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Goldrausch in Bozen - Kriminalroman

Goldrausch in Bozen - Kriminalroman

Titel: Goldrausch in Bozen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Giacomo?«
    »Alles.«
    »Was heißt alles?«
    »Von deiner Gianna, dass du sie in flagranti ertappt hast, deine fürchterlichen Erlebnisse mit diesem Serienmörder, Giannas Entführung, die Sache im Eis. Einfach alles. Wahnsinn, was du erlebt hast. Und ich konnte dich gut verstehen. Würde ich meine Freundin nach allem, was dir passiert ist, mit einem anderen erwischen, würde ich mich auch hemmungslos besaufen. Aber vorher hätte ich den Typen windelweich geprügelt. Wie auch immer, gegen Mitternacht warst du erledigt. Du konntest mir nicht sagen, ob du ein Hotelzimmer gemietet hast oder sonst irgendwo schlafen kannst, und da die anderen Gäste ohnehin längst weg waren, haben wir dich an deinem Tisch schlafen lassen. Dem Chef hast du nur leidgetan. Er hat gesagt, mit dreihundert ist die Sache erledigt, das ist doch eine gute Nachricht, oder? Sag mal, sitzt dieser Killer eigentlich noch immer in Bozen in der Psychiatrie? Hast du keine Angst, dass der ausbrechen könnte, um … Entschuldige, das war blöd von mir, vergiss es einfach. Diese Psychiatrien sind heutzutage ja sicherer als Alcatraz.«
    Als Vincenzo endlich wieder zu Hause in Sarnthein ankam, wurde es schon dunkel. Und morgen wollte er ins Ahrntal. Wie sollte er das schaffen? Er schämte sich, ärgerte sich über sich selbst. Wie hatte er sich nur dermaßen gehen lassen können? Als Vertreter der Polizia di Stato hatte er eine Vorbildfunktion, und stattdessen drohte er einem unbescholtenen Kellner mit Haft, wenn er zu verhindern versuchte, dass er sich hemmungslos besoff. Dazu diese Urangst, die ihn seit letztem Oktober gepackt hatte und nicht mehr losließ. Ausgerechnet ein Cameriere aus Mailand musste ihn daran erinnern. Und all das nur wegen Gianna. Mit ihr war er auf jeden Fall ein für alle Mal fertig! Die brauchte gar nicht mehr angekrochen zu kommen!
    Er packte seinen Rucksack, schmierte sich ein paar Brote, trank ein Glas Milch und lag um neun im Bett. Seine letzte Tat des Tages bestand darin, sein Handy zu checken, das er aus Wut und Trotz ausgeschaltet hatte. Fünf SMS , zwei Nachrichten auf der Mobilbox, alle von Gianna. Nun, darum würde er sich irgendwann später kümmern. Es interessierte ihn nicht, was sie schrieb oder sagte.

20
    Ahrntal, Sonntag, 22.   April
    Vincenzo hatte keinen Wecker gestellt. Nach diesem überflüssigen Exzess brauchte er nichts nötiger als Schlaf. Ein Exzess, für den er dreihundertfünfzig Euro bezahlt hatte, dreihundert für die reduzierte Rechnung und fünfzig für Giacomo, weil er sich so fürsorglich um ihn gekümmert und hoch und heilig versprochen hatte, niemandem jemals etwas von dem Vorfall zu erzählen.
    Warum also sollte sich Vincenzo in seinem Zustand unnötig Stress machen, indem er früh aufstand? Die Wanderung von der Prastmann Alm bis zu Alexander Thalers freiwilligem Exil war trotz des Niederschlags, der in den höheren Lagen als Schnee runtergegangen sein musste, harmlos und kurz. Mit den Schneeschuhen würde er nur gut zwei Stunden brauchen, in seinem Zustand vielleicht noch eine halbe extra. Für Thalers Befragung kalkulierte er eine Stunde ein, für den Abstieg anderthalb. Insofern sollte es kein Problem sein, dass es längst Mittag war, als er aufstand.
    Auf der Fahrt ins Ahrntal las er Giannas SMS und hörte seine Mobilbox ab. Sie versuchte, ihn zu beschwichtigen. Die erste Sprachnachricht war drei Minuten lang. Mit weinerlicher Stimme behauptete sie, der Typ sei nichts weiter als ein Arbeitskollege, ein neuer Partner in der Kanzlei ihrer Eltern, mit dem sie sich privat angefreundet habe und der ihr im Übrigen wiederholt geraten habe, der Beziehung zu Vincenzo eine zweite Chance zu geben. Und der sich trotz der Aktion sehr darauf freue, ihn irgendwann einmal kennenzulernen. Sie sei zwar noch nicht so weit, sich wieder voll und ganz der Beziehung zu Vincenzo hinzugeben, aber Liebe, Gemeinsamkeiten, Zukunftspläne, durchhalten, bla, bla, bla.
    Obwohl seine Enttäuschung so groß war, dass er zu einer angemessen sachlichen Beurteilung der Situation nicht fähig war, konnte er trotzdem reflektieren, dass Giannas Erklärung der Wahrheit entsprechen könnte. Doch sein Stolz überlagerte jede andere Gefühlsregung und die schwachen Versuche seines Verstandes, sich bemerkbar zu machen, ohnehin.
    Die Gedanken beherrschten Vincenzo bis zum Abzweig auf tausendsiebenhundertneunundzwanzig Meter Höhe, gar nicht weit oberhalb der Prastmann Alm. Ab hier führten mehr oder weniger steile Wegabschnitte und

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