Gott´sacker (Krimi-Edition)
man wusste, was der andere dachte, was er wählte, was er aß, ob das Auto geleast oder bar bezahlt war, ob es eine Scheinschwangerschaft oder leider gar keine war und warum der Bürgermeister zurzeit so viel soff. Trotzdem redete man über solche Dinge nicht offen, dafür gab es die vorgehaltene Hand.
Aber die Polizei schien nach wie vor im Dunkeln zu tappen, was die Morde in Riedhagen betraf.
Um Licht ins Dunkel zu bringen, rückte zur Essenszeit, als der Duft von gegrilltem Schwein in der Luft lag, ein grüner VW -Beetle an. Im Grünen die Blonde, die bald mit am Tisch saß, der nur noch wenig Platz für weitere Gäste bot.
»Da habe ich ja mal alle zusammen.«
»Alle was? … Alle Verdächtigen?«, fragte Philipp und lächelte nervös.
»Das haben Sie gesagt.«
Die maisblonde Kommissarin hatte von Cäci dankbar eine rote Wurst mit Curry-Ketchup und Wecken angenommen, dazu trank sie ein Mineralwasser mit Eiswürfeln.
Sie stellte mal wieder ihre Standardfrage, ob sie uns ›ganz locker‹ befragen könne, damit sie uns eine Fahrt nach Bad Saulgau erspare.
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Haben Sie eigentlich noch kein Wochenende?«
Ich prostete ihr freundlich zu.
Sie griff sich zielsicher meine selbst gemachte Chili-Paste vom Tisch – aus eigenem Chili-Anbau.
»Wir sind immer im Dienst … Ist das scharf?«
»Schärfer als Sie … sich vorstellen können.«
Cäci schlug mir gegen das Schienbein.
»Haben Sie das etwa selbst gemacht?«
Ich nickte: »Aber mit Vorsicht genießen, Sie sehen ja, was drauf steht.«
»›Männer-Paste‹«, schüttelte sie den hübschen Kopf, »das muss ja von Ihnen stammen«, nahm eine herzhafte Messerspitze von der feuerroten Paste und strich sie auf das Ende ihrer roten Wurst.
An und für sich bin ich ja ein eher moderner Mensch und stehe der weiblichen Emanzipation recht offen gegenüber. Trotzdem mag ich es nicht sonderlich, wenn Frauen den Männern ihr letztes Refugium streitig machen. Es löst in mir immer wieder ganz großes Unbehagen aus, wenn Frauen ein Steak medium oder gar blutig bestellen. Ich kann es letztendlich nicht erklären, warum ich gerade in diesem Bereich so sensibel reagiere, ich denke, es ist keine rationale Angelegenheit.
Hingegen finde ich es außerordentlich wichtig, dass sich Frauen auch der kulinarischen Schärfe öffnen. Immer wieder hatte ich versucht, Cäci sanft an meine Chili-Paste hinzuführen. Vergeblich. Sie bekäme Ausschlag, Hitzewallungen, ihre Geschmacksknospen auf der Zunge würden absterben und ähnlichen Blödsinn musste ich mir wiederholt anhören.
Gespannt und innerlich grinsend wartete ich die wahrscheinlichste Reaktion ab. Mit allem hätte ich gerechnet, nur mit dem nicht: Die Frau Kommissarin Petra Krieger führte noch einmal ihr Messer zum Marmeladengläschen mit der kecken Aufschrift ›Männer-Paste‹, unter dessen handgeschriebene warnende Letter ich noch ein kleines schwarzes Totenkopfsymbol gezeichnet hatte, quasi zur Bekräftigung. Sie holte sich aus dem Marmeladenglas eine etwas größere Portion als die vorherige auf die Messerspitze.
»Seeehr gut, haben Sie das wirklich selbst gemacht?«
Ich nickte noch einmal und hatte plötzlich ein ganz anderes Bild von der Kommissarin. Sie erschien mir auf einmal reifer, fruchtiger, weniger kommissarisch und etwas schärfer.
»Wie haben Sie den fruchtigen Geschmack hinbekommen?«
Ich erzählte ihr dankbar, wie ich die Chilis ganz klein gewürfelt, sie mit Gelier-Zucker und wenig Salz angesetzt hatte. Wie ich für den fruchtigen Geschmack Paprika klein geschnitten und zuletzt unter Beigabe von etwas Zitronensaft und einem Hauch von Knoblauch das Ganze wie eine Marmelade gekocht hatte.
Sie nickte anerkennend und hatte das Rezept schon in ihren digitalen Helfer eingegeben.
»Das muss ich unbedingt nachmachen.«
»Ich kann Ihnen gern ein Gläschen mitgeben – ich habe noch 14, das reicht über den Winter.«
»Ja, gern.«
War das vielleicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft?
»So, wenn wir schon beim Austauschen von Nettigkeiten sind, in Ihren Angaben, den Brand bei Herrn Ngumbu betreffend, gibt es ein paar kleine Unstimmigkeiten, Sie sollten mir helfen, diese zu korrigieren.«
Inzwischen waren Joes Frau, die Lehrerin mit den drei Kindern, mit Butzis und Flaschen-Gordons Freundinnen im überladenen VW -Bus eingetroffen. Cäci hatte mit ihrer Mutter telefoniert und Watzlav, der tschechische Aushilfskellner, rumpelte schon bald mit einer
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