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Gordon

Gordon

Titel: Gordon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Templeton
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Ihnen schon mal aufgefallen, dass solche Lokale etwas Klerikales an sich haben? Die bunten Glasfenster. Und die Bänke erinnern an Kirchenstühle. Und die Bar an den Altar.«
    »Ja«, sagte ich, »jetzt, wo Sie es sagen, sehe ich es auch. Aber es ist mir vorher noch nie aufgefallen.«
    »Und mir ist vorher noch nie aufgefallen«, sagte er, »dass Sie eine solche Angst davor haben, schwanger zu werden«, und er sah mich mit einem amüsierten Lächeln an.
    In dieser Nacht verließ er mich nicht, um seinen Morgenrock anzuziehen. Er blieb im Bett neben mir liegen.
    »Nun, wenn Sie eine solche Angst haben, ein Kind zu bekommen, dann tun Sie doch was dagegen … Stehen Sie auf, und waschen Sie sich«, sagte er.
    »Meinen Sie?«, fragte ich. »Aber womit?«
    »Einfach mit Wasser«, sagte er und schaltete sein unheimliches Krokodilslächeln ein.
    »Na gut«, sagte ich, wenig überzeugt. Ich hatte erhebliche Zweifel an seinem Ratschlag. Er klang ziemlich inadäquat. Andererseits stand mir nicht zu, mit ihm eine Diskussion anzufangen; er war schließlich der Arzt.
    Er beobachtete mich.
    »Na gut, ich mach’s«, sagte ich und setzte mich auf.
    »Warum diese Eile?«, fragte er. »Die Dinger können nicht springen.«
    »Ich gehe lieber jetzt, bevor es zu spät ist«, sagte ich und setzte die Füße auf den Boden.
    »Nicht so eilig! Sie können es wohl nicht erwarten, von mir wegzukommen«, sagte er.
    »Ich werde jetzt gehen«, sagte ich, »und Sie werden mich nicht aufhalten.«
    »Reden Sie nicht so einen Blödsinn«, sagte er. »Ständig dieses ›ich werde‹ und ›Sie werden nicht‹ und ›Sie können nicht‹! Ich kann Sie aufhalten, und das wissen Sie auch.«
    »Nein, das können Sie nicht!«, sagte ich, indem ich aufstand und mich vom Bett entfernte.
    Er reckte sich vor, bekam einen Haarschopf mit der Hand zu fassen und zog mich zu sich heran. Ich taumelte ein paar Schritte zurück und fiel, als er mich aufs Bett zerrte, auf seinen Schoß. Er bog mir die Arme auf den Rücken und hielt sie dort, übereinander gekreuzt, fest. Ich stemmte meine Schultern gegen seine Brust, wand mich wie ein Fisch und trat mit einem Fuß gegen den Nachttisch, der dadurch ins Wanken geriet und mit ihm die Lampe, so dass das Licht mit jedem meiner Tritte flackernd an- und ausging.
    Aber selbst da, während er Gewalt anwendete, spürte ich, wie behutsam er mit mir umging, und ich dachte verbittert, dass das einzige Mal, dass er mich in den Armen hielt, dann war, wenn er mir seinen Willen aufzwingen wollte.
    Als das Licht wieder gleichmäßig brannte, hatte er bereits von mir Besitz ergriffen. Sobald er das Ende seiner Lust erreicht hatte, sagte er: »Gehen Sie sich waschen.«
    Ich ließ die Augen geschlossen und schüttelte den Kopf.
    »Schon besser«, sagte er, »und jetzt hören Sie mit dem Unsinn auf, ein für alle Mal.«
    »Ja«, sagte ich.
    »Mein süßes Kind.«
    Als er mich am nächsten Morgen nach Hause begleitete, sagte er, dass wir uns am selben Tag um halb sieben im Shepherds treffen würden. Dann fragte er mich: »Was haben Sie die ganze Woche so getan?«
    »Ich war erkältet«, sagte ich, »deswegen bin ich kaum aus dem Haus gegangen. Ich war wirklich sehr froh, dass wir uns nicht gesehen haben.«
    »Waren Sie nicht unglücklich, so ganz ohne mich?«, fragte er.
    »Wenn Sie es unbedingt wissen müssen, doch, war ich«, sagte ich.
    »Ach ja«, sagte er mit einem Grinsen, »es war eine Woche der Kasteiung.«
    »Es ist wirklich nicht nötig, so biestige Bemerkungen darüber zu machen«, sagte ich.
    Er sagte: »Ich kann es mir leisten. Wenn man es selbst durchgemacht hat, dann hat man auch das Recht, frivol zu sein.«
    »Sie brauchen gar nicht so eingebildet zu sein«, sagte ich, »denn ich lie – … ich mag Sie überhaupt nicht.«
    »Ich weiß«, sagte er, »und das macht es umso schlimmer.«
    Ich erfuhr nie, warum er mich diese ganze Woche lang nicht hatte sehen wollen; aber es kam nie wieder vor.
    An dem Abend setzte ich mich im Shepherds auf dieselbe niedrige Fensterbank, von der er mich aufgelesen hatte, als er mich zum ersten Mal angesprochen hatte; und während er zur Bar ging, um unsere Drinks zu holen, sah ich mich müßig um.
    Als er zurückkehrte, sagte ich: »Es ist ein Mann da, der zu unserem Kasino in Hamburg gehörte. Das ist das erste Mal, dass ich hier jemanden aus unserem Haufen sehe.«
    »Welcher ist es?«, fragte er.
    Ich zeigte ihn ihm.
    »Wie heißt er?«, fragte er.
    »Major Winthrop«, sagte ich.
    Gordon

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