Gott geweiht
er vermutete, wenn es nach dem Willen des Schlitzers ging, würde es weder wie im Himmel noch wie auf Erden sein, sondern eine Vision der Hölle.
KAPITEL 15
Ihre Brüste waren klein und rund, die Haut glatt und weiß wie das Innere einer Muschelschale . Die Brustwarzen waren marmoriertes Perlmutt – wie welke rosa Sommerrosen. Bei ihrem Anblick schwanden ihm schier die Sinne. Ihm wurde schwindelig, und seine Stirn begann zu kribbeln, während sich seine Augen an dem Anblick gar nicht sattsehen konnten. Wie ein Hungerleidender, der ein Bankett sein ganzes Leben lang nur durchs Fenster beobachtet hatte, kam er sich vor, und jetzt, da er hier war, der Tisch mit all den Delikatessen einladend vor ihm aufgebaut, rebellierte sein Magen angesichts eines solchen Überflusses. Ihr Körper war schmerzlich schön – und doch war es ihm nicht erlaubt, zu berühren, zu liebkosen, zu besitzen. Ihr von Lippenstift verunstalteter Mund war ein roter Schlitz in der ansonsten makellos weißen Haut ihres Gesichts.
Er beobachtete sie durch den Spalt in der weißen Spitzengardine, während ihr Körper sich in Leidenschaft hob und senkte. Er spürte, wie sein eigener Körper in Reaktion darauf anschwoll. Sie war die Tochter seines Nachbarn, und ihre beiden Häuser standen so dicht nebeneinander, dass er fast das Gefühl hatte, er könnte die Hand durchs Fenster strecken und sie berühren.
»Samuel! Sam-u-el! Du wirst in der Hölle schmoren, wenn du nicht sofort aufhörst mit dem, was du da tust!«
Wenn er sie doch nur zum Verstummen bringen könnte, ihre harsche Stimme.
»Hör sofort damit auf, Samuel! Die Hand Gottes wird vom Himmel herabkommen und dich erschlagen, und du wirst geradewegs in die Hölle fahren, wo du bis in alle Ewigkeit schmorst!«
Er drehte seinen Kopf weg, um ihren dolchgleichen Blicken auszuweichen, sein Gesicht rot und glühend vor Scham. Selbst zur Wand gedreht konnte er noch immer das Feuer ihres Zorns fühlen, so als würde die Hitze ihm den Hinterkopf versengen. Er schloss seine Augen und wartete, dass ihre Wut verebbte, das Feuer niederbrannte …
Hinterher war es gar nicht so schlimm – sobald sie sich beruhigt hatte, würden sie zusammen beten, manchmal stundenlang.
»Bete mit mir, Samuel. Lass Gott deinen Geist läutern . «
Sie zündete dann Weihrauch an, und sie knieten sich nebeneinander hin, die Bibel aufgeschlagen auf dem Bett vor ihnen – auch wenn sie die Worte auswendig kannte. Sie knieten vor ihrem kleinen, selbst gebauten Altar, mit dem blutenden Christus über dem Betthaupt, die Luft geschwängert vom übermächtigen Weihrauchgeruch. Manchmal wählte sie ihr Gebet aus Genesis, manchmal aus der Offenbarung oder dem Prediger Salomon. Nach einer Weile kannte auch er die Passagen auswendig, und er kniete neben seiner Mutter, bis ihm die Knie wehtaten … und dennoch war er stolz, ihre Leidenschaft für Gott zu teilen, stolz, dass er die läuternden Schmerzen so lange ertrug, bis seine Zehen eingeschlafen waren und er seine Beine nicht mehr fühlen konnte.
Er begrüßte die Taubheit, die Erlösung von seinen schändlichen Lustgefühlen. Er war seiner Mutter dankbar, dass sie ihn errettete, und wenn es hart und schmerzhaft war, dann war das der Beweis dafür, dass er sich auf dem rechten Weg befand. Schließlich hatte seine Mutter ihm immer wieder eingebläut, dass nichts, was leicht erworben wurde, einen Wert hatte.
Sie hatte ihn zu Gott geführt, und jetzt würde er diese Mädchen zu Gott führen, würde sie als Beweis seiner Anbetung, seines Glaubens, seiner Ergebenheit darbieten. Er würde sie vor ihren lasterhaften Trieben retten – und vor seinen.
An jenem Sonntag, nach dem zweiten Mädchen, saß er in dem kalten, abgedunkelten Beichtstuhl auf der harten, schmalen Bank, bis die kleine Luke aufgeschoben wurde, er Pater Neills schweren Atem hören konnte und sein Pfefferminzmundwasser mit der Andeutung von Scotch darunter roch.
»Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt.«
Der Priester unterdrückte ein Rülpsen. Samuel hörte das Rascheln seiner Soutane, hörte seinen Raucherhusten.
»Es sind zwei Wochen vergangen seit meiner letzten Beichte.«
»Ja, mein Sohn?«
»Ich hatte unreine Gedanken.«
»Wie oft?«
Samuel überlegte. Es war wichtig, genau zu sein.
»Dreimal.«
»Sprich zwölf Ave-Marias.«
Es kam ihm nie in den Sinn, die Mädchen zu erwähnen, deren Leben er ausgelöscht hatte. Das war keine Sünde, denn er handelte in Gottes Auftrag. Er befingerte den Zettel
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