Goldstück: Roman (German Edition)
zurück. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Also, ja, ich, äh …« Ich bin so angespannt, dass ich mich beinahe verhaspele. »Ich habe ein etwas ungewöhnliches Anliegen.«
»Worum geht es denn?«
»Ich habe gehört«, sage ich, ohne genauer zu erklären, wo und wie ich das gehört habe, »dass Sie morgen früh ein Personal Training bei Stefan Becker haben.«
»Mensch«, Markus Gärtner lacht auf, »in Ihrer Branche scheint man ja gut vernetzt zu sein! Das stimmt, ich habe den Termin gerade erst ausgemacht. Gut, oder? Als Sie mir das mit dem Sport ans Herz legten«, schon wieder so eine altmodische Ausdrucksweise, »habe ich beschlossen, den Stier dann gleich mal bei den Hörnern zu packen. Und Herr Becker scheint ja durchaus empfehlenswert zu sein, Sie haben schließlich seine Prospekte ausgelegt.«
»Herr Becker ist wirklich ein hervorragender Trainer«, bestätige ich. »Es gibt da nur ein, ähm, kleines Problem.«
»Nämlich?«
»Ja, wie soll ich das jetzt sagen?« Ich überlege einen Moment und beschließe dann, es auf die ganz direkte Tour zu sagen. »Ich muss Sie um einen etwas seltsamen Gefallen bitten.«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Herr Becker weiß nicht, dass ich momentan praktiziere. Besser gesagt, dass ich überhaupt praktiziere.« Nennt man das beim Coaching überhaupt praktizieren? Egal, um solche Details kann ich mir momentan keine Gedanken machen. »Die genauen Hintergründe sind etwas zu kompliziert, um sie jetzt zu erläutern«, fahre ich fort. »Ich wäre Ihnen daher sehr dankbar, wenn Sie Herrn Becker nicht sagen, dass Sie für ein Coaching bei mir waren.«
»Nicht?« Markus Gärtner klingt verständlicherweise sehr verwundert.
»Ja, ich …«, ich muss nervös auflachen, »ehrlich gesagt kom
me ich in Teufels Küche, wenn er davon erfährt, und ich möchte Sie wirklich eindringlich bitten, nichts zu erwähnen.«
»Aber er weiß doch schon, dass ich bei Ihnen den Prospekt gefunden habe. Es tut mir leid, ich wusste ja nicht …«
»Das ist schon in Ordnung«, unterbreche ich ihn. »Er denkt, Sie wären nur bei mir gewesen, um sich die Büroräume als Nachmieter anzusehen.«
Er schweigt einen Moment lang. »Das klingt schon alles ein bisschen verwirrend, Frau Schäfer, das muss ich zugeben.«
»Ich weiß«, sage ich. »Daher kann ich Sie nur bitten, die Sache nicht zu hinterfragen, sondern mir einfach den Gefallen zu tun.« Ich versuche, meine Stimme möglichst schmeichelnd klingen zu lassen. »Sie wissen schon, so von ärztlicher Schweigepflicht zu ärztlicher Schweigepflicht.«
In dem Moment, in dem ich das ausgesprochen habe, tut es mir auch schon wieder leid. Hoffentlich denkt er jetzt nicht, ich wolle ihn erpressen.
Das denkt er offenbar nicht, denn er erwidert in konspirativem Tonfall: »Alles klar, Frau Schäfer, Sie können sich auf mich verlassen, ich werde nichts sagen.«
Ich atme erleichtert auf. »Das ist wirklich nett von Ihnen, Herr Gärtner, Sie tun mir damit einen riesigen Gefallen.«
»Ist nicht der Rede wert, Frau Schäfer, ich helfe doch gern, wenn ich kann. Und«, er räuspert sich, »Daniel werde ich auch informieren, damit er sich nicht verplappert.«
»Daniel?«, frage ich entsetzt nach. »Was hat denn Daniel damit zu tun?«
»Der kommt morgen mit«, erläutert Markus Gärtner, und mir wird schon wieder leicht schlecht. »Er war von der Idee mit dem Personal Trainer so angetan, dass er sofort gesagt hat, er sei dabei.« Gärtner lacht süffisant auf. »Schätze, es gibt da eine junge Dame, für die er sich in Form halten will. Höhö.«
»Ja, ach so, verstehe.« Auch ich lache, allerdings nicht süffi
sant, sondern nervös. »Dann ist ja alles klar, und Sie sagen es Daniel?«
»Worauf Sie sich verlassen können.«
Ich verabschiede mich und lege auf. Dann wollen wir mal schwer hoffen, dass ich mich darauf verlassen kann! Aber weil man ja nie sicher genug gehen kann, schreibe ich auf ein Blatt Papier, das ich dann zusammenfalte und in meine Hosentasche stecke:
Markus Gärtner und Daniel Unverzagt halten wie versprochen dicht.
Offenbar kann ich mich auf Markus Gärtner und Daniel in der Tat verlassen. Denn weder erreicht mich am nächsten Morgen ein erboster Anruf von Stefan, mit dem ich schon halb gerechnet habe, noch klingt Daniel irgendwie seltsam, als er sich am frühen Abend bei mir meldet, um mich zu fragen, ob es bei unserer Verabredung für morgen bleibt.
»Klar bleibt es dabei«, meine ich.
»Dann freue ich mich, Sie zu sehen und Frau
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