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Golem - Golem - Genome, Inc.

Titel: Golem - Golem - Genome, Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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war mit Blutergüssen übersät. Mehr und mehr wurde er zu einem Wesen, das aus Erde bestand, nicht mehr aus Fleisch und Blut. Dunkelbraune Knoten bildeten sich unter seinen Augen. Fäuste gruben sich in sein Gesicht, und seine Zähne und sein Gaumen waren voller Blut, das wie Harz an seiner Zunge klebte.
    Schon nach kurzer Zeit im Trainingslager war er hart wie Stahl geworden, doch innerlich war er nach wie vor eine zarte Pflanze, die unter der wärmenden Sonne in seinem Inneren wuchs und sich im sanften Wind seiner Seele wiegte. Nach außen war er hart; innen jedoch lebte Dolce weiter, und diesen Funken Leben ließ er sich um keinen Preis nehmen. Dolce war die Wurzel, aus der er seine Kraft schöpfte. Bei jedem Schlag, den er auf dem Übungsplatz einstecken musste, dachte er an sie. Jeder Tritt eines Wachmanns erinnerte ihn an sie. Sie war der Grund, warum er noch lebte.
    Zu sterben wäre leicht gewesen. Sie hatten ihm alles genommen, bis auf seine Erinnerungen an ein winziges Stück Menschlichkeit, das er hegte und pflegte. Und er trug Dolce inseinem Inneren mit sich. Er beschützte sie. Liebe konnte eine Schwäche sein. Aber sie konnte einem auch Kraft geben. Liebe und Hass zusammen bildeten ein perfektes Ganzes. Sie waren das Yin und Yang seiner neuen Existenz.
    Die Meute der Fans schwenkte Fahnen, grölte und jubelte, als der Gefängniszug der TFU die Kämpfer nach Bloomberg Island brachte. Roosevelt schaute sich die ekstatischen Gesichter durch die Gitter hindurch an und hielt nach jemandem Ausschau, den er von früher kannte. Doch da war niemand, nur der gesichtslose Mob.
    Ein Transkriptor zu sein hieß zu wissen, was Schmerzen waren. Transkriptoren besaßen nichts, nicht einmal sich selbst. Man konnte sie genauso leicht kaufen und verkaufen wie ein Samp. Regal Blue hatte seit seiner Geburt nichts anderes gekannt; Roosevelt jedoch hatte das Leben eines freien Menschen geführt. Er war glücklich gewesen. Deshalb empfand er nun einen Verlust, den nur jemand empfinden konnte, der wusste, was Freiheit war. Er fühlte den Schmerz von jemandem, der einen geliebten Menschen verloren hatte.
    Am Hintereingang des Stadions wurden sie aus dem Zug geladen. Bewaffnete TFU-Wachen zerrten sie aus dem Zug, während der Mob sich an den Absperrungen drängte. Sie wurden in einen Betonkorridor unter dem Stadion gebracht, und der Lärm des Mobs verhallte zu einem Raunen. Sie trugen die Uniformen der amerikanischen Kolonialmilizen: schwarzer Dreispitz, haselnussbrauner Regimentsmantel und ebensolche Hosen, weißes Hemd und schwarze Schnallenschuhe mit weißen Strümpfen.
    Bevor Dad gestorben war, hatte er Roosevelt einen Schlüssel gegeben. Er hatte ihn in der Haut des Fingers versteckt und seinen Sohn gewarnt, gut auf ihn aufzupassen, und das hatte Roosevelt getan. Sobald er hier raus war, würde er das Bankfach suchen, zu dem dieser Schlüssel passte. Sein Vater hatte gewusst, dass es so kommen würde, und Roosevelt war sicher, dass sich in dem Fach irgendetwas Wichtiges verbarg.
    »Als du das letzte Mal hier warst«, sagte Regal Blue zu Roosevelt, »warst du auf der anderen Seite des Glases, nicht wahr?«
    Roosevelt nickte.
    »Dann wirst du heute einen wesentlich besseren Blick auf das Spielfeld haben.«
    Der Gang war breit und mit Sand eingestreut. Sogenannte Knochensammler, alte Transkriptoren, die nach der Schlacht das Feld aufräumten, salutierten vor Roosevelt und den anderen, als sie an ihnen vorübergingen. Hinter ihnen lagen Stapel von schwarzen Leichensäcken an der Wand.
    Dann bekam jeder eine Muskete und eine Umhängetasche aus Hirschleder mit Pulver und Bleikugeln. Die Muskete war eine schwere, unhandliche Waffe, auf größere Entfernung ungenau, aber verheerend, wenn man sie in Formation abfeuerte. Roosevelt warf sich die Munitionstasche über die Schulter und blickte auf einen Bildschirm an der Wand, auf dem die korrekte Ladetechnik gezeigt wurde.
    »Ein guter Schütze kann mit solch einer Waffe vier- bis fünfmal die Minute schießen«, erklärte eine monotone Frauenstimme. »Doch je mehr Sie schießen, desto mehr Schwarzpulver lagert sich im Lauf ab. Das wiederum erhöht die Ladezeiten und kann zu Fehlzündungen führen.«
    Roosevelt berührte das kleine Silberkreuz, das Dolce ihm gegeben hatte. Er konnte bereits die Zuschauer hören. Das rhythmische Singen erfüllte den ganzen Gang. Sie waren da oben. Die Menschen. Sie warteten darauf, dass er tötete, und er würde für sie töten. Er hasste sie dafür, dass

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