Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Lager eine Geschichte zurechtgelegt und hoffte, dass sie im Großen und Ganzen den hiesigen Verhältnissen und Gebräuchen entsprechen würde.
„Eigentlich geht es weder dich noch ihn etwas an“, sagte Madigan, „aber bei uns ist es Brauch, einander vorzustellen, bevor man gemeinsam ein Mahl teilt, also werde ich euch von mir erzählen. Meinen Namen kennt ihr. Ich komme aus dem kleinen Dorf Litkov - schon mal davon gehört?“ Madigan hielt den Atem an. Dies war die größte Lüge. Wenn sie damit durchkam, würden die beiden ihr den Rest ohne weiteres Glauben.
„Nein!“, sagte Rok. Hockster schüttelte den Kopf.
„Es liegt ungefähr 70 Kilometer entfernt von der Hafenstadt Sirack am Killgarn.“ Madigan war dankbar für die ausgezeichneten Landkarten, die Double-T für sie aus den gesammelten Daten generiert hatte.
„In Sirack war ich vor einigen Jahren“, erklärte der Söldner. „Eine schlechte Gegend für aufrechte Menschen.“
Hockster lachte laut, verstummte aber sofort, als er den ablehnenden Blick des Söldners sah.
„Ich verlor meine Familie bei einem Feuer, das uns alle im Schlaf überraschte. Ich verbrachte jene Nacht bei Freunden - und überlebte. Da ich nichts besaß außer meiner Kleidung und dem wenigen, was ich aus den verkohlten Trümmern retten konnte“, Madigan wies auf ihren Rucksack, „ging ich fort. Ich will in die Hauptstadt, dort nach Arbeit suchen und neu beginnen.“ Madigan sah erst Hockster, dann den Söldner an. „Was führt euch beide in diese unwegsame Gegend?“
„Neugier, eine Lebensschuld und eine Aufgabe“, antwortete Hockster. Er erklärte Madigan, wie er Rok Talusien getroffen, ihm das Leben gerettet und ihn über die Lebensschuld an sich gebunden hatte. Er berichtete von dem Steinkreis, dem Schloss Trenadil und den drei seltsamen Gestalten darin, die ihn beauftragt hatten, ein Wissenszentrum einzurichten. Erst jetzt erinnerte sich Hockster daran, dass ihm das Kommen eines weiteren Gefährten angekündigt worden war. Er bedachte Madigan mit einem fragendem Blick. War sie die dritte Person? Ihr Weg führte wie der seine auch nach Idenhal. Nun, diese Frage würde sich von allein klären.
„Ich sehe, du trägst keine Waffen“, sagte Hockster. „Wie hast du dich auf deinem langen Weg hierher verteidigt, wie hast du gejagt und dich ernährt?“
„Von Beeren und Wurzeln und Fischen, die ich mit der bloßen Hand gefangen habe.“ Bei dem Gedanken daran, ein schuppiges, glitschiges Tier mit den bloßen Händen anzufassen, wurde Madigan fast schlecht, ganz zu schweigen davon, die Zähne hineinzuschlagen und Stücke herauszureißen. Mit Kummer dachte sie an die leckeren synthetischen Speisen, die sie täglich auf der Independence zu sich genommen hatte.
Hockster nickte anerkennend. „Mit den Händen. Ich könnte das nicht. Du bist im Winter aufgebrochen, wenn du jetzt hier bist. Wo hast du Beeren und Wurzeln gefunden?“
„Oh, anfangs gab es nur Beeren, nein, Wurzeln vom Vorjahr. Erst nach und nach fand ich auch Beeren. Außerdem habe ich mich unterwegs immer mit frischem Proviant versorgt. Mal in kleinen Dörfern, mal auf einsamen Bauernhöfen.“
„Dreh“, ermahnte der Söldner Hockster, der völlig reglos der Erklärung Madigans gelauscht hatte. „Dreh den Spieß, oder das Fleisch verbrennt.“
Hockster begann eifrig, den Spieß zu drehen. „Welche Neuigkeiten gibt es im Süden?“
„Keine, die nicht älter als ein halbes Jahr sind.“
„Ich bin an allem interessiert“, gab Hockster zu.
Madigan hasste dieses Versteckspiel. Es war nicht ihre Art, sich hinter einem Gespinst aus Lügen zu verbergen. Dabei war ihr der kleine Mann allerdings zumindest ebenbürtig. Er versteckte sein offensichtliches Interesse an ihr als Frau hinter seinen gezielten Fragen und brachte sie damit entgegen seiner Absicht in eine unhaltbare Position. Nicht mehr lange, so mutmaßte Madigan, und sie würde den beiden die Wahrheit über ihre Herkunft offenlegen müssen, weil ihr einfach keine Antworten mehr auf die gezielten Fragen des kleinen Kerls mit dem kantigen Kinn einfallen würden.
Aber noch war sie nicht bereit dazu, und so versuchte sie sich zu erinnern, was Double-T ihr über den Süden des Kontinentes mitgeteilt hatte. Es gab nichts dort, außer ... „Nun, die Befestigungsanlagen aller Städte an der Südküste wurden verstärkt, weil dort immer häufiger fremde Schiffe gesichtet wurden. Woher diese Schiffe kommen, welches Ziel sie haben, weiß niemand.
Weitere Kostenlose Bücher