GOR-Zyklus 10 - Die Stammeskrieger von Gor
Brunnen«, sa g te ich.
»Auch ich nehme nicht an, daß wir in Gefahr schw e ben«, meinte Hassan.
Nach Art einer Karawane ritten wir hintereinander in die Oase ein. Alyena ritt als vorletzte in der Kolonne; e i ner von Hassans Männern folgte ihr, der Schlußwäc h ter, der die Landschaft hinter der Karawane im Auge b e halten und darauf achten muß, daß keine Sklavinnen en t fliehen.
Die Oase vor uns hatte ihren Namen nach der Schlacht am Roten Felsen, bei dem es sich um einen Vorsprung aus rötlichem Sandstein hinter der Oase handelt. Die Felsformation diente dem Kommandanten der Aretai, Hammaran, als Aussichtspunkt. Von diesem Felsen aus schickte er im entscheidenden Stadium der Schlacht se i ne sorgfältig geschulte Kavallerie und seine Leibwächter in den Kampf und führte damit die Entscheidung zu se i nen Gunsten herbei. Der Tashid-Kommandant jener T a ge, Ba'Arub, starb auf der Sandsteinhöhe bei dem Ve r such, Hammaran zu töten. Es heißt, er sei bis auf zehn Meter an sein Ziel herangekommen. Außerdem wird b e hauptet, daß er hätte siegen können, wenn er nur lange genug in seiner Kasbah ausgehalten hätte, denn Hamm a ran hätte sich nach einer gewissen Zeit zurückziehen müssen. Es ist schwierig, in der Tahari eine langwierige Belagerung durchzuhalten. Bei den Belagerern werden die Nahrungsmittel schnell knapp, während die Vorräte einer Kasbah für längere Zeit berechnet sind. Die Nac h schublinien sind lang und lassen sich kaum verteidigen. Hätte Ba'Arub die Brunnen außerhalb der Kasbah zerst ö ren lassen, hätte Hammaran innerhalb von vierundzwa n zig Stunden abrücken müssen, wobei er vermutlich auf dem Rückmarsch den größten Teil seiner Männer verl o ren hätte. Aber da er ein Abkömmling der Tahari war, wollte sich Ba'Arub den Überlieferungen zufolge auf eine solche Handlungsweise nicht einlassen. So wird nun von ihm berichtet, daß er vor seinem Tod bis auf zehn Meter an Hammaran herangekommen sei.
Die Oasenbewohner beobachteten uns ziemlich ne u gierig, wie es immer geschieht, wenn Fremde in eine O a se kommen, doch ihr Verhalten verriet keine Nervosität oder Feindseligkeit. Von Auseinandersetzungen und Ü berfällen schien man hier noch wenig zu wissen.
Ein Kind lief neben dem Steigbügel Hassans her. »Du hast keine Glocken an deiner Kaiila!« rief der Junge.
»Räuber haben sie uns gestohlen«, erwiderte Hassan. Das Kind lachte und rannte davon.
»Wir suchen uns eine Schänke«, sagte Hassan.
Die Schlacht am Roten Felsen fand vor gut siebzig Jahren statt, im Jahre 10 051 C.A., im sechsten Jahr der Herrschaft Ba'Arub Paschas. Seit dieser Zeit sind die Tashid ein Vasallenstamm der Aretai. Obwohl es gewisse äußere Tribute gibt, beispielsweise die Befreiung von Aretai-Kaufleuten von der Karawanensteuer, ist ein ve r bündeter Stamm in seinem Heimatgebiet fast völlig aut o nom; er verfügt über eigene Anführer, Magistrate, Ric h ter und Soldaten. Die Bindung liegt im wesentlichen auf dem militärischen Sektor. Durch Tahari-Eid, ausgespr o chen über Wasser und Salz, ist der Vasallenstamm ve r pflichtet, den siegreichen Stamm bei seinen Militärakti o nen zu unterstützen – mit Vorräten, Kaiila und Soldaten. So gesehen ist ein Vasallenstamm eine Militäreinheit, die dem siegreichen Stamm unterstellt ist – eine militärische Macht, die der Sieger vor weiteren Kämpfen seinen Streitkräften hinzurechnen kann: Eroberte Feinde werden auf diese Weise zu Teilen der eigenen Truppe, zu Ve r bündeten. Die Feinde von gestern verwandeln sich in die verschworenen Freunde von heute. Ich besitze keine n ä heren Informationen über die historischen Grundlagen dieser ungewöhnlichen gesellschaftlichen Einrichtung, doch sie führt in der Praxis zu einer Befriedung großer Teile der Tahari. So sind zum Beispiel kriegerische Au s einandersetzungen zwischen siegreichen Stämmen und rebellierenden Vasallenstämmen äußerst selten. Ein we i teres und vielleicht nicht ganz so positives Ergebnis ist der Umstand, daß sich die verschiedenen Stämme zu immer größeren militärischen Gruppierungen zusamme n finden. Kam es nun zwischen den führenden Stämmen zum Krieg, war nicht ausgeschlossen, daß das gesamte Wüstengebiet davon ergriffen wurde. Diese Gefahr sah ich im Augenblick, denn die Aretai und die Kavars waren die beiden mächtigsten Stämme in der Tahari. Natürlich sind nicht alle Stämme Vasallen oder Vasallenführer. Es gibt auch einige unabhängige Gruppen. Alles in allem
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