Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
konzentrierten sich eher auf unbedeutende Nebenkriegsschauplätze. Sie berichteten von Kinderschuhen, die Wachtlers Gruppe gefunden hatte und bewiesen, dass einst auch Kinder zur Arbeit gezwungen worden waren. Da dieser Wachtler überall seine Hände drin hatte, konnte er zweifelsohne auch Einfluss auf die Berichterstattung der Medien nehmen. Dem war alles zuzutrauen, wenn es um seinen Ruhm und seinen Profit ging.
Dafür hatte sich vor allem »Die Dolomiten – Tagblatt der Südtiroler« förmlich daran geweidet, wie der Innicher mit seinem hechelnden Gefolge bei seinen Grabungen gleich noch eine Leiche mit Silbermünzen in den Taschen gefunden hatte. Das Geld stammte aus dem Jahr 1450. »Aus der Zeit vor der Entdeckung Amerikas«, hatte Wachtler in seinem eigenen Radiosender Radio Holiday in Bruneck getönt. Wären die alten Gebeine entsprechend gut erhalten, würde er sich zu allem Überfluss auch noch damit rühmen können, einen zweiten Ötzi gefunden zu haben. Doch wenigstens diese Schmach war Kofer erspart geblieben. Wenn einer es verdient hatte, einen Ötzi zu finden, dann er!
Ruhelos ging er in seinem Museum in Sterzing auf und ab. Wie so oft waren kaum Besucher da. Warum war der Innicher mit seinem allseits bekannten Dolomitenmuseum DoloMythos bloß so erfolgreich? Täglich strömten Hunderte in seine Ausstellung. Sicherlich, das Museum war nicht schlecht geplant, und der abgeschlossene Bereich, in dem die Kinder der Besucher im Sand nach winzigen Goldstückchen graben konnten, kam besonders gut an. So mussten sich die Leute eine Weile nicht um ihren Nachwuchs kümmern, sondern konnten sich ganz der Ausstellung widmen. Aber was sonst hatte Wachtlers Museum, was seins nicht hatte? Kofer hatte keinen Zweifel daran, dass er selbst ein überragendes Genie war. Seine Studiengänge hatte er allesamt mit Auszeichnung absolviert, er hatte mehr veröffentlicht, als dieser Wachtler jemals zustande bringen würde, und die Fachpresse feierte ihn. Zumindest manchmal. Es musste etwas geschehen, sonst würde er sein Museum, sein Lebenswerk, bald dichtmachen können.
Seine Exfrau Laura hatte ihn vor langer Zeit nicht nur wegen seiner Besessenheit verlassen. Sie hatte ihm auch einen exorbitanten, großspurigen Lebensstil unterstellt. Ihre letzten Worte, als sie schon mit einem Koffer in der Tür gestanden hatte, hallten bis heute in seinen Ohren nach. »Du bist so unglaublich selbstverliebt, Andreas Kofer. Ist dir das eigentlich bewusst? Dir geht es doch gar nicht um die Natur und ihre Schätze, stattdessen geiferst du regelrecht nach Anerkennung. Ich könnte deine Leidenschaft ja irgendwie verstehen, wenn es dir um die Sache ginge. Aber dass du unser Haus belastest, um dein komisches Museum mit nutzlosem alten Schnickschnack aufzublähen und ein dickes Auto zu fahren, das geht wirklich zu weit.«
Wehmütig blickte Kofer vom Panoramafenster der Cafeteria seines leeren Museums auf den Vorplatz, wo sein alter BMW stand. Ein lächerlicher 3er, nicht einmal mit Sitzheizung. Er konnte sich nichts Besseres mehr leisten. Das wenige Geld, das seine Ausstellung und seine Veröffentlichungen noch einbrachten, deckte gerade einmal seine laufenden Kosten. Für die dringend notwendige Renovierung des älteren Teils seiner Ausstellung reichte es bei Weitem nicht. Warum musste ihn das Schicksal so strafen? Womit hatte er das verdient? Warum konnte er nicht so erfolgreich sein wie der Pustertaler? War es, weil der Typ bei der Planung von Messners Museum mitgewirkt hatte? War das ausreichend für den Erfolg?
Tief in düsteren Gedanken versunken, merkte der Museumsdirektor nicht, wie sich ihm jemand von hinten näherte. Langsam machte die Person einen Schritt nach dem anderen, bevor sie beide Hände hob, die den Bruchteil einer Sekunde später über Kofers Augen lagen. »Kuckuck, Überraschung!«
Er schnellte herum. Wer wagte es, ihn so zu erschrecken?
»Damit hast du nicht gerechnet, was?«
Kofer entspannte sich augenblicklich. »Schöne Frau, was führt dich denn zu mir? Mein ohne Frage legendärer Charme? Wie wäre es mit einem Espresso?« Kofer schaute auf die Uhr, gleich schloss das Museum. »Oder doch lieber ein perliger Prosecco?« Die Frau machte ihn von jeher an. Zigmal schon hatte er versucht, bei ihr zu landen, jedes Mal vergeblich. Hielt das Schicksal wenigstens eine kleine positive Überraschung für ihn bereit?
»Prosecco klingt gut.« Sie sah ihm direkt in die Augen und lächelte. »Die Champagnerzeiten scheinen ja
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