Goldmacher (German Edition)
atmen, klingt paradox, ist aber wahr.«
»Jetzt übertreibst du.«
»Vielleicht. Das nächste Mal rufe ich dich aus Berlin an, und dann wirst du kein Sterbenswörtchen mehr von mir über diese Angelegenheit hören, dann hat sich die Angelegenheit erledigt!«
»Versprochen?«
»Versprochen! Drück meine Mädels, und vergiss mich nicht«, sagte Paula und legte auf.
Am nächsten Tag rief sie wieder an, noch einmal, ein letztes Mal aus Hamburg, sie sitze bereits auf den gepackten Kisten und warte auf den Umzugswagen.
»Ich habe endlich eine Erklärung, Anton ist Opfer seiner Hormone«, begann sie, Leni habe ihr gestern beim Abschied gestanden, damals in Hannover bei einem Engelmacher gewesen zu sein.
»Ich habe nie verhütet und bin nie schwanger geworden, ich dachte, es liegt an Anton«, Paula zögerte: »Es war wohl die Flucht«, es entstand eine kurze Pause, Paula hustete, dann fuhr sie fort: »Mit neununddreißig wollen Antons Hormone jetzt Kinder, und die Studentin hat ihn mit ihrem Brüderchen wohl auf die Idee gebracht.«
»Was ist denn auf der Flucht passiert?«, fragte Rosi.
Darüber spreche sie nicht, antwortete Paula, und jetzt sei auch der Umzugswagen vorgefahren. Sie hängte ein.
Rosi ging zurück in die Küche und half der alten Berta beim Abwasch. Sie würde Paulas Anrufe vermissen, und sie ärgerte sich darüber, wie schnell sich Franz, einmal mehr seinem Freund Anton nachfolgend, von Paula abgewandt und Sissi zugewandt hatte.
Anton sei sein Freund, hatte Franz erklärt, als Rosi ihm das vorwarf, und seinem Freund, würde er ihn um Hilfe bitten, helfe er. Anton habe ihn ja sonst um nichts gebeten, einzig um die Telefonnummer von Sissi.
Das habe sie nicht gemeint, hatte Rosi gesagt, ihr würde die Begeisterung missfallen, mit der Franz das Liebeswerben von Anton begleite, ja, anfeuere.
Endlich hätte Anton mal den Kopf verloren, begeisterte sich Franz daraufhin erneut, das hätte er ihm gar nicht zugetraut. Und wie sich das auswirken würde, ein ganz anderer Mensch sei der Bluhm geworden, er hätte das ganze Kopfige in der Ballnacht aus sich herausgetanzt. Wie befreit würde er jetzt aussehen neben der Sissi.
Dass Franz sich mit Anton und Sissi in München traf, wie Rosi wusste, gefiel ihr natürlich auch nicht. Sie würde um Paula trauern, obwohl sie ihr nie wirklich nahegekommen sei, hatte Rosi gesagt, diese Sissi wäre ihr aber noch ferner, schon wegen ihres Alters, sie sei ja noch jünger als Paula, die bereits etliche Jahre jünger wäre als sie. Sissi gehöre zu einer anderen Generation, und ob es denn sein könne, dass sein Freund Anton einfach nicht erwachsen werden wolle. Auch darüber geriet sie mit Franz in Streit. Denn Franz sah durch Anton bewiesen, wie belebend eine jüngere Frau wirke, wie sie nicht das Kind im Mann, im Gegenteil, wie sie das Männliche stärke.
Ob er vielleicht vorhabe, sich auch beleben zu lassen, geriet Rosi nun in Zorn, dann solle er das ruhig tun, sie würde ihm und Anton umgehend nacheifern, mindestens ein halbes Dutzend italienischer und spanischer Männer warteten seit Langem darauf!
Franz hatte nur gelacht und gesagt, deshalb ließe er sie ja auch nicht aus den Augen.
Anton und Sissi heirateten ein halbes Jahr darauf. Zur Enttäuschung von Franz fiel das Hochzeitsfest aber aus, das Paar flog nach Amerika, Sissi, die Experimentelle Psychologie studierte, hatte sich zur Hochzeit eine Begegnung mit einem Professor gewünscht, der das Fach an der New Yorker Universität lehrte. Und die bisherigen gemeinsamen Urlaube fielen dann auch noch aus.
»Sissi ist neugierig«, sagte Anton und erzählte, wie viel er über die neuen Wissenschaften, zum Beispiel die Sozialwissenschaften, aber auch über Experimente mit Tieren erführe.
»Anton geht jetzt auf Studienreise«, frotzelte Franz gegenüber Rosi und versuchte, ihr seine Enttäuschung zu verbergen. Sich selbst jedoch musste er irgendwann eingestehen, wie sehr er die gemeinsamen Urlaube vermisste. Auch die Feste, die Gespräche auf Wanderungen, die langen Telefonate über Ereignisse wie den Bau der Berliner Mauer oder die Schüsse auf den amerikanischen Präsidenten.
Rosi hingegen war insgeheim erleichtert, sie fühlte sich in Gegenwart von Sissi einfach unwohl.
Franz, der sich von seinem Freund verlassen sah und das nicht hinnehmen wollte, suchte und fand geschäftliche Verbindungen im Norden. Er nahm Kontakte zu skandinavischen Architekten und Möbelherstellern auf und zu schwedischen und norwegischen
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