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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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er davon erfahren.
    Wieder hielt Anton inne. Was nur bewog diesen selbst ernannten Kapitän, eine so gewagte Patenschaft zu wählen wie die des Ahab und seiner Besatzung von der Pequod , die bekanntermaßen mit Mann und Maus untergegangen war? Waren diese selbst ernannten Rächer der Enteigneten vielleicht von Anfang an untergangssüchtig? War sie vielleicht eine deutsche Sucht, die Untergangssucht?
    »Lies weiter«, unterbrach ihn die Stimme von Simon.
    »Nein, ich will schlafen«, protestierte Moritz.
    »Ich aber nicht! Du hast es versprochen!« Simon streckte seine Hand aus und zog seinen Vater an den Haaren, sanft, aber bestimmt. Anton wusste, Simon würde, obwohl genauso müde wie Moritz, nicht aufgeben und das Versprechen einfordern. Also kletterte Anton zu ihm hinauf ins Hochbett, legte sich neben ihn und las ihm leise weiter vor.
    »Ist sowieso langweilig«, murmelte Moritz noch, kurz darauf war er eingeschlafen, so wie Simon auch. Anton las trotzdem weiter, bis auch er einschlief. Sissi weckte ihn, und er erzählte ihr vom selbst ernannten untergangssüchtigen Kapitän Ahab.
    Bevor sie am Morgen mit dem Auto die Zwillinge in die Schule fuhr, legte Sissi den Brief mit Lexas Absender neben Antons Frühstücksteller. Anton schob ihn wieder beiseite und köpfte erst einmal das Frühstücksei. Seit der Artikelserie über die Bankiers löste der Name Münzer Alarmstimmung in ihm aus. So arglos er dem alten Münzer einst begegnet war, so sehr war er jetzt auf der Hut. Die Verwicklungen des Bankiers, mochten sie nun von dem unauffindbaren August Lowicki erfunden worden sein, wie Franz behauptete, oder auch nicht, hatten zu einem Bruch geführt, sogar zu einem doppelten, ja, zu einem dreifachen Bruch. Zunächst mit Hans-Ulrich, dann mit Franz und viel später erst zu einem Bruch mit sich selbst.
    Franz hatte er seit dem eingeforderten und von ihm erbrachten Freundschaftsdienst nicht mehr gesehen. Ich bin nicht der Erfinder der schlechten Nachricht, nur ihr Überbringer, hatte er ihm geschrieben, aber Franz hatte nicht geantwortet, der Bruch schien unauflösbar. Mochte Franz damals nach dem Kampf um »Moby Dick« in der Wunde auf seiner Stirn ein Zeichen seiner Auserwähltheit gesehen haben, so würde er heute in ihr wahrscheinlich das Kainszeichen erkennen, das Zeichen eines Brudermörders, dachte Anton.
    Hans-Ulrich hingegen überwand, wie er beobachten konnte, den Bruch recht schnell. Anfangs, als er die Schenkung vorbereitet hatte, litt er wie ein Hund und wollte aus seinem Vertrag entlassen werden. Doch dann passte er sich unvermutet geschmeidig an, er ließ sein Haar bis über den Hemdkragen wachsen. Für Anton als intimem Kenner der Hacker’schen Haarmarotte war das ein deutlicher Hinweis auf einen Richtungswechsel. Sein ausgeprägter Hundeinstinkt, wie Hans-Ulrich sein Talent, rechtzeitig zu erkennen, wohin der Hase läuft, selbst nannte, hatte schon bald die günstigen Voraussetzungen im Blatt für das einst von ihm angekündigte neue Hacker’sche Zeitalter ausgemacht, ein Zeitalter mit mehr U-Musik statt E-Musik im Blatt, mit mehr Unterhaltung. Den neuen Mitgesellschaftern, zu denen Hans-Ulrich ja nun selber auch zählte, schien diese Musik verlockend in den Ohren zu klingen, sie hörte sich nach Erfolg an, nach noch mehr Erfolg, und so folgten sie gern Hans-Ulrichs Ausführungen und studierten wissbegierig seine mehrfarbigen Linien auf Millimeterpapier und seine Statistiken, die vom steten Aufstieg erzählten.
    Begann es damit? Anton goss heißen Tee nach, warf kleine Stücke dunklen Kandis in die Tasse, die sich knisternd auflösten. War mit dem Heraufdämmern des neuen Hacker’schen Zeitalters diese schleichende Müdigkeit in ihm ausgebrochen?
    Zunächst hatte Anton noch gemeint, die Anstrengung des großen Umbruchs habe diese Müdigkeit hervorgerufen, die Schenkung, die von Kollegen auch als waghalsig angegriffen worden war. In der Redaktion hingegen waren alle von einer großen Aufbruchsstimmung erfasst worden, sie hatte sich im ganzen Haus ausgebreitet, denn alle im Unternehmen waren nun beteiligt am Unternehmen, von der Putzfrau über die Chefredaktion bis zu den Fahrern, sie alle übten sich darin, mitzubestimmen. Nur Anton wurde seine Müdigkeit nicht mehr los.
    Ermüdete ihn das Drachentötergeschäft? Meinte er nicht immer öfter, nie wirklich etwas für die Vernunft bewirkt zu haben? Sah er nicht überall, wie sich alles von Neuem wiederholte, die kleinen und die größeren und vor allem die

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