Goldgrube
Im Handumdrehen landet es bei den Nachrichtenagenturen, und dann kampieren hier sechs verdammte Kamerateams auf unserer Einfahrt.«
»Donovan, ich schwöre. Wenn es eine undichte Stelle gab, dann war es nicht ich.«
»Tja, irgend jemand hat den Mund nicht halten können, und Sie sind die einzige, die einen Nutzen davon haben könnte.«
»Ich? Das ist doch unlogisch. Wie sollte ich Nutzen aus einer Geschichte über Guy ziehen?«
»Der Reporter, der angerufen hat, hat Sie namentlich erwähnt. Er wußte, daß Sie engagiert worden sind, und er wollte wissen, wie Sie es angestellt haben, Guy nach so vielen Jahren ausfindig zu machen. Er hat mir quasi verraten, daß er es folgendermaßen verkaufen wird: >Einheimische Privatdetektivin findet vermißten Erben nach siebzehn Jahren.< Das ist besser als jede Anzeige, so viele Aufträge werden Sie kriegen.«
»Donovan, hören Sie auf. Das ist ja lächerlich. Ich würde niemals, unter keinen Umständen, Informationen über einen Kunden ausplaudern. Ich brauche nicht noch mehr Aufträge. Ich habe jede Menge.« Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber das brauchte er nicht zu wissen. Tatsache war jedenfalls, daß ich niemals Angaben über einen Kunden an die Medien weiterleiten würde. Ich hatte einen Ruf zu wahren. Abgesehen von moralischen Überlegungen will man in meinem Beruf auch nicht unbedingt bekannt sein wie ein bunter Hund. Die meisten aktiven Ermittler bemühen sich sehr um Unauffälligkeit. Anonymität ist grundsätzlich von Vorteil, vor allem wenn man wie ich dazu neigt, gelegentlich eine List zu gebrauchen. Wenn ich mich als Zählerableserin oder Ausfahrerin vom Blumenladen ausgebe, möchte ich nicht, daß alle Welt über meine wahre Identität Bescheid weiß. »Ich meine, überlegen Sie doch mal, Donovan. Wenn ich ihm tatsächlich die Geschichte erzählt hätte, warum sollte er dann Sie über meine Methoden ausquetschen? Er wüßte es bereits, also warum sollte er Sie fragen?«
»Tja, da mögen Sie recht haben, es sei denn, er wollte es bestätigt haben.«
»Ach, hören Sie schon auf. Jetzt übertreiben Sie aber.«
»Ich finde einfach, es ist verdammt suspekt, daß Sie die gute Presse kriegen.«
»Wer ist der Reporter? Haben Sie ihn gefragt, woher er seine Informationen hat?«
»Dazu hat er mir keine Gelegenheit gegeben.«
»Tja, dann werde ich ihn mal anrufen. Warum fragen wir ihn nicht einfach. Es könnte etwas ganz Simples oder Einleuchtendes sein, wenn Sie es erst einmal wissen. Können Sie sich an seinen Namen erinnern?«
»Katzenirgendwas, aber ich glaube nicht, daß es besonders klug wäre, wenn Sie mit ihm sprächen.«
»Katzenbach. Ich kenne Jeffrey. Er ist ein netter Mann.«
Donovan machte unverdrossen weiter und wollte offenbar um keinen Deut nachgeben. »Ich sage Ihnen, lassen Sie es sein. Ich will nicht, daß Sie mit ihm über irgend etwas reden. Genug ist genug. Wenn ich herausfinde, daß Sie hinter dieser Sache stecken, dann verklage ich Sie, daß Ihnen Hören und Sehen vergeht«, fauchte er und knallte den Hörer auf.
Das »Leck mich«, das ich giftig hinterherkeifte, kam eine halbe Sekunde zu spät, was mir auch recht war.
Sobald er das Gespräch abgebrochen hatte, schoß mein Adrenalinspiegel nach oben. Mein Mund war trocken, und ich merkte, wie mir das Herz in den Ohren zu pochen begann. Ich wollte eigentlich protestieren, aber mir war klar, wie es aus seiner Sicht aussah. Er hatte recht mit der Tatsache, daß ich die einzige außerhalb der Familie war, die wußte, was vor sich ging. Mehr oder weniger, dachte ich und hielt inne, um mich zu korrigieren. Myrna hätte der Zeitung einen Tip geben können, aber es war schwer vorstellbar, warum sie das hätte tun sollen. Und natürlich wußten Peter und Winnie, was los war, aber auch hier — warum sollte einer der beiden daran interessiert sein, daß die Sache bekannt wurde? Ich verspürte den starken Impuls, zum Telefon zu greifen und Katzenbach anzurufen, aber Donovans Warnung klang mir noch in den Ohren. Wenn ich mich bei ihm meldete, begann der Reporter womöglich, mich nach Informationen zu bedrängen. Alles, was ich sagte, könnte in einem zweiten Artikel zitiert werden, und dann wäre meine Glaubwürdigkeit endgültig ruiniert.
Beiläufig fragte ich mich, ob Guy selbst die Zeitung informiert haben könnte. Es schien unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, und ich konnte eine gewisse schlaue Logik darin erkennen, falls es seine Initiative gewesen war. Wenn die Geschichte
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