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Goldrausch in Bozen - Kriminalroman

Goldrausch in Bozen - Kriminalroman

Titel: Goldrausch in Bozen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Verona
    Vincenzo war auf der Höhe von Bardolino und hatte ungefähr die Hälfte der Strecke nach Mailand hinter sich. Sein Pulsschlag glich eher Hammerschlägen. Er war aufgeregt, hatte keine Ahnung, was ihn erwartete. All seine Versuche, Gianna mit Verständnis, Romantik und Liebe wieder näherzukommen, waren fehlgeschlagen. Er sah auf den Beifahrersitz. Die Flasche Champagner stand in ihrem stabilen Kühler auf der Fußmatte, die Rosen würde er gleich bei dem Floristen abholen. Der heutige Tag konnte zu einem Wendepunkt werden. Nein, er musste einfach zu einem Wendepunkt werden. Rosen, Champagner, »Trussardi« …
    * * *
    Mailand
    »Was meinst du Gianna, sollen wir noch eine aufmachen?« Lorenzo di Angelo drehte die leere Flasche bedächtig in seinen Händen. »Der Firriato Ribeca ist vorzüglich. Ich wusste gar nicht, dass du dich so gut mit Wein auskennst.«
    Gianna lachte. Seit sie täglich mit Dottore Lorenzo di Angelo zusammenarbeitete, der sich mit seinem Spezialwissen in nahezu symbiotischer Weise in die Kanzlei ihres Vaters einbrachte, ging es ihr mit jedem Tag ein kleines bisschen besser. Der neue Kollege hatte eine beruhigende Wirkung auf sie. Er verstand sie besser als ihr Therapeut, der für seine Hilfsversuche im Gegensatz zu di Angelo auch noch eine Menge Geld kassierte. Zwischen ihnen hatte sich eine Beziehung entwickelt, wobei diese nicht durch erotische Gefühle geprägt war, was Gianna anfangs auf seiner Seite vermutet hatte. Sie empfand so etwas wie eine Seelenverwandtschaft zu diesem sechzehn Jahre älteren Mann. Immer häufiger verbrachten die beiden Anwaltskollegen auch ihre freie Zeit miteinander. Sie spielten zusammen Tennis, gingen spazieren, aßen, tranken Rotwein, doch entscheidend für ihre Freundschaft war etwas anderes. Sie konnten stundenlang diskutieren, über Gott und die Welt, vor allem aber konnten sie auch über sich sprechen. Gianna merkte manchmal gar nicht, wie die Zeit verging. So wie heute. Den ganzen Tag über hatten sie mit gegnerischen Anwälten, Gewerkschaftsvertretern und dem Kartellamt zähe Verhandlungen führen müssen. Wieder ging es um eine größere Firmenfusion. Als sie die Termine endlich hinter sich gebracht hatten, hatten sie sich nur ansehen müssen, um loszulachen. »Gianna«, hatte di Angelo gesagt, »was wir jetzt brauchen, ist positiver Input. Was meinst du: Sollen wir uns was Leckeres zu essen kaufen und bei dir kochen?«
    Seit halb fünf waren sie nun schon in ihrer Wohnung, der Tisch war gedeckt, und es ging auf sieben Uhr zu. Über zwei Stunden waren vergangen. Ihr kamen sie vor wie Minuten.
    »Vincenzos Vater ist der beste Weinkenner, der mir je begegnet ist. Du kannst dir nicht vorstellen, was der mir in seiner Trattoria schon alles vorgesetzt hat. Der Sizilianer, den du in Händen hältst, ist einer seiner Dauerbrenner. Insofern kann ich nur raten: Mach auf jeden Fall noch eine Flasche auf.«
    Der Anwalt schmunzelte. »Der Mann ist mir sympathisch. Wenn ihr eure Differenzen beigelegt habt und du wieder ganz die Alte bist, lade ich dich und Vincenzo zu seinen Eltern ein. Das wird ein Spaß. Je mehr du mir von deinem Freund erzählst, umso mehr glaube ich, dass wir uns verstehen würden.«
    Da war sich Gianna nicht so sicher. Sie kannte ihren Vincenzo. Eifersüchtig war er, und wie. Wenn der wüsste, dass sie gerade mit einem überaus charismatischen Vertreter seines Geschlechts die zweite Flasche Wein öffnete, noch dazu allein mit ihm in ihrer Wohnung, würde er wahrscheinlich schier durchdrehen. Sie musste innerlich schmunzeln, als sie sich vorstellte, Vincenzo wäre in diesem Moment hier. Es schien so, als hätte er in letzter Zeit verstanden, dass es keinen Sinn machte, sie zu bedrängen. Er ließ sie in Ruhe, rief selten von sich aus an, und wenn doch, löcherte er sie nicht mit Fragen. Mittlerweile hatte sie, was ihn anging, ein halbwegs gutes Gefühl. Dank der Therapie und vor allem dank Lorenzo spürte sie, wie ihre traumabedingte Abneigung ihm gegenüber nachließ. Es würde wahrscheinlich noch eine Weile dauern, bis die Leidenschaft zwischen ihnen wieder entflammte, aber wenn man sich im Grunde liebte, war Zeit doch relativ. »Witzig, dass du das sagst, Lorenzo. Das habe ich mir auch schon gedacht. Du und Vincenzo. Ihr könntet verschiedener nicht sein. Und doch glaube ich, dass ihr euch bestens verstehen würdet. Mit deinem Faible für kulinarische Genüsse würdest du bei ihm und seiner Familie offene Türen einrennen. Aber bis es

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