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Gomorrha: Reise in das Reich der Camorra

Gomorrha: Reise in das Reich der Camorra

Titel: Gomorrha: Reise in das Reich der Camorra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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Stadt Klatschgeschichten in Umlauf zu bringen. Im Land der Camorra tuschelt man gern über die sexuellen Vorlieben der Bosse, über die Orgien der Capizona, die lasterhaften Töchter der Clanmanager. Aber im allgemeinen nehmen die Bosse das hin, sie haben nun wirklich andere Sorgen, und schließlich wird über die Mächtigen dieser Welt einfach gern geklatscht und getratscht, fertig. Gigiotto jedenfalls erzählte überall herum, die Frau des Bosses habe ein Verhältnis mit dessen engem Vertrauten, er habe es selbst gesehen. Sie sei sogar vom Fahrer ihres Mannes zu den Rendezvous chauffiert worden. Die Nummer eins des La-Torre-Clans, der Mann, der alles beherrschte und kontrollierte, hatte eine Frau, die ihm Hörner aufsetzte, und er merkte es nicht einmal. Gigiotto erzählte immer neue Varianten und schmückte sie mit immer neuen Details. Ob wahr oder nicht, die Geschichte von dieser Affäre machte bald in der ganzen Stadt die Runde, und man versäumte es nicht, die Quelle anzugeben: Gigiotto. Eines Tages war Gigiotto zu Fuß im Zentrum von Mondragone unterwegs, als er hinter sich ein Motorrad herankommen hörte. Als das Tempo gedrosselt wurde, rannte Gigiotto los. Zwei Schüsse wurden abgegeben, aber Gigiotto lief im Zickzack zwischen den Laternenpfählen und den Passanten, und der Killer auf dem Rücksitz des Motorrads hatte bald sein ganzes Magazin verschossen, ohne ihn zu treffen. Der Fahrer mußte absteigen und Gigiotto nachrennen, der sich in eine Bar geflüchtet hatte und versuchte, sich hinter dem Tresen zu verstecken. Der Mann zückte seine Pistole und schoß ihn in den Kopf, vor den Augen zahlreicher Gäste, die nach dem Mord schweigend aufstanden und zügig verschwanden. Den Ermittlungen zufolge war es Giuseppe Fragnoli, der Vize des Bosses, der den Befehl gegeben hatte, Gigiotto aus dem Weg zu räumen. Er fragte den Boss nicht einmal um Erlaubnis, sondern beschloß eigenmächtig, dem Mann, der das Image des Bosses derart besudelt hatte, für immer das Maul zu stopfen.
    Nach Augustos Vorstellungen sollte Mondragone mit seinem Hinterland, der Küste und dem Meer eine unternehmerische Werkstatt sein, ein Laboratorium im Dienst seiner Person und der mit ihm verbündeten Unternehmer. Ein Territorium, dem man Material entnehmen konnte, das man in den Finanzkreislauf der eigenen Firmen einspeiste. In Mondragone und an der Costa Domizia war Drogenhandel strengstens verboten. Oberster Befehl, den die casertanischen Bosse an ihre Untergebenen weiterreichten und der für jedermann bindend war. Dahinter stand auch ein moralisches Motiv, der Wunsch, die Mitbürger vor Heroin und Kokain zu schützen. Vor allem aber wollte man verhindern, daß sich die Handlanger des Clans im Windschatten der Macht durch Drogengeschäfte bereicherten, finanziell stark wurden und sich den Clanchefs entgegenstellten. Die Drogen, die das Mondragone-Kartell über Holland importierte und nach Latium und Rom weiterverkaufte, waren in Mondragone also strikt verboten. Man mußte sich ins Auto setzen und nach Rom fahren, um sich Haschisch, Kokain oder Heroin zu besorgen, das die Clans aus Neapel, Casale und Mondragone in die Hauptstadt schleusten. Wie die Katze, die ihrem eigenen Schwanz hinterherläuft. Der Clan gründete den GAD oder Gruppo Antidroga, der sich als eine Art Drogenpolizei verstand. Wenn sie jemanden erwischten, der einen Joint rauchte, brachen sie ihm das Nasenbein. Wenn eine Ehefrau ein Tütchen Koks entdeckte, brauchte sie es nur jemandem vom GAD zu stecken, und schon wurde der Gatte mit Faustschlägen und Fußtritten ins Gesicht so traktiert, daß ihm die Lust verging, eine Linie reinzuziehen; er bekam nicht einmal mehr Benzin an der Tankstelle, um nach Rom zu fahren.
    Der junge Ägypter Hassa Fakhry mußte seine Heroinabhängigkeit teuer bezahlen. Er hütete Schweine, die schwarzen Schweine aus Caserta, eine seltene Rasse. Sie sind dunkler als Büffel, kurzbeinig und behaart, fettschwabbelnde Ziehharmonikas, aus denen man magere Würste, würzige Salamis und schmackhafte Koteletts macht. Schweinehirt ist ein knochenharter Job. Man muß ständig ausmisten, man muß die Ferkel mit dem Kopf nach unten schlachten und das Blut in einer Schüssel auffangen. In Ägypten war Hassa Fahrer gewesen, aber er stammte aus einer Bauernfamilie und wußte, wie man mit Tieren umgeht. Aber nicht gerade mit Schweinen. Er war Muslim, daher widerten ihn Schweine doppelt an. Aber Schweine zu hüten war immer noch besser, als den lieben langen Tag

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