Gott-Poker (German Edition)
Franziska hatte zu ihr gesagt, dass sie ihr auf die Nerven gehe, mit ihrem starren Blick und ihrem Wahnsinn, sie könne sich gar nicht vorstellen, wie sehr .
Sergej war vor der zum Schneiden dicken Luft im Garten ins Haus geflüchtet und hatte die Fische zubereitet.
Franziska verschluckte sich an einer Gräte und hustete. Schließlich stand Magdalena auf, um ihr Wasser zu holen. Sergej klopfte Franziska mit einem geübten Schlag auf den Rücken. Danach war es wieder still. Sie saßen da und klapperten mit dem Besteck, und Magdalena hatte wohl das Gefühl, irge ndetwas sagen zu müssen, und so sagte sie: »ich habe etwas gefunden.«
Die anderen beiden sahe n sie an, und sie musste weitersprechen. »Sauerstoff« sagte sie. »Es liegt am Sauerstoff.«
Franziska schien froh zu sein, dass Magdalena das Schweigen gebrochen hatte. »Sauerstoff?« sagte sie. »Das ist ja merkwürdig. Sergej, sagtest du nicht auch schon etwas von Sauerstoff?«
»Sauerstoff?« fragte der Doktor.
»Ich habe Messungen durchgeführt«, sagte Magdalena. »Im Blut. Ist die Konzentration geringer, ist die Lebenskraft auch geringer; steigt die Konzen tration, steigt auch das Leben. Ich bin durch Zufall darauf gestoßen. Ich habe del Toro eine extrem konzentrierte Ladung verabreicht, und sie schien vor Energie zu bersten. Einer anderen Katze habe ich eine etwas leichtere Dosis verpasst, und ihre Lebenskraft hat sich enorm gesteigert. Sie ist extrem aktiv und kaum mehr zu halten. Sie wollen hinaus in die Freiheit, und es kommt mir vor, als würde auch das Fell viel dichter. Und das Blut«, sagte Magdalena aufgeregt, »ihr solltet euch das mal ansehen. Im Mikroskop. Als ich es das erste Mal sah, traute ich meinen Augen nicht. Es wird ganz hell, wenn es mit Sauerstoff angereichert ist, so hell, dass es funkelt.«
»Was du immer so treibst«, sagte Franziska, »und lass gefälligst del Toro in Ruhe, wenigstens del Toro könntest du doch in Ruhe lassen«, und dann schwi egen sie alle drei, als hätte ihnen jemand eine Ohrfeige verpasst. Sie saßen so da, einen endlosen Moment, mit roten Gesichtern, und das Licht war viel zu hell.
»Das ist logisch«, sagte plötzlich Sergej und räu sperte sich. Er holte Luft und sagte, als würde er aus einem Lehrbuch rezitieren:
»Für die hellere Farbe des Blutes ist die Häm-Gruppe verantwortlich. Das ist eine ringförmige M olekülstruktur, die ein Eisenatom in ihrer Mitte hat. Sie hat die Fähigkeit, Licht zu absorbieren. Genauer gesagt: Hämoglobin fängt Licht bei einer Wellenlänge von 550 Nanometer ab und erscheint uns daher rot. Die Intensität dieses Farbtons hängt jedoch entscheidend vom Sauerstoff ab. Wird nämlich Sauerstoff an das Eisenatom der Häm-Gruppe gebunden, bei einem normalen Atemvorgang geschieht das in der Lunge, verbiegt sich das Molekül ein wenig, und die Elektronen verändern ihre Position und ihren Energiezustand. So wird plötzlich auch Licht absorbiert, das vorher entwischt ist, und das Blut erscheint uns heller.«
Er verstummte. Franziska und Magdalena starrten ihn an.
Draußen auf der Terrasse tauchte Nicolas auf. Er war betrunken. Er rumpelte gegen den Tisch und fluchte. Mit der Weinflasche stieß er gegen die Tür, die einen Sprung bekam. Die Tür ging auf, und er fiel nach vorne. Seine schwarzen Haare fielen ihm über die Augen, und er ging langsam in die Knie, hielt die Flasche mit dem Rotwein über seinen Kopf und begann sie über sich auszuschütten. Er kniete da, über und über mit Rotwein überströmt, und lachte, lachte ein grausiges, unheimliches Lachen, viel zu hoch und hysterisch. Dann warf er die Flasche in hohem Bogen ins Zimmer. Sie krachte gegen die Kommode und zersprang in tausend Scherben.
Magdalena stand auf und ging aus dem Zimmer. Nicolas lachte. Der Doktor stand auf und folgte Magdalena in den Flur. Sie stand unbeweglich am Treppenabsatz, mit dem Gesicht zur Wand. Ihr Rücken bebte unter dem Leinenkittel, der von getroc knetem Blut ganz starr war. Sergej trat hinter sie und legte seine Hände auf ihre Oberarme, ganz leicht. Ihre Schultern begannen sich zu heben und zu senken, und Magdalena brach in Tränen aus. Sie schluchzte eine Weile, erstickt und reglos, die Hände des Doktors auf ihren Schultern, dann drehte sie sich zu ihm um und verbarg ihr Gesicht an seinem Hals. Nicolas lallte aus dem Wohnzimmer. Franziska hatte versucht, ihn aufzuheben, doch er hatte mit der Faust nach ihr geschlagen, und sie war zurückgewichen, auf das alte braune
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