GOR-Zyklus 15 - Der Schurke von Gor
unsicher hoch. In seinen Augen loderte eine schreckliche Wut. »Du bemitleidest mich? Mich?«
»Ich weiß, daß du in Ungnade gefallen bist«, sagte ich, »daß dir das Rot genommen wurde. Es ist nicht deine Schuld. Ich werfe dir nichts vor.«
»Das Rot kann mir von niemandem genommen werden, wenn es erst einmal verliehen ist«, sagte er gepreßt. »Es sei denn, durch das Schwert.«
Er riß die Tunika auf, die er trug, und enthüllte darunter das scharlachrote Gewand, das in der Dunkelheit schwärzlich wirkte.
»Dies«, sagte er, »kann man mir nur mit dem Schwert entreißen. Wer das will, muß dazu erst einmal den Mut aufbringen.«
»Du bist am Ende«, sagte ich. »Trink.«
Bestürzt und ärgerlich blickte er auf die Flasche, die er in der rechten Hand hielt.
»Du hast den Namen des Kriegers vergessen«, fuhr ich fort, »der in Port Cos geboren wurde. Ihn gibt es nicht mehr. Trink!«
Nun nahm der Mann die Flasche in beide Hände und hob sie hoch. Lange Zeit starrte er sie an. Plötzlich wölbten sich seine Schultern vor, und er stöhnte schmerzvoll auf. Langsam und voller Pein richtete er seinen Körper auf. Er hob seinen Kopf den goreanischen Monden entgegen und äußerte einen gequälten, wilden Schrei, der durch die dunkle Gasse hallte. Was als Schmerzensschrei begann endete in einem Aufheulen des Zorns. Er drehte sich um und zerschmetterte mit abrupter Bewegung die Flasche an der Mauer hinter sich. Glassplitter trafen und verletzten ihn, der herumspritzende Paga benetzte sein Gewand.
»Ich erinnere mich an ihn«, sagte er.
»Wie hieß er?«
»Callimachus. Er hieß Callimachus und stammte aus Port Cos.«
»Ist er fort?« wollt ich wissen.
Mit abrupter Bewegung schmetterte der Mann beide Fäuste gegen die Mauer. »Nein«, sagte er mit schrecklichem Nachdruck. Blut lief über seine Hände, dunkle Ströme zwischen seinen Fingern.
»Wo ist er?«
Langsam drehte sich der Mann zu mir um. »Er ist hier«, antwortete er. »Ich bin dieser Mann.«
»Das freut mich zu hören.« Ich bückte mich, nahm die zu Boden gefallene Klinge auf und reichte sie ihm. »Dies«, sagte ich, »gehört dir.«
Er steckte das Schwert in die Scheide. Dann musterte er mich lange Zeit. »Du hast mir einen Dienst erwiesen«, sagte er. »Wie kann ich dir das vergelten?«
»Ich habe einen Plan«, sagte ich. »Lehre mich den Umgang mit dem Schwert.«
22
Verziert mit Glöckchen und anderem Schmuck, tanzte die nackte Sklavin auf den roten Kacheln der großen Halle.
Policrates, der neben mir an dem breiten, niedrigen Tisch saß, hielt nachdenklich die beiden Stücke des gelbbraunen Steins zusammen, die beiden Hälften des zerteilten Topases. Und wieder überraschte und beeindruckte es mich zu sehen, wie sich aus den bräunlichen Verfärbungen in den beiden Steinsplittern, sobald sie zusammengeführt wurden, die Umrisse einer Flußgaleere herausschälten. Kein Zweifel war möglich – es waren die beiden zusammengehörigen Hälften eines Steins.
»Faszinierend«, sagte Policrates. »Und wie geht es meinem Freund Ragnar Voskjard?«
»Gut«, antwortete ich, »und er läßt natürlich auch nach deinem Wohlergehen fragen.«
»Mir geht es ebenfalls gut«, sagte Policrates, »und du kannst ihm bei deiner Rückkehr versichern, daß ich begierig bin, unser gemeinsames Vorhaben in die Tat umzusetzen.«
»In zwanzig Tagen«, sagte ich, »stehen wir vor eurem Wassertor – diese Zeit benötigen wir für meine Rückkehr und die Ausrüstung unserer Schiffe.«
»Ausgezeichnet«, sagte Policrates.
»Wir werden dann nach Ar-Station vordringen, um die dortigen Vorräte einzukassieren und die Ar-Schiffe zu verbrennen. Anschließend werden wir Port Cos entsprechend heimsuchen. Sind diese beiden größten Häfen erst einmal lahmgelegt, gehört der Fluß mehr oder weniger uns.«
»Eine amüsante Vorstellung«, sagte Policrates, »daß die Animositäten zwischen Cos und Ar ein Zusammengehen ihrer Streitkräfte am Fluß verhindern.«
»Die Torheit unserer Gegner in dieser Hinsicht«, sagte ich, »müßte sich wesentlich zu unserem Vorteil auswirken.«
»Richtig!« rief Policrates lachend. »Darauf wollen wir trinken!«
Er hob seinen Kelch, und wir stießen an, dann beugte ich mich vor, langte mit meinem Kelch an Policrates vorbei und entbot meinen Gruß auch dem mürrischen Kliomenes, der rechts von Policrates saß. Dann tranken wir gleichzeitig. Kliomenes musterte mich aus zusammengekniffenen Augen.
Ich wandte mich ab und konzentrierte
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