GOR-Zyklus 01 - Gor - die Gegenerde
Stamm fest, paddelte in dem flachen Wasser über dem Treibsand dahin und griff immer wieder in die grünliche Brühe.
Endlich berührten meine Finger etwas – das Handg e lenk des Mädchens –, und ich zog sie lan g sam aus dem Sand. Mein Herz machte einen Fre u densprung, als ich ihr Wimmern hörte, als ihre Lungen die feuchte, belebende Luft ansaugten. Ich schob den Stamm zurück, nahm das Mädchen auf und trug sie zu einer grasbewachsenen f e sten Landzunge am Rande des Sumpfes.
Ich setzte sie im Gras ab. Etwa hundert Meter weiter begann ein gelbes Sa-Tarna-Feld und ein buntes Dickicht aus Ka-la-na-Bäumen. Erschöpft ließ ich mich neben dem Mädchen nieder und lächelte vor mich hin. Die sto l ze Tochter des Ubar in all ihren Festgewändern stank zum Himmel nach Sumpf und Angstschweiß.
»Du hast mir wieder das Leben gerettet«, sagte die Tochter des Ubar.
Ich nickte.
»Sind wir jetzt aus dem Sumpf heraus?« fragte sie.
Ich nickte erneut.
Das schien ihr zu gefallen. Mit einer Bewegung, die so gar nicht zu ihrer feierlichen Aufmachung paßte, legte sie sich zurück und schaute zum Himmel auf. Zweifellos war sie ebenso abgespannt wie ich. Außerdem war sie ein Mädchen. Ich spürte Mi t leid.
»Bitte«, sagte sie.
»Was möchtest du?« fragte ich.
»Ich habe Hunger«, sagte sie.
»Ich auch«, lachte ich. »Dort drüben sind Ka-la-na-Bäume. Warte hier; ich hole einige Früchte.«
»Nein, ich komme mit – wenn du gestattest«, sa g te sie.
Die plötzliche Unterwürfigkeit überraschte mich, doch ich dachte an ihre Gesten im Sumpf.
»Aber natürlich freue ich mich über deine Gesel l schaft.«
Ich nahm ihren Arm, doch sie wich zurück. »Da ich mich unterworfen habe«, sagte sie, »muß ich dir folgen.«
»Das ist Unsinn«, sagte ich. »Geh neben mir.«
Aber sie senkte scheu den Kopf. »Das ist nicht gesta t tet.«
»Wie du willst«, sagte ich lachend und setzte mich in Bewegung. Sie folgte mir eingeschüchtert, wie ich mei n te.
Wir hatten die Ka-la-na-Bäume fast erreicht, als ich das leichte Rascheln von Brokat hinter mir ve r nahm. Ich wandte mich um – gerade noch rechtze i tig! Mit hastiger Bewegung vermochte ich ihre Hand zu ergreifen, die e i nen langen, schmalen Dolch umklammert hielt. Sie brül l te wütend auf, als ich ihr die Waffe abnahm.
»Du Tier!« schrie ich aufgebracht. »Du schmutziges, stinkendes, undankbares Tier!«
Ich fühlte mich versucht, ihr den langen Dolch in die Brust zu stoßen. Wütend steckte ich ihn schließlich in meinen Gürtel.
»Du hast dich unterworfen«, sagte ich.
Trotz meines festen Griffes, der schmerzhaft sein mu ß te, richtete sich Marlenus' Tochter vor mir auf und sagte arrogant: »Du Tharlarion! Glaubst du e t wa, daß sich die Tochter des Ubar von ganz Gor einem wie dir unterwe r fen würde?«
Grausam drückte ich sie auf die Knie nieder – das schmutzige, stolze Mädchen.
»Du hast dich unterworfen«, sagte ich.
Sie verfluchte mich, und in ihren grünen Augen funke l te der Haß. »So behandelst du also die Toc h ter eines Ubar?« schrie sie.
»Ich will dir zeigen, wie ich mit dem heimtückischsten Mädchen auf ganz Gor umgehe!« rief ich und ließ sie los. Mit beiden Händen riß ich ihr den Schleier vom Gesicht, griff in ihr Haar und zerrte sie wie ein gewöhnliches T a vernenmädchen oder eine Lagerhure hinter mir her in den Schatten der Ka-la-na-Bäume. Eine herrliche Kask a de schwarzen Haares löste sich, dunkel wie die Flügel meines Tarn. Eine herrliche olivgetönte Haut umgab die grünen Augen, ihr Gesicht schimmerte atemberaubend schön. Ihr Mund war wütend verzogen. »Es macht mir Freude«, sagte ich, »das Gesicht meines Feindes zu s e hen.«
Ich ließ sie in das Gras sinken, und unglaublic h erweise verflog meine Wut. Aufgebracht hatte ich sie in den Schatten der Bäume gezerrt – nach allen Lebensregeln dieser Welt gehörte sie mir. Doch wieder sah ich sie als Mädchen, als eine Schönheit, die nicht mißbraucht we r den durfte.
»Du verstehst natürlich«, sagte ich, »daß ich dir nicht mehr trauen kann.«
»Natürlich nicht«, sagte sie. »Ich bin dein Feind. Und ich habe keine Angst vor dem Tod.«
»Zieh dich aus«, sagte ich.
»Nein!« schrie sie und wich zurück. Sie erhob sich vor mir auf die Knie, legte den Kopf auf meine Füße. »Die Tochter eines Ubar bittet dich aus ganzem Herzen – schlag nur mit der Klinge zu, schnell.«
Ich lachte aus vollem Halse. Die Tochter des Ubar ha t te Angst, daß ich sie
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