GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
in einem Beiboot zum größten Rundschiff der Flotte, das von gefangenen Offizieren der Schatzflo t te gerudert wird, und kettet sie dort im Ruderdeck fest.« Ich sah Vivina an. »Ich nehme an, die Unterkunft wird dir gefallen.«
Das Mädchen hatte sich aufgerichtet. Wie eine Ubara machte sie kehrt und folgte dem Seemann, der sie begle i ten sollte.
Im Augenblick des Einzugs in Port Kar musterte ich sie nun von der Seite. Sie wandte den Kopf und sah mich gequält an. »Was hast du mit mir vor?« fragte sie.
»Wenn die Schätze überprüft, berechnet und aufgeteilt sind, was etwa vier oder fünf Wochen in Anspruch ne h men dürfte«, sagte ich, »wirst du mit deinen Mädchen in Sklavenketten vor den Rat der Kapitäne gebracht, wo zugleich Muster aus dem Schatz gezeigt und Abrechnung über die Beute gehalten wird.«
»Wir sind also Kriegsbeute?« fragte sie.
»Ja.«
»Wie es scheint, hast du nun einen vollen Monat des Triumphs vor dir«, sagte sie kühl. »Was tust du, wenn wir vor dem Rat der Kapitäne gestanden haben?«
»Das wirst du dann schon sehen.«
»Ich verstehe«, sagte sie und blickte wieder nach vorn.
Weitere Blumen regneten herab, und das Jubelgeschrei nahm kein Ende.
Bestimmt hatte es in der Geschichte dieser Stadt ke i nen größeren Triumphzug gegeben, dabei wußte ich, daß dies nur der Anfang war. Der Höhepunkt war in vier oder fünf Wochen zu erwarten, wenn die Kriegsbeute dem Rat vorgeführt wurde und ich die höchste Auszeichnung der Stadt erhielt, den Titel »Würdiger Kapitän.«
»Heil Port Kar!« rief ich der Menge zu.
»Heil Port Kar!« erschallte die Antwort. »Und Heil Bosk, Admiral von Port Kar!«
»Heil Bosk!« riefen die Männer meines Hauses. »Heil Bosk, Admiral von Port Kar!«
Fünf Wochen waren seit meinem triumphalen Einzug in die Stadt vergangen.
An diesem Nachmittag hatte die formelle Präsentation der Beute im Saal des Kapitänsrats stattgefunden.
Ich stand auf und erwiderte die begeisterten Rufe me i ner Leute, indem ich meinen Pagakelch hob.
Kelche stießen klingend zusammen, und wir tranken.
Fünf Wochen der Vergnügungen, Feiern, Bankette und Ehrenbezeigungen lagen hinter mir. Der Wert der erbeuteten Schätze übertraf unsere höchsten Erwartu n gen, lag über den optimistischsten Berechnungen unserer gierigsten Schreiber. Heute nachmittag nun hatte mein Ruhm im Saal des Kapitänsrats seinen Höhepunkt erlebt – in der formellen Präsentation und Abschätzung des Sieges und der Beute, und in der Anerkennung des Rats für meine Taten.
Noch jetzt, Stunden später, trug ich bei meiner priv a ten Feier um den Hals das breite scharlachrote Band mit dem Goldmedaillon, auf dem ein Tarnschiff mit Dre i eckssegel abgebildet war und dazu die Initialen des Kap i tänsrats von Port Kar.
Ich stürzte meinen Paga hinunter.
Ich war wahrlich ein verdienter Kapitän der Stadt.
Ich lächelte. Während die Ladung der Rundschiffe g e löscht, taxiert und registriert wurde, hatten sich Hunderte von Männern, von denen mir die meisten unbekannt w a ren, um Geschäftsbeziehungen beworben. Ich hatte Du t zende von Partnerschaftsangeboten erhalten – an spek u lativen und kommerziellen Unternehmungen. Unzählige Männer hatten vorgesprochen, um ihre Pläne, Vorschläge und Ideen zu verkaufen. Meine Wachen hatten auch den verrückten halbblinden Schiffsbauer Tersites fortg e schickt, der seine fantastischen Vorschläge zur Verbess e rung der Tarnschiffe auch bei mir loswerden wollte – als könnten so schöne, schnelle und kampfstarke Schiffe noch verbessert werden!
Während ich auf dem Meer dem Beruf des Piraten nachgegangen war, hatte sich die Position des Rats in der Stadt in militärischer und politischer Hinsicht weiter g e festigt. Zum einen war die Aufstellung der Ratswache mit ihrer auffälligen Uniform abgeschlossen worden, als Streitmacht des Rats und als Polizei der Stadt. Die Ars e nalwache dagegen blieb eine separate Einheit, die sich um das Arsenal kümmerte und innerhalb seiner Grenzen die Polizeigewalt ausübte. Zum anderen hatten sich die vier Ubars Chung, Eteocles, Nigel und Sullius Maximus, deren Macht bei dem erfolglosen Staatsstreich des He n rius Sevarius sehr beschnitten worden war, in ihr Schic k sal gefügt und offenbar die Vormacht des Rats in der Stadt anerkannt. Jedenfalls gab es jetzt zum erstenmal seit vielen Jahren einen einzigen effektiven Herrscher in Port Kar – den Rat. Dementsprechend war sein Wort G e setz. Eine ähnliche
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