GOR-Zyklus 23 - Die Verräter von Gor
sterben, damit ich auf sie spucken kann«, erwiderte er.
»Es hat nie ein Entsatzheer gegeben«, sagte ich.
»Laß uns weitergehen«, sagte Caledonius. »Ich höre schon die Verfolger.«
»Und ich höre Frauen und Kinder«, sagte der Adjutant.
»Es ist eine Schande, vor ihren Augen zu sterben«, sagte Aemilianus. »Laßt mich hier, damit ich unsere Verfolger aufhalte, solange ich noch ein Schwert halten kann.«
»Bringt ihn mit«, befahl ich und ging auf das Tor zu.
»Und wer bist du?« fragte Caledonius.
»Jemand, der an diesem Nachmittag klarer denkt als andere.«
»Und warum sollte ausgerechnet dir das gelingen?«
»Vielleicht habe ich mehr zu essen bekommen«, erwiderte ich.
18
»Hauptmann, ich grüße dich!« rief der junge Armbrustschütze, der neben dem Tor zum Kai stand. Von dort führte eine geländerlose Brücke, die etwa zweihundert Meter Wasser überspannte, zu einer langen Pier mit Dutzenden von Anlegeplätzen. Jenseits des Hafens und des Walls aus aneinandergeketteten Flößen, der die Ausfahrt blockierte, schwammen fünf cosische Kriegsschiffe. Ausgebrannte Schiffswracks zerrten an ihren Ankern, an einigen Stellen ragten Mastspitzen aus dem Wasser.
»Hauptmann!« rief auch sein Freund.
»Hauptmann!« riefen andere der Männer, die auf der Mauer gekämpft hatten.
Auf der Kaimauer drängten sich Frauen und Kinder. Viele waren bereits zur Pier unterwegs.
»Kommandant, wir grüßen dich!« riefen die Männer, als sie Aemilianus bei uns entdeckten.
»Warum nennen sie dich Hauptmann?« wollte Aemilianus wissen.
»Er hat die Mauer befehligt«, rief ein Soldat. Ich erkannte sein Gesicht wieder; auch er hatte an der Brustwehr gekämpft.
»Du warst derjenige, der die Mauer solange gehalten hat?« fragte Aemilianus.
»Ich und ein paar Hundert deiner tapferen Männer wie diese hier«, erwiderte ich und zeigte auf die jungen Burschen an meiner Seite.
»Die Cosianer stehen auf der Innenmauer«, meldete ein Soldat.
Ich sah hoch. Da waren sie, auf der Mauer, die sich genau oberhalb des Kais befand. Einige hatten die Helme abgenommen und hielten die Köpfe in den Wind, der dort oben heftiger wehte.
»Sie können in die Menge schießen«, sagte ein Soldat.
»Aber sie haben es nicht getan«, sagte ein anderer.
»Sie warten auf den Kommandanten«, sagte ein dritter Mann.
»Mich bringt keiner in einem Käfig nach Cos, nackt und in Ketten«, sagte Aemilianus zu seinem Adjutanten, der ihn stützte. »Surilius, wenn das Ende gekommen ist, dann weißt du, was du zu tun hast.«
»Wie du wünschst, Kommandant«, erwiderte Surilius mit belegter Stimme.
»Wie viele Leute haben sich hier eigentlich versammelt?« fragte ich einen der Umstehenden. Die Kaimauer war wie der lange Pier voller Frauen und Kinder.
»Wer weiß das schon?« erhielt ich zur Antwort. »Meiner Meinung nach müssen das zweitausend oder dreitausend Frauen und Kinder sein, und vielleicht fünfhundert Männer. Ich weiß es nicht.«
»Von der gesamten Bevölkerung von Ar-Station?«
»Viele sind schon vor Monaten geflohen. Die ersten, als bekannt wurde, daß die Cosianer in Brundisium gelandet sind, die nächsten, als es Gerüchte gab, sie würden auf Ar-Station zumarschieren. Viele sind entkommen, bevor sich der Belagerungsring schloß. Die nächsten Flüchtlinge haben sich den Weg freigekauft, das war zu Anfang noch möglich, bevor die Cosianer diese hohen Verluste erlitten.«
»Gut und schön, aber als sich der Belagerungsring schloß, müssen sich doch Tausende von Menschen in der Stadt aufgehalten haben.«
»Das stimmt«, sagte der Mann verbittert.
»Und das hier ist alles, was davon übrig blieb?«
»Es hat Desertionen gegeben.«
»Trotzdem.«
»Etliche sind an Hunger oder Krankheit gestorben«, sagte er. »Und viele sind im Feuer umgekommen.«
Ich sah ihn an.
»Viele haben es nicht mehr bis zur Zitadelle geschafft. Zahlreiche Straßen, sogar ganze Bezirke, waren abgeschnitten.«
»Ich verstehe.«
»Warum ist die Verstärkung aus Ar nicht eingetroffen?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete ich, obwohl ich es zu wissen glaubte.
»Man sagt, die Cosianer hätten in der Stadt Massaker verübt.«
»Das ist schon möglich«, erwiderte ich.
»Sie sind mit Wagen voller Beute vor der Zitadellenmauer vorbeimarschiert und mit unseren Frauen, die alle entkleidet und wie Sklavinnen gefesselt waren.«
Ich nickte. Natürlich hatte ich das in der Zelle nicht sehen können, aber es bestand kein Zweifel, daß es die Wahrheit
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