GOR-Zyklus 10 - Die Stammeskrieger von Gor
kannst dich freuen, daß jetzt im Frühling der Wind nicht von Westen geweht hat.« Und er wandte sich an Alyena. »Mach uns Tee.«
»Jawohl, Herr.«
Zwei Tage später hatte es zu regnen begonnen.
Zuerst hatte ich die dunklen Wolken willkommen g e heißen und meinen Burnus zurückgestreift, damit mir der kräftige Regen das Gesicht benetzte. In wenigen Ehn fiel die Temperatur um etwa dreißig Grad. Auch Alyena fre u te sich zuerst. Die Taharibewohner jedoch suchten auf dem kürzesten Wege höheren Grund auf. In der T a hari gibt es wenig Regenerosion, was zur Folge hat, daß für den Transport von Wasser nur wenige natürliche A b flüsse zur Verfügung stehen. Wenn Regen fällt, dann oft in großen Mengen; die Folgen im flachen Land, im l o ckeren Sand, sind leicht vorstellbar. Schon wenige Min u ten nach Einsetzen des Regens mußten wir absteigen, um unsere verängstigten Kaiila auf höhergelegenes Gebiet zu führen. Die Tiere sanken bis zu den Knien in den Schlamm ein; sie mühten sich mit rollenden Augen ab, und wir mußten mit zugreifen, damit wir überhaupt we i terkamen. Schließlich fanden wir Schutz am Fuß einer Felsformation.
Hassan setzte Alyena, die er auf den Schultern getr a gen hatte, neben sich ab.
»Dies ist erst der vierte Regen in meinem Leben«, sa g te er.
»Herrlich!« rief Alyena.
»Kann man in diesem Schlamm ertrinken?« wollte ich wissen.
»Das ist unwahrscheinlich«, sagte Hassan. »Der Schlamm ist nicht so tief, daß ein Mensch darin versi n ken müßte. Kleine Tiere schwimmen förmlich in der Masse. Die Hauptgefahr besteht darin, daß eine Kaiila sich zu sehr anstrengt, das Gleichgewicht verliert und sich die Beine bricht.« Ich stellte fest, daß Hassans Mä n ner ihren Reittieren Decken über die Köpfe gelegt hatten, damit sie von dem Unwetter nichts mitbekamen, damit sie nicht vom Regen benetzt wurden, der ein unbekanntes Phänomen für sie war und sie in Panik versetzen konnte. »Man muß es natürlich vermeiden«, fuhr Hassan fort, »sein Lager in einem ausgetrockneten Wasserlauf aufz u schlagen. Ein Unwetter, von dem man vielleicht gar nichts weiß, weil es viele Pasang entfernt niedergeht, kann so ein Flußbett urplötzlich füllen, und die Flutwelle kann das ganze Lager zerstören und die Lagernden in Lebensgefahr bringen.«
»Gibt es bei solchen Unfällen oft Tote?«
»Nein«, sagte Hassan. »Die Angehörigen der Tahari lagern nicht an solchen Orten. Wer aber so töricht ist, kann sich meistens retten – durch Schwimmen.«
Viele Taharibewohner können interessanterweise schwimmen. Die Nomadenjungen lernen es im Frühling, wenn die Wasserlöcher voll sind. Den Bewohnern der größeren Oasen stehen Badeanlagen zur Verfügung. U n ter einem ›Bad‹ versteht man in der Tahari weniger eine kleine Wanne als eine Mischung aus Reinigung und Schwimmsport, einen genußvollen Aufenthalt im Wa s ser, dem gewöhnlich eine Behandlung mit Öl und ein angenehmes Trockenrubbeln folgt. Eine der Freuden in größeren Oasen ist die Badegelegenheit. In der Oase der Neun Brunnen gibt es zum Beispiel zwei öffentliche B a deanstalten.
Innerhalb einer Ahn nach dem Ende des Regens brannte die Sonne wieder gnadenlos vom Himmel, der Boden war wieder begehbar, das Wasser verlor sich im Sand. Den Tieren wurden die Hauben abgenommen, und wir stiegen auf und setzten unsere Suche fort.
Einen Tag später tauchten die Fliegen auf. Zuerst hielt ich den Schwarm für ein neues Unwetter – aber das war ein Irrtum. Etwa vier Ehn lang war die Sonne von gewa l tigen Insektenwolken verdunkelt. Wie ein trockener R e gen umschwirrten uns die winzigen Tiere. Ich spuckte sie aus, ich hörte Alyena schreien. Die Hauptschwärme w a ren schnell vorbei, und obwohl wir nur den Rand des I n sektenzuges mitbekamen, krochen viele tausend schwa r ze Punkte über unsere Kleidung und über das Fell der Kaiila. Kurz darauf kamen zwitschernd und flatternd die Zadits. Wir stiegen ab, führten die Kaiila an den Zügeln und überließen es den Vögeln, die Reittiere nach Inse k ten abzusuchen. Die Zadits blieben gut zwei Tage bei uns, ehe sie wieder verschwanden.
Und heiß brannte die Sonne vom Himmel. Trotzdem wünschte ich mir nicht, daß der Regen so bald zurüc k kehrte.
Hassan wandte sich an einen anderen Nomaden, dem wir uns genähert hatten. »Wo, mein Freund, finden wir den Stahlturm?«
»Stahlturm? Davon habe ich noch nie gehört«, sagte der Mann vorsichtig. »In der Tahari gibt es doch keine
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