Goettlicher Thor 1
geben würde. Himmel, was passiert hier nur mit mir?
Irgendwo in meinem Hinterkopf meinte ich ein Lachen zu hören, doch nachdem ich früher manchmal Stimmen gehört hatte, negierte ich dieses Gelächter einfach. Schließlich hatte ich mir vorgenommen, nie wieder komische Dinge in meinen Kopf zu lassen oder zurück in meine Depression zu schlitten. Die Konfrontation mit einem fremden Mann konnte doch bitte nicht mal annähernd so schlimm sein wie mein bisheriges Leben! Wut packte mich und verlieh mir Mut. Spontan drehte ich mich um 180 Grad und verblüffte selbst Francesko mit meiner Schnelligkeit. Der gab ein komisches Geräusch von sich und verlor beinahe das Gleichgewicht. Vermutlich auch, weil ich mich bis zu diesem Zeitpunkt ziemlich an ihm festgekrallt hatte. Ja, ich war mutig und stellte mich der Herausforderung, obwohl ich mit dem Schlimmsten rechnete.
Doch es war noch Schlimmer.
Viel Schlimmer.
Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ein Donner grollte i rgendwo tief in meinem Hinterkopf, vibrierte durch meinen ganzen Körper und erinnerte mich an meinen Traum und an den mächtigen Donnerknall, den er verursacht hatte. Nein, er erinnerte mich nicht einfach nur ... er WAR mein Traum.
THOR, dachte ich und mein Mund wurde trocken, meine Handflächen schwitzig. Blitzblaue Augen. Das ist verrückt, versuchte ich mich zu beruhigen, aber das klappte irgendwie nicht so richtig. Riesengroß. Fehlte gerade noch, dass ich zu brabbeln anfing.
„Hallo“, sagte der Riese einfach völlig normal, während ich versuchte nicht zu hyperventilieren oder ständig an den pfeifenden Kochtopf zu denken. Bei Gott, der Mann war wirklich ein Traum. Stark, standhaft, machtvoll, schön. Lauter Beschreibungen, die mir spontan einfielen, weil dieser Mann offenbar all meine unausgesprochenen Wünsche auf einmal ansprach.
„Haaaai“, antwortete ich langgezogen wie eine Debile, weil ich tatsächlich an einen Fisch mit Zähnen dachte und nicht etwa an das englische Begrüßungswort. Ich war aber auch irgendwie durch den Wind. Der Fremde grinste freundlich und mein Magen zog sich nicht nur zusammen, er purzelte förmlich von meinem Oberbauch in den Unterbauch und wieder zurück. Irgendetwas stimmte hier nicht. Mit ihm. Mit mir. Mit der Temperatur.
Francesko lachte schäbig im Hintergrund, aber das versuchte ich zu ignorieren. Ich war sowieso viel zu sehr damit beschäftigt hier nicht zu verdampfen. Der schöne Mann aber reichte mir inzwischen seine Hand.
Fürs Leben? ... fiepte es dämlich in meinem Kopf und ich stampfte verzweifelt auf, um mein Hirn ein wenig durchzurütteln. Scheinbar hatte ich kaum noch Kontrolle über mein Innenleben. Also versuchte ich mich mit aller Kraft zu konzentrieren und reichte dem Mann schließlich hölzern meine Hand. Und hölzern war noch die Untertreibung des Jahres! Die Bewegung war fahrig und tollpatschig. Oder war es der pure Magnetismus? Vielleicht lag es ja an irgendwelchen unbekannten Energiestrahlen, die mich hier blöd herumhampeln ließen.
Seine Finger schlossen sich um meine und drückten sanft zu. Im Bruchteil einer Sekunde nahm ich wahr, wie groß seine schwielige Hand war, wie warm, weich und wie kräftig. Ich drückte ebenfalls zu, obwohl ich wusste, dass er meine Hand mit Leichtigkeit zerquetschen könnte. Doch er hielt sich zurück, war offenbar ein sanfter Riese. Dachte ich ... bis zu dem Moment, wo ich ihm endlich bewusst in die Augen sah.
Blitzendes Blau.
Kalt wie Polareis und doch mit einer unterschwelligen Glut.
Der Mann konnte töten, dessen war ich mir sicher. Aber auch hervorragend lieben, trällerte es beinahe zeitgleich und unpassend durch meinen Kopf. Was mich schlicht wahnsinnig machte. Für einen kurzen Moment musste ich sogar die Augen schließen, um meinen kleinen Wahnsinn zu dämpfen. Doch so konnte ich natürlich nicht ewig verharren und so atmete ich tief durch, öffnete sie wieder und stellte mich seiner Präsenz.
„Ich heiße Thomas und du?“ Seine Stimme war die pure Sünde, brummig wie ein Bär, tief und sinnlich wie die Melodie von einem Bassinstrument.
„Siena“, krächzte ich und ich krächzte wirklich, weil mein Mund ja immer noch so trocken war und ... verdammt ... dafür waren ja meine Handflächen schwitzig geworden. In Gedanken verfluchte ich mich für all die unpassenden Reaktionen. Vermutlich war der Handschlag gerade alles andere als angenehm für ihn.
Warum ließ er dann nicht endlich los?
„Sehr erfreut“, hauchte er und schien noch
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