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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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aufwärtsfahren. Eine Welle des Schmerzes raste von der Schulter durch seinen ganzen Leib, aber das hielt ihn nicht davon ab, seine Magie einzusetzen.
    Der Rächer stieß durch den halbierten Schattenmahr, spießte ihn förmlich auf, und Gorian riss ihn von seiner Schulter und schleuderte ihn mitsamt dem Dolch von sich.
    Der Rächer nagelte die verbliebene Oberhälfte der Schreckenskreatur an einen mannsgroßen geschlossenen Gebetsschrein, in dessen Holz die Klinge zitternd stecken blieb. Das grausige Wesen gab keinen Laut mehr von sich. Seine Augen waren erstarrt, schwarzes Blut troff aus seinem offenen
Leib, dort, wo Gorian ihn mit dem Schwert durchtrennt hatte. Innerhalb weniger Augenblicke zerfiel der Schattenmahr zu einer zähflüssigen schwarzen Masse.
    Gorian erhob sich. Ihm war schwindelig. Diese Kreatur hatte seine Schwachstelle genau gespürt und ihm in die Schulterwunde gebissen.
    Er vernahm seinen Namen wie aus weiter Ferne und fragte sich, ob es vielleicht ein Gedanke Sheeras war, die er mit einem Blick vergebens suchte.
    Dunkle Schlieren umgaben ihn auf einmal, und er bemerkte, dass es sein Blut war, das aus seiner Schulterwunde und durch sein aufgerissenes Hemd quoll und sich in diesen dunklen Rauch verwandelte.
    »Ein braves Haustier, das seinen Auftrag bis zur Selbstaufopferung erfüllt«, dröhnte plötzlich eine Gedankenstimme in seinem Kopf. »Ich werde mir einen anderen Schattenmahr zulegen und abrichten müssen. Wer weiß, vielleicht genügt ja das, was von deiner Seele übrig bleibt, um einen neuen zu erschaffen.«
    Gorian sprang auf, wirbelte herum. Der schwarze Rauch war verflogen, und seltsamerweise befand sich von den anderen niemand mehr im Höhlengemach. Er war allein. Von der Königstochter war nur ein großer dunkler Fleck eingetrockneten schwarzen Bluts geblieben, der ihre Körperform ungefähr nachzeichnete.
    Er blickte zu dem geschlossenen Gebetsschrein, streckte die Hand aus und wollte den Rächer zu sich rufen. Aber das gelang ihm nicht. Irgendetwas schien die Magie aus ihm herauszusaugen, wenn er sie anzuwenden versuchte, denn auch sein zweiter Versuch schlug fehl.
    »Verunsichert? Ohne das, was du für deine besondere Fähigkeit hältst, bist du ein Nichts. An dem Ort, an dem du dich nun befindest,
wirken deine Kräfte nicht mehr in gewohnter Weise, und auch die meisten Regeln, die du für unumstößlich hältst, gelten hier nicht.« Ein höhnisches Gelächter dröhnte in Gorians Kopf.
    »Wer bist du?«, rief er und wirbelte erneut herum, weil er glaubte, im Augenwinkel einen Schatten gesehen zu haben, der aber nur von einer der flackernden Öllampen erzeugt worden war. Das Licht, das sie spendeten, wurde im nächsten Moment erheblich schwächer, denn drei der sieben Lampen verloschen.
    Anders als im Thronsaal gab es in dem Höhlengemach auch keine Leuchtsteine, die das Sonnenlicht speicherten und abgaben. Dafür befand sich an der Decke ein großes Mosaik, das eine Sonne auf einem blauen Himmel mit wenigen Wolken zeigte.
    Ein Bild der Hoffnung für die dahinsiechende Königstochter, so schien es, das Gorian an jenen Augenblick erinnerte, als er im Alter von zweieinhalb Jahren auf dem Boot seines Vaters erwacht war. Einen gravierenden Unterschied gab es allerdings: Die von dem Mosaik abgebildete Sonne hatte keinen Schatten, der sie immer mehr bedeckte.
    Eine weitere Öllampe erlosch.
    Der Rächer begann im Holz des Schreins zu zittern. Dessen Tür schlug auf, und der Dolch wurde mittels Magie durch die Luft geschleudert, drehte sich dabei auf eine völlig chaotische, nicht zu kalkulierende Weise, zog einen Halbkreis durch den Raum und schoss dann mit der Spitze voran auf Gorian zu.
    Der hielt in der Rechten noch immer Sternenklinge, hob blitzschnell die Linke und schnappte den Griff des Dolchs, bevor dessen Klinge ihm in jene Schulter dringen konnte, an der er bereits verletzt war. Für einen kurzen Moment spürte
er noch eine fremde Kraft in dem Dolch, dann war sie verschwunden.
    Wenigstens über die unmittelbare Voraussicht, mittels der ein Schwertmeister die Handlungen seines Gegners zu erahnen vermochte, schien er noch in gewohnter Weise zu verfügen.
    Der Schrein stand halb offen und gab den Blick auf ein fratzenhaftes Götzengesicht frei. Es war aus Holz geschnitzt und mit grellen Farben angemalt.
    Der Kopf schien einer grotesken Mischung aus Tier und Mensch zu gehören und erinnerte mit seinen hervorstehenden Hauern an einen Orxanier. Im Gegensatz zu diesem hatte dieses

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