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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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würde er mit diesen beiden anderen Besitzern ihres Körpers auskommen?
    Er schreckte hoch, Leni stand vor ihm, sagte, sie hätte bereits mehrmals angeklopft und dass die Sonderkonferenz vorbereitet sei.
    Er ging den Flur hinunter, der Konferenzraum befand sich im letzten, im siebten Stock, die Redaktionsräume hatten sich auf ein weiteres Stockwerk ausgedehnt, er stieg eine Treppe hinauf. Er hatte sich mit ihr am Chinesischen Turm im Englischen Garten verabredet, als er Sissi das erste Mal in München traf. Es lag tiefer Schnee und sie trug einen weiten hellen Fellmantel und Fellstiefel, er hingegen war für einen Spaziergang im Schnee nicht ausgerüstet, er hatte Hamburg bei moderaten Temperaturen verlassen. Vor allem die Schuhe, einfache Slipper, erwiesen sich als Katastrophe. Er war geschlittert, schließlich ausgerutscht und ihr direkt vor die Füße gefallen. Er drücke sich eben körperlich aus, hatte er erklärt und sich den Schnee abgeklopft, er liege ihr tatsächlich zu Füßen. Sie war nicht sehr beeindruckt gewesen, ab dem nächsten Semester würde sie in New York studieren, sagte sie, woraufhin er ihr ohne zu zögern mitteilte, dass er dann dasselbe studieren wolle. Sissi hatte ihn mit ihrem Blick gestreift, er hatte das Lachen in ihren Augen gesehen, aber er war ernst geblieben, es war ihm ernst, er war entschlossen, ihr zu folgen.
    »Aber bevor wir nach New York umziehen, heiraten wir«, hatte er gesagt, nachdem sie einen Hügel hinaufgegangen waren und von einem luftigen, von Säulen getragenen Lustschlösschen auf den weißen Zauber hinunterschauten. »Ja«, hatte Sissi einfach nur gesagt.
    Anton drückte den Griff hinunter, trat ein und setzte sich auf den einzigen noch leeren Platz im Konferenzraum. Er konnte sich nur mit Mühe konzentrieren, immer wieder kehrten seine Gedanken zu Sissi zurück. Hans-Ulrich hielt Fotos in der Hand, die gerade hereingereicht worden waren.
    »Die Demonstranten in Westberlin«, sagte er.
    Er betrachtete die Fotos, ohne etwas auf ihnen zu erkennen, er war noch immer in Gedanken. Er gab sie Hans-Ulrich zurück und stand auf.
    »Ich muss mit Sissi telefonieren«, sagte er und verließ den Konferenzraum wieder. Kaum auf dem Flur, sah er Leni. Sie ging nicht, sie lief, sie rief schon von Weitem, er müsse sich beeilen, der Fahrer warte unten im Wagen und mit laufendem Motor.
    Er begriff sofort, er hatte es schon vorher gewusst. Er lief die Treppe bis zum Fahrstuhl hinunter. Unten riss er die Wagentür auf und warf sich keuchend neben den Fahrer auf den Sitz.
    »Blaulicht habe ich leider nicht«, sagte der Fahrer nur und raste los zum Krankenhaus.
    Der Zutritt zum Kreißsaal war verboten, Anton lief auf dem Flur davor auf und ab, mit ihm der Fahrer. Über Funk hatte er von Hans-Ulrich den Auftrag bekommen, Anton über die Ereignisse in Berlin auf dem Laufenden zu halten. Weil Anton sich weigerte, jetzt, in dieser Stunde, ans Telefon zu gehen, musste der Fahrer die Berichte der Chefredaktion über die Studenten in Berlin in zusammengefasster Form an Anton weitergeben. Diese Studenten demonstrierten mit Plakaten vor der Berliner Oper gegen den Schah von Persien, der in Berlin zu Besuch war. In der Oper wurde für ihn und ein ausgewähltes Publikum » Die Zauberflöte« gegeben, während draußen Jubelperser auf die friedlichen Demonstranten einprügelten. Als Anton endlich zu Sissi durfte, blieb der Fahrer auf dem Flur vor dem Kreißsaal und weiter auf Empfang.
    Von den dramatischen Umständen der frühen Geburt deutlich gezeichnet, lächelte Sissi ihm, der an der Tür stehen geblieben war, wenn auch erschöpft und schwach, so doch unverkennbar glücklich entgegen.
    Vorsichtig und wie auf Zehenspitzen, Anton wagte einfach nicht aufzutreten, ließ er sich von ihrem Glück erst ins Zimmer und dann an ihr Bett ziehen. Doch er wagte es noch nicht, sie zu berühren.
    »Es ist alles dran an deinen Jungs«, flüsterte Sissi, »sie müssen noch nicht einmal in den Brutkasten.«
    »Zwei Jungen?«, fragte er leise.
    Sissi nickte, ein Anflug von Stolz flog über ihr Gesicht, den Anton bisher nicht kannte.
    »Ich bin schon jetzt eifersüchtig«, sagte er leise, »wo sind sie?«
    »Sie werden noch untersucht, müssten aber gleich wieder gebracht werden«, Sissi schaute zur Tür. Anton folgte ihrem Blick, nahm vorsichtig ihre Hand in seine und küsste sie, er wartete mit immer noch scheuer Spannung, dass sich die Tür öffnete.
    Zur selben Zeit, Mitternacht war längst vorüber, rollte

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