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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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gesprochen hatte, drohend und lauernd, sein altes Misstrauen gegen den Vater war geweckt.
    Nun schickte er Anton nur noch hin und wieder eine Postkarte, telefonierte nur noch selten mit ihm und sann auf Revanche bei Hans-Ulrich, der hingegen frohlockte.
    Er säße bei Anton fest im Sattel, sagte er zu Veronika, schenkte ihr für ihre Mithilfe einen Persianermantel und zündete erstmals am folgenden Montag während der kleinen Konferenz in Antons Büro eine Havanna-Zigarre an.
    Sofort beschwerte sich Leni. Der Qualm würde sich als Gestank in Antons Bücher einnisten, sich wie Mehltau auf die Manuskripte legen, bis zu ihr ins Vorzimmer dringen und überhaupt die Luft verpesten. Hans-Ulrich lenkte gleich ein und sprach von einer Ausnahme zur Feier des Tages. Das reizte Leni noch mehr, denn gefeiert wurde ihrer Meinung nach bereits ohnehin viel zu viel. Im Anschluss an die kleine Konferenz würde sie mit Anton darüber reden müssen, beschloss Leni, über die Havanna-Zigarre, den Qualm und vor allem darüber, dass Anton die Chronik über Bord geworfen habe, sein Lebenswerk, wie sie den Untergang nannte, und das alles wegen Sissi!

12.
    Anton saß an seinem neuen modernen Schreibtisch, der nicht einfach nur ein Schreibtisch war, sondern eine Schreibtischlandschaft. So bezeichnete Leni das von ihr ausgewählte geschwungene Möbelstück, an dem er sitzend eine große halbkreisförmige schwarze Fläche überblickte. Sein schwarzer Telefonapparat wirkte darauf fast winzig und erst recht jedes Schriftstück. Sogar die Stöße von Büchern und Zeitungen verloren sich. Es sei ein Designermöbel in kleiner Auflage, hatte Leni ihm erklärt, ein Chefdesignmöbel.
    Er stand auf, umrundete seine Schreibtischlandschaft und setzte sich in einen der neuen, niedrigen und tiefen schwarzen Ledersessel. Vier von ihnen bildeten mit zwei neuen Sofas, ebenfalls niedrig und tief und mit schwarzem Leder bezogen, die neue Sitzecke.
    Vor allem in den schwarzen Ledersesseln rutschte nicht nur er selber, nein, jeder, der sich hineinsetzte, nach kürzester Zeit in eine halb liegende Position, das hatte Anton bereits während der Konferenzen im kleinen Kreis beobachten können. Nur wenn man sich ganz nach vorn an die Kante setzte, in eine Art Hockstellung, entging man dem Abrutschen. Er und seine engeren Mitarbeiter hatten sich mittlerweile an diese Hockstellung gewöhnt, in der sie sich um den niedrigen Glastisch gruppierten wie um ein Lagerfeuer. Es schien so, als würde sich diese Sitzordnung auf die Stimmung auswirken, denn wie an einem richtigen Lagerfeuer gingen die Mitarbeiter, nach der Besprechung der wichtigsten tagespolitischen Ereignisse, dazu über, sich Geschichten zu erzählen. Sie habe das Betriebsklima verändert, es sei indianisch geworden, spottete Anton bei Leni, auf deren Initiative die Modernisierung durchgeführt worden war.
    Anton griff nach einer Zeitung, er wartete auf Lenis Bescheid, er hatte wegen der Ereignisse in Berlin eine Sonderkonferenz einberufen lassen. Während er im schwarzen Sessel unaufhaltsam in eine fast liegende Position rutschte, schweiften seine Gedanken ab und er dachte daran, wie er lange vor dem Morgengrauen vom prasselnden Regen aufgewacht war. Das Fenster stand offen, Sissi hatte vor dem Schlafengehen den Sommer gerochen und es geöffnet, und er war aufgestanden, um es zu schließen. Beunruhigt hatte er danach auf ihr Atmen geachtet, das leise und ruhig zu hören war, dennoch wuchs seine Beunruhigung. Sie hatte ihn in den letzten Wochen öfter überfallen, aber noch nie mit solcher Heftigkeit.
    Im Schlaf hatte sich Sissi auf den Rücken gedreht und nun hatte sich deutlich die Wölbung unter der Decke abgezeichnet. Sie erschien ihm schon wieder bedeutend größer. Zwillinge. Sissi würde Zwillinge zur Welt bringen. Eindeutig zwei Herztöne, hatte der Arzt bei einer der letzten Untersuchungen behauptet. Er hatte einen ziemlichen Schrecken bekommen, Sissi nicht. Sie hätte den Arzt umarmt, hatte sie ihm erzählt.
    Das Einzige, was ihn beruhigte, war ihre Freude. Der Gedanke an die Zwillinge und jede weitere Veränderung an ihrem Körper, die sie hervorriefen, freute sie wohl auch noch im Schlaf, denn er meinte, ein Lächeln auf ihrem Gesicht zu bemerken, das ihre Grübchen hervorzauberte.
    Sie fürchtete sich nicht. Er schon. Er fürchtete um ihren Körper, ihren schönen, glatten, unversehrten Körper, der ein unstillbares Verlangen in ihn eingebrannt zu haben schien. Doch was würde geschehen, wie

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