Goldgrube
Unterlagen durchstöbert.«
»In meinem Leben gibt es nichts, was so interessant wäre«, sagte ich. »Soll ich Ihnen helfen?«
»Eigentlich nicht, aber ich könnte moralische Unterstützung gebrauchen«, sagte sie. »Seit vier Stunden bin ich jetzt hier drinnen. Ich muß mir jedes einzelne Blatt Papier ansehen und feststellen, ob es wert ist, aufbewahrt zu werden, auch wenn die meisten das nicht sind, soweit ich es beurteilen kann. Ich meine, was weiß ich schon? Alles, bei dem ich mir nicht sicher bin, lege ich auf einen Stapel. Was wirklich Abfall ist, stopfe ich gleich in einen Müllsack. Ich wage es nicht, irgend etwas zu zerreißen, und ich habe Angst, zuviel wegzuwerfen. Ich kenne Bennet. Sobald ich etwas wegschmeiße, kommt er hier hereingestürmt und will wissen, wo es ist. Zweimal hat er das jetzt schon mit mir gemacht, und es war nichts als Glück, daß der Müll noch nicht abgeholt worden war. Ich stand da draußen in der Finsternis wie eine Pennerin und habe zerknüllte Zettel aus der Mülltonne gezerrt. Auf diesem dritten Stapel liegt alles, was wichtig aussieht. Hier ist zum Beispiel etwas, das Ihnen gefallen könnte.« Sie nahm einen Aktendeckel von dem Stapel auf dem Schreibtisch und reichte ihn mir. »Das muß Bader damals in den frühen sechziger Jahren zusammengestellt haben.«
Ein rascher Blick ins Innere enthüllte eine Sammlung von Zeitungsausschnitten, die im Zusammenhang mit Guys früheren Missetaten standen. Ich las den erstbesten davon durch, einen Artikel von 1956, in dem die Festnahme zweier Jugendlicher geschildert wurde, Jungen im Alter von vierzehn und dreizehn, die man für die Urheber einer Serie von wilden Graffiti-Sprühereien hielt. Einer der beiden wurde in die Besserungsanstalt geschickt, der andere durfte zu seinen Eltern nach Hause. Es mußten ungefähr fünfundzwanzig solcher Zeitungsausschnitte sein. In manchen wurden die Namen der Täter verschwiegen, weil der oder die verhafteten Jungen noch minderjährig waren. In anderen Artikeln wurde Guy Malek namentlich genannt.
»Ich frage mich, warum Bader Zeitungsausschnitte aufgehoben hat. Das kommt mir seltsam vor«, sagte ich.
»Vielleicht um sich ins Gedächtnis zu rufen, warum er den Jungen enterbt hat. Ich nehme an, Bennet wird sie als Munition benutzen wollen, wenn es zur Sache geht. Es ist zermürbend, all diese Entscheidungen treffen zu müssen.«
»Ziemlich viel Arbeit«, sagte ich und verlagerte das Thema ein wenig. »Wissen Sie, was mir eingefallen ist? Da die beiden Testamente nur im Abstand von drei Jahren aufgesetzt worden sind, könnte es doch sein, daß die beiden Zeugen für das erste auch Zeugen für das zweite Testament waren. Vor allem, wenn es Rechtspfleger oder Angestellte des Anwalts waren.«
Sie sah mich interessiert an. »Guter Gedanke. Das müssen Sie Donovan erzählen. Keiner von uns ist scharf darauf, fünf Millionen Dollar zum Fenster hinausfliegen zu sehen.«
Es klopfte an der Tür, und wir drehten uns beide um. Es war Myrna. »Donovan ist gekommen. Er hat mich gebeten, die Hors d’œuvres im Wohnzimmer zu servieren.«
»Sagen Sie ihm, daß wir gleich herunterkommen, sobald ich mir die Hände gewaschen habe. Oh, und versuchen Sie doch, auch die anderen beiden zu finden.«
Myrna nahm die Bitte zur Kenntnis, murmelte etwas Unhörbares und ging aus dem Zimmer.
Christie schüttelte den Kopf und senkte die Stimme. »Sie mag ja ein bißchen griesgrämig sein, aber sie ist die einzige im ganzen Haus, die nicht jedem widerspricht.«
8
Es brannte Licht, und Donovan war im Wohnzimmer, als Christie und ich nach unten kamen. Er hatte seine Arbeitskleidung abgelegt und trug nun einen schweren, cremefarbenen Strickpullover und eine Freizeithose. Seine Halbschuhe hatte er gegen ein Paar Hausschuhe aus Schaffell eingetauscht, die seine Füße riesig aussehen ließen. Jemand hatte Feuer gemacht, und er stocherte in den Holzscheiten herum, wobei er einen wuchtigen Eichenholzkeil umdrehte, damit dessen Oberseite Feuer fing. Donovan nahm ein weiteres Stück Holz in die Hand und warf es obendrauf. Ein Funkenregen stob den Kamin hinauf. Er rückte den Kaminschirm wieder zurecht und wischte sich die Hände an seinem Taschentuch ab, während er zu mir herübersah. »Christie haben Sie also schon kennengelernt. Wir sind froh, daß Sie kommen konnten. Das vereinfacht die Sache. Kann ich Ihnen einen Drink machen? Wir haben so ungefähr alles da, was Sie sich wünschen könnten.«
»Ein Glas Chardonnay wäre mir
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