GOR-Zyklus 05 - Die Meuchelmörder von Gor
lachte. »So wird es den Zuschauern erscheinen. In Wirklichkeit sind die Helme der anderen durchsichtig. Sie können dich also sehen, ohne daß du sie erkennst.«
»Zweifellos wird sich Cernus an dem Spektakel ergötzen«, sagte ich.
»Nein, der ist heute in seiner Loge bei den Tarnrennen«, sagte Vancius.
Ich lächelte unter meinem Helm. »Cernus ist sicher beunruhigt, daß die Gelben in diesem Jahr seine bevorzugte Mannschaft so oft besiegt haben.«
»Das ist ein Irrtum«, sagte Vancius. »Er unterstützt in Wirklichkeit die Gelben.«
Ich schüttelte verständnislos den Kopf. »Wie ist das möglich?«
»Ein kluger Schachzug«, sagte Vancius lachend. »Die Tatsache, daß Cernus offen die Grünen fördert, beeinflußt natürlich viele Bürger bei ihren Wetten; wenn man es aber einmal langfristig sieht, dann haben die Gelben weitaus mehr Rennen gewonnen und vor allen Dingen jene, bei denen die Wettchancen besser standen.« Vancius lachte. »Indem er also insgeheim auf die Gelben setzte, die er kontrolliert, hat Cernus bei den Rennen ein großes Vermögen gewonnen. Menicius aus Port Kar von den Gelben, der größte Tarnreiter, reitet für Cernus.«
»Cernus ist ein schlauer Mann«, sagte ich. »Aber wenn nun die Rennanhänger erfahren, daß er in Wirklichkeit für die Gelben ist?«
»Sie werden es nicht erfahren.«
»Die Stählernen bedrohen aber die Position der Gelben«, sagte ich.
»Das große Rennen, das Ubar-Rennen, werden sie nicht gewinnen.«
Das Ubar-Rennen ist das letzte und wichtigste Rennen des Liebesfestes.
»Warum nicht?« fragte ich.
»Menicius aus Port Kar reitet für die Gelben«, sagte Vancius. »Er hat den Befehl, den Wettstreit zu gewinnen, auch wenn er dafür töten muß.«
Ich schwieg einen Augenblick und fragte dann: »Was ist mit Gladius aus Cos?«
»Wir haben in den Tavernen der Stadt bekanntgegeben, daß Gladius aus Cos sterben muß, wenn er es wagt, gegen Menicius anzutreten. Ich glaube nicht, daß er heute im Tarnstadion erscheint.«
»Wer ist Gladius aus Cos?« fragte ich.
»Ich weiß es nicht«, sagte Vancius.
Ich lächelte unter meinem Helm. Dieses Geheimnis war wenigstens gewahrt geblieben. Andererseits ärgerte mich die Situation, denn wenn ich heute nachmittag das Rennen nicht mitmachte, würde es nur wenige in Ar geben, die nicht der Meinung waren, ich wäre feige gewesen.
Wieder brüllte die Menge über uns.
»Murmilius!« rief Vancius. »Was für ein Mann. Das ist heute sein fünfter Gegner!«
Eine Fanfare erklang.
»Es ist bald soweit.«
Schritte kamen näher, ein Mädchen sagte etwas, ein zweites antwortete.
»Ihr könnt hier nicht herein!« rief ein Wächter.
»Ich muß Vancius sprechen!« rief ein Mädchen. »Meinen geliebten Vancius!«
»Was ist los?« fragte Vancius. Ich hörte Schritte näher kommen.
»Vancius!« rief ein Mädchen. Ihre Stimme kam mir irgendwie bekannt vor.
Offensichtlich warf sich das Mädchen dem Krieger an den Hals. Ich verstand ihre Worte nicht deutlich, seine Gegenfragen, ihr leidenschaftliches Gemurmel. »Vancius, ich gehöre dir!« hörte ich schließlich.
Dann ertönte ein dumpfer Laut, als sei jemand niedergeschlagen worden.
»Jetzt, Vancius«, sagte das Mädchen, »gehörst du mir!«
Ich versuchte, mir mit den gefesselten Händen den Helm vom Kopf zu zerren, doch es gelang mir nicht.
»Bindet Vancius mit dem anderen Wächter zusammen«, sagte das Mädchen.
Im nächsten Augenblick spürte ich, wie sich eine Männerhand an meinem Helm zu schaffen machte. Der Schlüssel bewegte sich im Loch. Dann wurde der Helm abgehoben.
»Ho-Tu!« rief ich.
»Still«, sagte der Oberaufseher. »Cernus hat noch andere Leute hier.«
»Mir wurde gesagt, du seist nach Tor gefahren, um Sklaven zu kaufen!« sagte ich.
»Das wäre wohl kaum die rechte Zeit dazu«, sagte Ho-Tu lächelnd.
»Was machst du hier?« fragte ich. »Du bist in Lebensgefahr!«
»Wir sind alle in Gefahr.«
Ich blickte ihm über die Schulter und sah ein langbeiniges schwarzhaariges Mädchen, das die Hände in die Hüften gestemmt hatte und mich verblüfft anstarrte.
»Du!« sagte sie lachend.
Sie war die Anführerin der Mädchen aus der Straße der Töpfe.
»Was macht ihr denn hier?« fragte ich.
»Heute ist der Tag«, sagte sie, »da Ar frei oder versklavt sein wird!«
»Ich verstehe das nicht«, sagte ich.
Als wieder eine Fanfare ertönte, wurde Ho-Tu nervös. »Wir haben keine Zeit mehr! Bringt den anderen Helm!«
Ein Mädchen reichte Ho-Tu einen Helm,
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