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Gott-Poker (German Edition)

Gott-Poker (German Edition)

Titel: Gott-Poker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Scholz
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Glasscheiben. Sie hob einen Arm, und eine dunkle, undeutliche Gestalt in der Glasscheibe tat es ihr nach. Sie ließ den Arm wieder sinken.
    »Die Tiere«, sagte Klara, »haben Sie die Tiere getötet?«
    »Nein«, sagte die Stimme, »ich habe die Tiere nicht getötet. Ich verwahre hier nur ihre Haut. Ich kümmere mich um die Überreste. Um die Oberfl äche.« Die Stimme wurde heiser. Jemand hustete.
    »Entschuldige, Mädchen«, flüsterte die Stimme. »Ich habe lange nicht gesprochen. Das letzte Mal, als sie hier waren –«
    Klara wartete. »Als wer hier war?« fragte sie in die Stille hinein.
    Es dauerte einen Moment, dann hob die Stimme wieder an. »Ich erzähle es dir«, sagte sie. »Für die Menschen muss seitdem eine lange Zeit vergangen sein. Vier waren es. Junge Leute. Sie kamen damals hier her, um die Oberfläche zu retten. Sie wollten die Oberfläche wieder mit dem zusammenführen, was darunter gehört…«
    Die Stimme begann wieder zu husten. Sie hustete lange und so, als wäre ihr Besitzer ein starker Asthmatiker.
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte Klara schließlich zögerlich. Sie wusste nicht, wie sie einer Stimme he lfen könnte.
    »Nein, Mädchen, du kannst mir nicht helfen«, sagte die Stimme. »Es ist gut, dass du endlich geko mmen bist. Ich muss dir erzählen, was damals passiert ist, denn selbst ich kann nicht ewig leben. Mein Dasein war lang, länger als die meisten Daseine, aber selbst meines währt nicht ewig.«
    »Was war damals?« fragte Klara.
    »Setz dich, Mädchen«, sagte die Stimme. »Oder besser noch, leg dich hin. Leg dich in die Tiere hinein. Sie werden mir helfen, dir zu erzählen. Es ist schwer mit den Worten.«
    Die Stimme begann wieder zu husten.
    Klara drehte sich um und ging auf den Haufen mit den Tierfellen zu. Sie berührte einen Katzenkopf mit den Fingern. Ausdruckslos blickte die Katze sie an. Klaras Herz begann wild zu schlagen. Die Stimme röchelte und rang nach Atem. 
    Klara ließ sich auf die Knie sinken und tastete sich langsam in den Haufen hinein. Sie schreckte zusa mmen, als neben ihrem Gesicht die riesigen verdorrten Knopfaugen eines weißen Fuchses  auftauchten.
    »Hab keine Angst, Mädchen«, sagte die Stimme, jetzt leise und ganz klar. »Schließ die Augen. Leg dich zurück.«
     
    Klara gehorchte. Sie legte den Kopf zurück und schloss die Augen. Sie wurde umfangen von Tierfe llen. Das Fell schmiegte sich an ihre Kleidung, umschloss ihre Beine und legte sich um ihre Brust. Sie bekam kurz Panik, ob die Tiere ihr den Atem nehmen wollten, aber ihr Gesicht blieb frei.
    Mit einem leisen, deutlichen Flüstern begann die Stimme zu erzählen, und im Hintergrund vernahm Klara ein vielstimmiges Rauschen, ein Raunen von grünen Wiesen und Wäldern, Flüssen und Festmä hlern an Winterkrippen, tosenden Gebirgsfällen und fliegenden Wolken.
    »Sie haben einen Sommer hier verbracht«, flüste rte die Stimme. »Das Haus gehört der Familie der Barone von Hof. Der Baron war schon lange sehr krank, und Franziska, seine Tochter, kam mit ihren drei Freunden, Magdalena, Nicolas und Sergej. Sie blieben den ganzen Sommer, bis spät in den Herbst hinein, und sie fuhren nur selten in die Stadt, um Lebensmittel oder neue Geräte und Substanzen zu kaufen.
     
    Sie forschten am Zusammenhang zwischen außen und innen. Sie versuchten herauszufinden, was die Hülle ausmacht und was dahinter steckt, was darin ist und was darunter, was das Leben ausmacht. Sie gingen das Problem von allen Seiten an. Magdalena war Biologin, ihr Mann, Sergej, studierte Medizin, und die junge Baronin von Hof, Franziska, beschäftigte sich mit Literatur, Geschichte und Philosophie. Sie versuchte in den Schriften der Jahrhunderte etwas zu finden, was Aufschluss über das Wesen des Lebens und des Todes geben könnte, über die Oberfläche und das, was darunter steckt.
    Das Problem war Nicolas, der Verlobte der ju ngen Baronin. Er war in Magdalena, die Frau von Sergej verliebt, oder vielmehr, er war hinter ihr her, und interessierte sich im Grunde nicht für die Forschungsarbeit. Er war ein lustiger Bursche, aber tief in ihm tobte etwas, etwas Wildes, Verzweifeltes, das durch nichts zu besänftigen war.
    Magdalena liebte ihren Doktor, wie sie ihn nannte, sehr. Aber auch in ihr, wie in ihnen allen, brodelte etwas, etwas Wildes, Unbedingtes. Es ließ sie nicht widerstehen, und sie verfiel Nicolas, oder vielmehr, sie ging ihm in die Falle – sie fielen in die Felle.«
    Die Stimme verschluckte sich an ihrem eigenen

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