Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
wir sehen hier, wie er sich, in Folge seiner eigenthümlichen Erziehung, über den Weißen erhebt. Der Letztere stürzt sich einem ruhmvollen Tode vor der Mündung der Kanone entgegen; der Erstere sieht ruhig seine Annäherung, und erduldet ihn triumphirend unter den verschiedenen Qualen der ihn umgebenden Feinde und der langsamen Pein des Feuers. Er findet sogar Stolz darin, seine Verfolger zu verhöhnen, und ihre Erfindungskraft bei ihren Qualen herauszufordern; und wie die verzehrenden Flammen an seinen Eingeweiden wüthen, und das Fleisch ihm von den Muskeln fällt, erhebt er seinen letzten Siegesgesang, worin er den Trotz eines unbesiegten Herzens ausspricht, und die Geister seiner Väter anruft, Zeuge zu sein, daß er ohne einen Seufzer sterbe.
Ungeachtet der schwarzen Farben, womit die früheren Geschichtschreiber den Charakter der unglücklichen Eingebornen dargestellt haben, bricht doch von Zeit zu Zeit ein Lichtstrahl hindurch, welcher eine Art von trübem Glanz auf ihr Andenken wirft. Man stößt zuweilen in den rohen Jahrbüchern der östlichen Provinzen auf Thatsachen, welche, obgleich mit den Farben des Vorurtheils und der Frömmelei dargestellt, doch für sich selbst sprechen, und bei denen man mit Beifall und Antheil verweilen muß, wenn das Vorurtheil verschwunden ist.
In einer jener rohen Erzählungen von den Kriegen in Neu-England findet sich eine rührende Schilderung des Elends, welches über den Stamm der Pequod-Indianer kam. Die Menschlichkeit schaudert vor diesen kaltblütigen Einzelnheiten einer rücksichtslosen Metzelei. An einer Stelle lesen wir die Geschichte des Ueberfalls eines indianischen Forts in der Nacht, wobei die Wigwams in Flammen aufgingen und die unglücklichen Einwohner, die zu entrinnen versuchten, niedergeschossen und erschlagen wurden, »so daß Alles binnen einer Stunde abgemacht und geendigt war.« Nach einer Reihe ähnlicher Vorgänge »entschlossen sich,« wie unser Geschichtschreiber frommer Weise bemerkt, »unsere Soldaten, mit dem Beistand Gottes, sie gänzlich auszurotten,« und nachdem die unglücklichen Wilden aus ihren Wohnungen und Festungen vertrieben und mit Feuer und Schwerdt verfolgt waren, rettete sich ein kleiner aber tapferer Haufe, das traurige Ueberbleibsel der Krieger des Pequod-Stammes, mit Weib und Kindern in einen Morast.
Von Unwillen glühend und durch Verzweiflung störrisch geworden, mit Herzen, die vor Kummer über den Untergang ihres Stammes brachen, und mit Gemüthern, die von der eingebildeten Schimpflichkeit ihrer Niederlage gereizt und verwundet waren, verschmähten sie es, einen sie verhöhnenden Feind um ihr Leben zu bitten, und zogen den Tod der Unterwerfung vor.
Als die Nacht herannahte, wurden sie in ihrem traurigen Schlupfwinkel umzingelt, so daß das Entweichen unmöglich ward. In dieser Lage »beschoß sie der Feind die ganze Zeit über, so daß Manche getödtet und in dem Moraste begraben wurden.« In der Dunkelheit und dem Nebel, der dem Tagesanbruch vorherging, brachen einige Wenige durch die Belagerer und entschlüpften in die Wälder; »die Uebrigen blieben den Siegern, und von ihnen wurden viele in dem Moraste getödtet, die in ihrem Eigensinn und ihrer Tollheit, wie störrische Hunde, still saßen und sich niederschießen oder niederhauen lassen wollten, ehe sie um Gnade baten.« Als der Tag über dieser Handvoll einzelner, aber muthvoller Menschen anbrach, sahen die Soldaten, die in den Morast eindrangen, wie uns erzählt wird, »mehrere Haufen derselben dicht neben einander sitzen, auf diese schossen sie ihre mit zehn oder zwölf Pistolenkugeln geladene Musketen ab, die Läufe der Gewehre auf die Zweige der Bäume, einige Schritte von den Wilden, legend, so daß, außer denen, die schon todt waren, noch viel mehr blieben und in den Morast versanken, wo sich weder Feind noch Freund mehr um sie bekümmerte.«
Kann irgend Jemand diese einfache, ungeschmückte Erzählung lesen, ohne die starre Entschlossenheit, den unbeugsamen Stolz, die Geisteserhebung zu bewundern, welche die Herzen dieser Naturhelden zu stärken und sie über die angeborenen Gefühle der menschlichen Natur zu erheben schien? Als die Gallier die Stadt Rom zerstörten, fanden sie die Senatoren in ihre Gewänder gekleidet und in starrer Ruhe auf den curilischen Stühlen sitzend; und so erduldeten sie den Tod ohne Widerstand oder selbst ohne Fürbitte. Ein solches Betragen ward bei ihnen als edel und großsinnig bewundert; bei den unglücklichen Indianern
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