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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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machen.«
    Deryn starrte hinunter zum Meer, und ihr Herz begann zu klopfen. Außer den versenkten Seeleuten der unglücklichen russischen Flotte hatte noch kein Europäer Kappa im Einsatz gesehen. Selbst im Handbuch der Aeronautik gab es keine Fotografien der Tierchen, nur einige Zeichnungen, die auf Gerüchten und Geschichten basierten.

    »Das Angriffssignal muss jeden Moment gegeben werden«, sagte Mr. Rigby und reichte Deryn den Feldstecher, um die Stadt unten mit bloßem Auge zu betrachten.
    Durch das Fernglas sah sie sich das Mechanistenkriegsschiff an. Der Name, Kaiserin Elisabeth , war auf die Seite gemalt, und es fuhr unter österreichischer Flagge.
    »Das ist kein deutsches Schiff«, murmelte sie und fragte sich, ob Alek, wenn er es gesehen hatte, wohl wieder darüber grübeln würde, auf welcher Seite er eigentlich stand. Jetzt hatte er einen neuen Mechanistenfreund, mit dem er seine Sorgen teilen konnte, als brauchte er sich nicht mehr an Deryns Schulter auszuheulen.
    »Nicht deutsch?«, fragte Newkirk. »Was meinen Sie damit?«
    »Es ist ein österreichisches Schiff«, sagte Mr. Rigby. »Die Schiffe der Deutschen sind ausgelaufen, und die Verbündeten hier haben die Belagerung übernommen. Nicht sehr nett von ihnen.«
    Deryn blinzelte durch den Feldstecher. Das Meer um die Kaiserin Elisabeth wirkte nun aufgewühlt, als wolle das Wasser zu kochen anfangen. Die Kappa schwammen dicht unter der Oberfläche, wie Delfine, die auf den Wellen ritten.
    Mit fernem Donnergrollen eröffneten die kleinen Deckgeschütze der Kaiserin das Feuer und die Salven verwandelten das Wasser in weißen Schaum. An der Reling standen österreichische Soldaten, spähten in die Tiefe und befestigten die Bajonette an den Gewehren.
    Plötzlich war Deryn froh, sich an Bord eines Luftschiffs zu befinden und nicht dort unten.
    »Haben Sie das japanische U-Boot schon gesehen?«, fragte Newkirk.
    »Das werden wir wohl nicht zu Gesicht bekommen«, sagte Mr. Rigby. »Das Periskop ist vermutlich ausgefahren, ist aber zu klein. Alles, was wir sehen …«
    Er unterbrach sich, als eine Welle über das Wasser lief wie ein Kräuseln in einer Teetasse.
    »Das ist das U-Boot«, sagte Mr. Rigby und nickte. »Wie die Eierköpfe vermutet haben, benutzen sie eine Unterwasserexplosion, um die Kappa zum Kampf anzustacheln.«
    Während Deryn zuschaute, stieg das erste Tierchen aus dem Wasser und kletterte an der Schiffsflanke hinauf. Es krabbelte mit Händen und Füßen und breitete die durch Schwimmhäute verbundenen Finger auf dem Metall aus. Der Kappa stieg auf der glatten Fläche so leicht hoch wie auf einer Leiter, und er fiel über die Männer an der Reling her, ehe die ihn richtig wahrgenommen hatten.
    Mit den langen Fingern packte er einen Seemann am Knöchel, und dann hörte man ein Dutzend Schüsse, als die Kameraden des Angegriffenen auf das Monster schossen. Das arme Tierchen zuckte in der Salve aus Blei, doch die Krallen lösten sich nicht von seinem Opfer. Schließlich fiel der Kappa tot ins Meer und zerrte den glücklosen Österreicher mit ins Wasser.
    Deryn packte den Feldstecher fester und beachtete Newkirk nicht, der darum bettelte, ihn ebenfalls zu bekommen.

    »Angriff der Kappa.«
    Inzwischen tauchten die Kappa zu Dutzenden auf. Ihre nasse grüne Haut glänzte im Sonnenschein. Einige größere schossen aus dem Wasser und flogen in hohem Bogen durch die Luft, um dann in einer Gischtwolke auf die österreichischen Soldaten niederzugehen.
    Von den aufblitzenden Kanonen der Verteidiger stieg ein Schleier aus Rauch auf und erzeugte eine dünne Barriere. Weitere Seeleute wurden ins Meer gezerrt, und einige Kappa durchbrachen ihre Reihen und sprangen über das Deck. Bald waren die breiten Fenster der Brücke zerschmettert, und als die Tierchen hindurchhüpften, sah Deryn, wie im Inneren Entermesser gezogen wurden.
    Ihr Magen drehte sich um, und nun reichte sie den Feldstecher Newkirk und fragte sich, warum sie so lange zugeschaut hatte. Stets war es so in der Schlacht: Aufregung und Faszination verwandelten sich in Entsetzen, wenn das Blutvergießen losging.
    Und dies war nicht einmal ein richtiges Gefecht, nur die Vernichtung eines hoffnungslos unterlegenen Feindes.
    »Wenden die etwa?«, rief Mr. Rigby und zeigte über das Wasser zu den Zeppelinen.
    Newkirk hob das Fernglas ein wenig. »Aye, die wenden. Und wenn man den Motorenrauch betrachtet, haben sie offensichtlich Rückenwind.«
    »Natürlich«, sagte Deryn und fluchte. »Die haben auf

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