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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gleich dahinter einer brüllenden Horde von Reisigen eingeholt werden zu können. Die berittenen
     Böhmen, Polen und Mähren hatten nicht lange gefackelt, sie erschlugen, was ihnen unter die Schwerter kam, und nahmen dann
     sofort die Verfolgung der in Richtung Aussig Fliehenden wieder auf. Die Reisigen der Hussiten, Taboriten und Waisen hingegen
     machten am Fluss Halt. Sie erschlugen oder erstachen alle Deutschen. Systematisch, die Ordnung wahrend, kreisten sie sie ein,
     trieben sie zusammen, und dann verrichteten die Dreschflegel, Morgensterne, Hellebarden, Wurfspieße,
sudlice
genannt, Breitbeile, Speere und Forken ihr Werk.
    Verschont wurde niemand. Die nach dem Gemetzel von Kopf bis Fuß mit Blut besudelten und singend und grölend zurückkehrenden
     Gottesstreiter hatten keine Gefangenen gemacht.
    |36| Am anderen Ufer der Zdiřnica, an der Straße nach Aussig, hatten Reiterei und Fußvolk noch zu tun. Aus den Staubwolken erscholl
     das Klirren von Eisen, das Geräusch von Hieben und Geschrei. Schwarzer Rauch kroch am Boden dahin, die Dörfer Předlice und
     Habrovice am anderen Ufer des Flüsschens brannten, auch dort dauerte, dem Lärm nach zu urteilen, das Gemetzel an.
    Pferde schnaubten, schüttelten unruhig die Köpfe, legten die Ohren an, drängten seitwärts und stampften. Die sengende Hitze
     setzte ihnen zu.
    Waffenklirrend und Staub aufwirbelnd kamen ihnen Reiter entgegen, unter ihnen Roháč z Dubé, Wyszek Raczyňski, Jan Blehz Těšnice
     und Puchała.
    »Schon fast alles vorüber!« Roháč räusperte sich, spuckte aus und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Es waren
     an die dreizehntausend. Nach ersten Berechnungen haben wir etwa dreieinhalbtausend von ihnen erledigt. Bisher zumindest. Denn
     dort drüben sind sie ja noch bei der Arbeit. Die Pferde der Sachsen sind müde. Die entkommen uns nicht. Da können wir die
     Rechnung noch ein bisschen nachbessern. Ich schätze, wir werden wohl so an die viertausend erschlagen haben.«
    »Das ist vielleicht nicht gerade Grunwald«, Dobko Puchała lachte und zeigte dabei die Zähne, das Wieniawa-Wappen war unter
     der Schicht aus blutigem Schlamm fast nicht mehr zu erkennen, »das ist vielleicht nicht gerade Grunwald, aber toll ist es
     schon. Nicht wahr, Herr Fürst?«
    »Herr Prokop!« Korybut tat so, als hätte er dies nicht gehört. »Ist es nicht an der Zeit, christliche Nächstenliebe zu üben?«
    Prokop der Kahle gab keine Antwort. Er lenkte sein Pferd den Hang hinab, der Zdiřnica zu. Mitten durch die Leichen hindurch.
    »Nächstenliebe hin, Nächstenliebe her«, brummte der etwas weiter hinten reitende Jakoubek von Vřesovice, der Hetman |37| von Bilin. »Aber Geld ist Geld! Das ist doch nun wirklich schade! Guckt doch mal, der hier, der ohne Kopf, hat gekreuzte güldene
     Gabeln auf seinem Wappenschild. Das heißt, der ist ein Kalckreuth. Das wäre ein Lösegeld von wenigstens hundert Schock alte
     Groschen. Der hier, dem die Därme rausgequollen sind, mit dem Winzermesser im diagonalen Feld, ist ein Dietrichstein. Ein
     namhaftes Geschlecht, wenigstens dreihundert   ...«
    »Ein versilberter Balken auf schwarzem Feld«, bemerkte Jakoubek von Vřesovice gleichmütig, ein Kenner von Heraldik und Ökonomie
     gleichermaßen, wie sich erwies. »Das heißt, das ist ein Nesselrode. Von der gräflichen Linie. Fünfhundert hätten wir für diesen
     Strolch gekriegt. Wir verschwenden hier Geld, Bruder Prokop.«
    Prokop der Kahle wandte ihm sein Bauerngesicht zu.
    »Gott ist der Richter«, erwiderte er heiser. »Die, die hier liegen, haben nicht sein Zeichen auf ihrer Stirn getragen. Ihre
     Namen standen nicht im Buch der Lebenden.«
    »Außerdem«, versetzte er nach einer Weile bedeutungsvollen Schweigens, »haben wir sie nicht hierher gebeten.«
     
    »Neplach?«
    »Was willst du?«
    »Du lässt mich immer noch bespitzeln. Deine Häscher sind mir stets auf den Fersen. Wirst du mich auch weiterhin verfolgen
     lassen?«
    »Warum fragst du?«
    »Weil mir scheint, dass es keinen Grund dafür gibt   ...«
    »Reynevan, versuche ich etwa, dir beizubringen, wie man Schröpfköpfe setzt?«
    Sie schwiegen eine Zeit lang. Filou ließ seinen Blick wieder zu dem abgeschnittenen Strick hinwandern, der vom Deckenbalken
     herabhing.
    »Die Ratten verlassen das sinkende Schiff«, sagte er nach einigem Nachdenken. »Nicht nur in Schlesien verschwören |38| sich die Ratten in Scheunen und Schlössern, sehen sich nach ausländischer Protektion um und

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