länger an, als es dauerte, die paar Zeilen zu lesen. Sie war gerührt und hatte den Eindruck, dass Noel Delos irgendwie anders war, auch wenn sie noch keine Ahnung hatte, wie.
»Was meint sie mit ›unmögliches Benehmen‹, Lennie?«, fragte Jerry, der über ihre Schulter mitlas. »Was hat dieser Lucas dir jetzt wieder angetan?«
»Nichts, Dad, ist schon okay. Sie übertreibt«, sagte Helen in dem Bemühen, die ganze Angelegenheit herunterzuspielen.
»Dann können wir die Sachen nicht annehmen. Das sind Lebensmittel im Wert von mehr als hundert Dollar«, argumentierte er.
»Das darf nicht wahr sein!«, stöhnte Helen. Sie holte tief Luftund startete eine Erklärung. »Gut, du hast gewonnen. Lucas und ich hatten im Supermarkt wieder einen Streit, aber diesmal nur einen kleinen. Zumindest vergleichsweise klein. Jedenfalls hat er damit angefangen und ich konnte deswegen nichts einkaufen und wahrscheinlich hat eines der anderen Delos-Kinder das seiner Mutter erzählt und sie hat es in den falschen Hals gekriegt und diese ganzen Sachen geschickt, weil sie offenbar eine sehr nette Frau ist, aber ich will nicht, dass du etwas zu ihr sagst, und können wir das Thema jetzt bitte als erledigt betrachten?«
»Was ist eigentlich los zwischen dir und diesem Lucas? Geht ihr etwa miteinander?«, fragte er vollkommen entsetzt. Helen prustete los.
»Nein, wir gehen nicht miteinander. Wir versuchen nur, uns nicht gegenseitig umzubringen«, erwiderte sie und verließ sich darauf, dass die Wahrheit so unglaubwürdig klang, dass er es für einen Witz halten würde. Und genau so war es auch.
Helens Vater verzog verlegen das Gesicht. »Du hattest noch nie einen Freund. Ist es jetzt Zeit für ein Gespräch darüber, was Männer und Frauen tun, wenn sie verliebt sind?«
»Definitiv nicht«, wehrte Helen energisch ab.
»Gut«, sagte er erleichtert. Einen Moment lang herrschte zwischen ihnen ein unbehagliches Schweigen. »Dann können wir die Sachen hier also essen?«
»Na klar«, sagte sie und drehte sich zu den vielen Tüten um, während Jerry die Flucht ins Wohnzimmer antrat, um sich vom Sportkanal berieseln zu lassen.
Als Helen die italienischen Köstlichkeiten, die Mrs Delos ihr geschickt hatte, auf zwei Teller verteilte, dachte sie darüber nach,dass ihr Vater keine Ahnung von den Kräften hatte, die zurzeit ihr Leben in Stücke rissen. Bei allem, was gerade passierte, blieben ihr vielleicht nicht mehr viele Abende, an denen sie gemeinsam essen und Baseball sehen würden, aber komischerweise beunruhigte sie dieser Gedanke nicht mehr so sehr, wie er es noch vor einer Woche getan hätte. Wenn die Familie Delos ihrer habhaft werden wollte, sollte sie es doch versuchen. Sie hatte es satt, dauernd diese Wut zu verspüren. Kämpfen und töten oder kämpfen und sterben – eigentlich war es ihr egal, wie es ausging. Solange sie ihren Vater aus diesem griechischen Tragödienunsinn heraushalten konnte, würde sie mit allem fertigwerden, was sie erwartete.
5
D ie nächste Schulwoche grenzte an Folter. Am Montag versuchte Helen, sich von den Delos-Kindern fernzuhalten, aber jede Bemühung, ihnen aus dem Weg zu gehen, schien sie direkt in ihre Arme zu treiben. Sie kam extra früh zur Schule, um ihnen nicht zu begegnen, und prompt fuhr hinter ihr der protzige Geländewagen vor, den sie schon beim Supermarkt gesehen hatte. Sie beeilte sich, ihr Rad anzuschließen und ihre Schulsachen zusammenzuraffen, was nur dazu führte, dass sie genau mit Jason und Hector zusammentraf. Sie verlangsamte ihre Schritte, um die beiden vorgehen zu lassen, und landete direkt neben Lucas, der seiner kleinen Schwester dabei half, ihr Cello aus
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