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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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halbe Minute lang wie abwesend vor sich hin. Ich spürte, dass er dieser Neuigkeit großen Wert beimaß, auch wenn er wie üblich bemüht war, sich nichts anmerken zu lassen. Verstohlen beobachtete ich ihn und versuchte, mir darüber klar zu werden, warum es für ihn überhaupt einen Unterschied machte, ob die Azteken seit hundert oder fünfhundert Jahren die Völker dieser Gegend beherrschten. Er schien wirklich beeindruckt, so als wäre ihm gerade eben eine mächtige Waffe in die Hände gefallen.
    Unser Herr hob schließlich wieder seinen Blick und schaute Malinali an. »Ja, so ist das wahr«, sagte sie in holprigem Spanisch. »Noch vor weniger als vier Kalenderumläufen«, fügte sie auf Chontal hinzu, »also vor nicht einmal zweihundert Jahren, war Tenochtitlan nur eine unwegsame Insel im Texcoco-See, und unsere Vorfahren irrten heimatlos im Norden umher, noch jenseits des Landes der Hundemenschen.«
    Aguilar übersetzte, doch Cortés gab sich den Anschein, als ob ihn das alles nicht im Geringsten interessierte. Er wandte sich zu Francisco de Montejo um und sagte in gereiztem Tonfall: »Das bringt uns nicht weiter, oder? Aber diese Indianer hier haben noch viel mehr Gold, das rieche ich – und ich will wissen, wo!«
    Ohne eine Antwort von Montejo abzuwarten, wandte er sich erneut zu Sturmbezwinger um. »Ich danke dir für dein Angebot«, sagte er. »Weiß euer König davon?«
    Der Totonake nickte. »Unser König heißt Pazinque, Herr, und obwohl er in seinem Palast in Cempoallan praktisch unter Arrest steht, ist er über alles unterrichtet, was hier an der Küste vorgeht. Pazinque persönlich hat uns angewiesen, Euch dieses Angebot zu machen. Er würde sich überaus glücklich schätzen, wenn er selbst mit Euch zusammentreffen könnte. Aber außer durch dieTatsache, dass ihn Teudile überwachen lässt, wird er noch durch einen weiteren Umstand daran gehindert, in eigener Person hierherzureisen.«
    Francisco de Morla stieß ein ungeduldiges Schnauben hervor. »Und was ist das bitte sehr für ein Umstand?«, fragte er, nachdem erst Malinali und dann Aguilar übersetzt hatten. »Wie lange sollen wir uns dieses Indianergeschwätz noch anhören?«
    Sturmbezwinger schaute erst ihn, dann Aguilar an – offenbar wartete er darauf, dass Morlas Worte für ihn übersetzt würden. Aber nach einem raschen Blick zu Cortés zuckte der Tätowierte nur mit den Schultern.
    »Pazinque ist sehr beleibt«, erklärte Sturmbezwinger mit stolzem Lächeln, nachdem er noch einen Augenblick gewartet hatte. »Er besitzt eine überaus prächtige Sänfte, die von acht Sklaven getragen wird. Trotzdem ist es für ihn sehr anstrengend, eine so weite Strecke zurückzulegen – vor allem jetzt in der Regenzeit.«
    Portocarrero und Sandoval brachen in Gelächter aus. Auch Alvarado grinste. »So drückend kann die Tributlast also auch wieder nicht sein«, sagte Sandoval. »Ihr König schlägt sich von früh bis spät den Wanst voll – und diese Häuptlinge hier sehen auch nicht gerade abgehärmt aus!«
    Wieder schaute Sturmbezwinger erwartungsvoll zu Aguilar und wiederum zuckte der mit den Schultern.
    »Genug jetzt mit diesen Kindereien!«, stieß Morla hervor. »Wir haben unseren Auftrag erfüllt und sollten umgehend nach Kuba zurückkehren!« Er sprang von seinem Stuhl auf und funkelte Cortés angriffslustig an. »Oder solltet Ihr vergessen haben, Commandante, dass die Instruktionen von Gouverneur Velazquez Euch sogar verbieten, hier an Land auch nur zu übernachten – geschweige denn, eine Stadt zu erbauen oder gar einen Krieg anzuzetteln?«
    Cortés wandte sich nicht einmal um zu ihm. »Setz dich wieder hin, Francisco«, sagte er in gleichgültigem Tonfall. »Wage esnoch einmal, so mit mir zu sprechen, und ich lasse dich in Eisen legen.«
    Der sonst so rotwangige Morla wurde blass wie ein Leintuch. Er sackte auf seinen Stuhl.
    »Selbstverständlich fahren wir zurück, sobald das hier abgeschlossen ist«, fuhr Cortés fort. Er schaute wie suchend umher und sein Blick blieb an mir und Carapitzli haften. »Aber noch ist es nicht so weit«, fügte er hinzu und stand nun seinerseits auf.
    Sturmbezwinger, der ihm gegenüber auf einem Stuhl gesessen hatte, beeilte sich, es unserem Herrn gleichzutun. »Welche Nachricht dürfen wir König Pazinque überbringen, Statthalter der bärtigen Mächte?«, fragte er in ehrerbietigem Tonfall. »Nehmt Ihr unser Angebot an?«
    Cortés legte dem Totonaken wie segnend eine Hand auf das gefiederte Haupt. »Richte

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