Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
dass Abfalterer ein Weichei war. Netter Kerl, ehrlich, anständig, aber eben ein Waschlappen. Er hatte nie verstanden, warum di Cesare ausgerechnet Abfalterer in sein Team geholt hatte. Ganz anders Strumpflohner. Wenn Koch-Waldner daran dachte, wie Strumpflohner damals diesen Zeugen ausgequetscht hatte, stand er noch heute ehrfürchtig stramm. Der Mann hatte einen Griff wie ein Schraubstock. Der arme Zeuge, der von seinem Aussageverweigerungsrecht hatte Gebrauch machen wollen, weil er nicht gegen seine eigene Frau aussagen wollte, hatte vor Schmerz aufgeschrien, als Strumpflohner ihm die Hand, scheinbar zum Abschied, gegeben hatte. Mit einem fiesen Lächeln hatte er dem Mann beinahe die Hand zerquetscht. Danach hatte er ausgesagt. Eigentlich hielt Koch-Waldner nichts von solchen Methoden. Sie waren nicht im Sinne eines Rechtsstaates, aber di Cesare hatte seine eigenen Regeln, und die passten nicht immer zu denen, die die Gesetze vorgaben. Allein sein Erfolg verhinderte, dass er bislang keine Schwierigkeiten bekommen hatte. Alle im Team folgten ihm bedingungslos. Er war ihr Vorbild und hielt seine Hände schützend über sie. Obwohl er schon fünfundfünfzig war, lief er den Marathon noch in unter drei Stunden. Selbst der Extremkletterer Rohregger mit seinen zweiunddreißig Jahren und Mooswalder, der seit seiner Kindheit Fußball spielte, hatten keine Chance gegen di Cesare. Ein irrer Typ. Hoffentlich würde er bei der Empfehlung für die nächste freie Commissario-Stelle an seinen alten Weggefährten Koch-Waldner denken. Wobei er sich eingestehen musste, dass Strumpflohner seinem Idol ähnlicher war als jeder andere im Team – selbst er. Strumpflohner hatte die besten Karten bei der nächsten freien Stelle.
Koch-Waldner zwang sich zurück ins Jetzt und hielt den Detektor an die letzte Auslage des hinteren Bereichs. Wieder nichts. Gold schon mal gar nicht. Und auch kein Bargeld, mit dem man im Unterschied zu dem Ramsch hier etwas Sinnvolles anstellen konnte. Blieb ihm nur noch der kleine vordere Bereich, den er zunächst ausgespart hatte, weil die wenigen Touristen, die sich hierher verirrt hatten, genau vor den Auslagen standen, die er untersuchen wollte. Er beobachtete ein Pärchen, das voller Verzückung ein paar Schaufeln und Hacken betrachtete. Der Plunder war so marode, dass man damit nicht einmal einen Blumentopf hätte umgraben können. Die Frau redete pausenlos auf ihren Begleiter ein. Koch-Waldner trat ein paar Schritte näher. Er wollte wissen, was an diesem Krempel so interessant war, dass man sich stundenlang damit beschäftigen konnte. Mit solcher Inbrunst widmete er sich montags nicht einmal dem Sportteil mit den Fußballergebnissen. Er tat so, als schaue er sich ein paar alte Münzen in der Auslage daneben an.
Das Pärchen, beide in Bergstiefeln und Regenjacken, beachtete ihn nicht, obwohl er mit dem Golddetektor in der Hand, der an die Blitzpistolen der Carabinieri erinnerte, wie ein Fremdkörper in der Ausstellung wirkte. Munter plauderte sie weiter. »Kannst du dir vorstellen, dass die Menschen vor Hunderten von Jahren mit diesem schlichten Werkzeug ganze Stollen in die Berge gegraben haben?«
»Nein, Schatz, das ist mir wirklich unbegreiflich. Ihre Hände müssen voller Schwielen und Wunden gewesen sein. Und der ganze Staub, den sie dabei aufgewirbelt haben. Die hatten sicherlich alle Staublungen und sind jung gestorben. Fürchterlich, das Schicksal, zumal die bestimmt auch miserabel bezahlt wurden.«
Sie schüttelte traurig den Kopf. »Schlimm, ganz schlimm. In solchen Momenten denke ich immer, wie gut, dass wir in der heutigen Zeit leben. Dagegen wirken viele unserer Probleme doch geradezu lächerlich.«
»Du hast völlig recht. Denk nur an Karl-Heinz und Erika. Mein Gott, was die immer mit ihren Problemen rumtun. Vielleicht sollten die auch mal in diese Ausstellung gehen. Heute gibt es doch einfach für alles Lösungen und moderne Technik. Und unser ausgeklügeltes Gesundheitssystem …«
Koch-Waldner hatte genug gehört, aber immer noch nicht begriffen, was an dem altertümlichen Firlefanz so spannend war. Was hatten modernde Schaufeln mit den Problemen von Karl-Heinz und Erika zu tun? Er ging zu den beiden hinüber und zückte seine Dienstmarke. »Polizei! Würden Sie bitte zur Seite treten, Herrschaften? Ich habe hier einen Job zu erledigen.«
Ungläubig sah das Pärchen ihn an. Der Mann setzte zu einem Protest an, doch Koch-Waldner, der immer seinem Vorbild, Commissario di Cesare,
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