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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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schien bereit, sich auf mich zu stürzen, falls das Gerät piepsen oder mir Hörner aus der Stirn wachsen sollten.
    Sie senkte die Hand. »Sie sind sauber.«
    »Wenn das Ding wirklich funktioniert«, sagte ich, »solltest du es vielleicht benutzen, bevor du zu jemand in den Wagen steigst, dem du nicht traust.«
    Sie, Glory, Paxton, Smollek und der Hund funkelten mich wütend an. Meine Tapferkeit war nur gespielt. Was zum Teufel tat ich eigentlich hier?
    Die Tür der Hütte öffnete sich, und ich riss mich zusammen. Ich hatte Chenille erwartet, aber es war Tabitha, die mit weit aufgerissenen Augen auf mich zugerannt kam. Die Hände hatte sie wie Klauen ausgestreckt, ein Stöhnen entrang sich ihrem Hals und wurde zum Schrei.
    »Brian hat ihn umgebracht! Er hat Pastor Pete ermordet!«
    Ihr Haar war ungekämmt, ihr Gesicht bleich, die Lippen so trocken, dass sie aufgeplatzt waren und bluteten. Sie zerrte an meinem Hemd.
    »Hast du es gewusst? Hast du etwa dabei zugesehen? Oh Gott!«
    Ebenso plötzlich, wie er ausgebrochen war, verebbte ihr Zorn auch wieder. Schluchzend sank sie mir entgegen. Instinktiv legte ich meine Arme um sie, um sie vor dem Umfallen zu bewahren. Sie drückte sich an mich und weinte an meiner Schulter. Paxtons Züge erstarrten – als ob er Zeuge einer unerhörten Ungebührlichkeit würde. Er entwand Tabitha meinen Armen und drängte sie mit der Hand in ihrem Nacken zurück zur Hütte. Ich trat einen Schritt zurück und fragte mich, was hier gerade passiert war.
    An der Tür blickte er sich über seine Schulter zu mir um. »Kommen Sie.«
    Zögernd trat ich ein, Shiloh und Glory im Schlepptau. Die Luft war zum Schneiden dick, die Jalousien waren heruntergelassen, und der Raum lag in einem trüben blassgelben Licht. Der Holzboden knarrte unter unseren Füßen. Ich hielt den Atem an. Chenille saß auf einem schwarzen Kunstledersofa, die drei Majoretten um ihre Füße drapiert. Sie trug schimmerndes Weiß von Kopf bis Fuß – Cowboystiefel, Rock, Bluse, Nagellack, Lidschatten, Stetson -, das gesamte Licht, das in das Zimmer fiel, schien von ihrer Erscheinung aufgesaugt zu werden. Vor dem Sofa, an der Stelle, wo man einen Tisch erwartet hätte, stand ein leerer Sarg.
    Ihre dunklen Marmoraugen öffneten sich. »Das Gesetz sagt, dass wir Peter in diese Kiste stecken müssen. Sie lassen uns seine Leiche nicht transportieren, wenn sie sich nicht in einem Sarg befindet.«
    »Mein Beileid, Mrs. Wyoming.«
    »Außerdem sagt das Gesetz, dass wir meinen Peter auf einem staatlich anerkannten Friedhof beisetzen müssen, wo dieser Sarg in eine Zementhöhle versenkt wird, damit keine Körperflüssigkeit und keine Fäulnis austreten können. Als ob sie befürchteten, dass sein süßer unbestechlicher Leib die dreckige Erde dort verderben könnte.«
    Ich schluckte. Warum hatte ich bloß gedacht, dass ich dieser Frau Fragen zum Mord an ihrem Ehemann stellen könnte?
    Ihr Blick schweifte von mir in Richtung Küche. Tabitha stand am Ofen, betupfte sich die Augen mit einem Taschentuch und sprach leise mit Paxton. Chenille rief sie zu sich. Schniefend und das Taschentuch zerknüllt in den Fingern, kam Tabitha ins Zimmer geschlichen.
    Chenille blickte auf ihre im Schoß ruhenden Hände. »Du weißt, ich mache es dir nicht zum Vorwurf, dass du Brian Delaney in unsere Kreise eingeschleppt hast. Du konntest nicht wissen, was er vorhatte. Du wolltest diese Katastrophe nicht auslösen.«
    Tabitha ließ den Kopf hängen.
    »Aber wir nähern uns einer Zeit, in der wir uns keine Irrtümer mehr erlauben können, denn sie sind tödlich. Obwohl ich dir vergebe, müssen wir die Disziplin aufrechterhalten.« Sie strich ihren Wildlederrock glatt. »Halbe Ration. Eine Woche lang.«
    Tabitha nickte. Sie biss sich auf die Lippen, rote Flecken erschienen auf ihren Wangen, aber sie sagte nichts. Ein kurzes Nicken von Chenille, und Tabitha floh in die Küche. Wegtreten! Dann wandte sich der schneeweiße Stetson mir zu.
    »Ich möchte, dass Sie hören, was ich zu sagen habe. Obwohl es mich besudelt, wenn ich mich im selben Raum wie Sie aufhalte, möchte ich, dass Sie zuhören und dann zurückkehren und denen sagen, dass sie nicht gewinnen werden.«
    Ich wagte es nicht, sie zu unterbrechen und zu fragen, wer sie eigentlich sein sollten.
    »Die denken, sie haben jetzt freie Bahn. Sie denken, dass ohne Peter der Weg frei ist, damit die Bestie an die Macht kommen kann. Doch sie irren sich.« Ihre Augen strahlten die Hitze glühender Kohlen aus.

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