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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Daumenkuppe einen weit entfernten Berg, ein Haus, einen gewaltigen Baum oder was auch immer so zu verdecken, dass du das betreffende Objekt nicht mehr siehst. Du kannst mit der Kuppe deines Daumens die größten Gegenstände verdecken, wenn du den Daumen in den richtigen Abstand bringst. Und genau so verhält es sich mit dem Schattenbringer. Morygor wird die Position des Himmelskörpers nach und nach so verändern, dass auch der Lichtkranz, den wir noch sehen, immer kleiner wird, bis er ganz verschwunden ist. Kein Sonnenstrahl wird noch das Erdenrund erreichen, und der Frost wird sich weiter ausbreiten und am Ende sogar das laramontische Meer bis über Margorea hinaus in eine Eiswüste verwandeln.«
    »Ich beglückwünsche Euch zu Eurer profunden Erkenntnis«, sagte der Namenlose Renegat höhnisch. »In den Zeiten, da ich König Song Mol half, die Feuerdämonen zu besiegen, war Eurem einfältigen Menschenvolk noch nicht einmal bewusst, dass es dort am Himmel überhaupt irgendwelche beweglichen Körper gibt, und man hielt das Erdenrund für eine Scheibe. Ich gebe zu, dass ich in der Abgeschiedenheit von Felsenburg die Fortschritte menschlichen
Wissens nur am Rande mitbekommen habe, aber sie sind durchaus beachtenswert – gemessen an der Begrenztheit, die die Kürze Eurer Lebensspanne mit sich bringt.«
    »Ein solches Lob von einem derart berufenen Caladran«, gab Meister Thondaril ebenso spöttisch zurück. »Das hätten Generationen von Hochmeistern des Ordens nicht für möglich gehalten.«
    Bevor der Namenlose darauf etwas erwidern konnte, mischte sich Gorian ein, indem er ihn fragte: »Welche Möglichkeiten gibt es, das, was wir am Himmel sehen, wieder rückgängig zu machen?«
    »Die wichtigste Voraussetzung dafür bringst du bereits mit, Gorian: Du zweifelst nicht daran, dass es prinzipiell möglich ist. Die Gestirne lassen sich beeinflussen. Diese Ansicht habe ich immer vertreten und wurde dafür angefeindet.«
    »Und dann hat ausgerechnet Morygor diese These unter Beweis gestellt«, stellte Meister Thondaril fest. »Was für ein Glück für Euch.«
    »Ja, das hat er«, bestätigte der Namenlose.
    »Ist es das, was Euch so stark mit ihm verbindet? Dass er Eure Ansichten bestätigt und in die Tat umgesetzt hat?«, fragte Gorian.
    Ruckartig hob der Namenlose den Kopf und starrte ihn an.
    »Davon verstehst du nichts!«, behauptete er.
     
    Am Abend tauchte Embador am Horizont auf. Die Stadt lag an der wilden Steilküste des Meeres von Ost-Erdenrund. Auffällig war der gewaltige Hafen, der von einer mehrere Meilen weit halbkreisförmig ins Meer hineinragenden Mauer umgeben wurde. Hunderte von Galeeren waren an den Kaimauern vertäut.

    Die Stadt selbst glich einem Netz aus Mauern, die die einzelnen Viertel voneinander trennten. Es sah so aus, als hätte man immer wieder neu entstandene Stadtviertel mit einer Mauer umgeben, um auch sie vor äußeren Angriffen zu schützen. Irgendwann hatte man diese Vorgehensweise wohl aufgegeben, denn die Stadt wuchs ins Umland hinein, ohne von einer äußeren Mauer begrenzt zu werden.
    Ar-Don schien genau zu wissen, wohin er fliegen musste. Es gab einen Landeplatz für Greifenreiter, der sich praktischerweise gleich in der Nähe des Hauptmarktes befand. Dort standen bereits ein Dutzend Gondeln. Nach Zog Yaals Auskünften wurden sie sogar gegen Zahlung einer Gebühr bewacht.
    »Die Dienste der Wächter sollten auch wir unbedingt in Anspruch nehmen«, riet Zog Yaal. »Ansonsten kann es leicht passieren, dass sie sich auf andere Weise das Schutzgeld holen, von dem sie glauben, dass es ihnen zusteht.«
    Ar-Don ging über dem Landeplatz für die Greifengondeln nieder und setzte die Gondel etwas unbeholfen ab. Von Centros Bals Greifen war man sanftere Landungen gewohnt, aber immerhin ging die Gondel nicht zu Bruch und nahm auch sonst keinen weiteren Schaden.
    Die Seilschlangen lösten sich, und Ar-Don landete kurz darauf unmittelbar neben der Gondel.
    »Ich hoffe, du weißt dich hier zu benehmen!«, sandte ihm Gorian einen ermahnenden Gedanken, den er mit der Alten Kraft unterlegte, damit der Greifengargoyle auch begriff, wie ernst es ihm war.
    »Keine Sorge. Greifen sind dumm und einfältig, habe aber viele Erinnerungen, aus denen Ar-Don schöpfen kann …«
    Dass Ar-Don von sich selbst in der dritten Person dachte, war nichts Neues, trotzdem beunruhigte es Gorian.

    »Meine Persönlichkeit ist noch nicht im Begriff, zu einer dummen Greifenseele zu werden«, beschwichtigte ihn der

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