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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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der Insulinschock ihr Erinnerungsvermögen so beeinträchtigt haben?
    Joan zog ihren Stuhl näher heran, damit sie sprechen konnten, ohne daß die anderen drei Patientinnen alles mithörten. »Sagen Sie, wenn Sie sich nicht selbst das zusätzliche Insulin gespritzt haben, wie ist es dann in Ihren Blutkreislauf gelangt?«
    Cassi schüttelte den Kopf. »Ich trage mich nicht mit Selbstmordabsichten, falls Sie das meinen.«
    »Es ist sehr wichtig, daß Sie mir die Wahrheit sagen«, beharrte Joan.
    »Genau das tue ich ja«, sagte Cassi scharf. »Ich glaube nicht, daß ich selbst mir die zusätzliche Insulindosis injiziert habe, nicht einmal im Schlaf. Ich glaube, man hat es mir gegeben.«
    »Zufällig? Eine Überdosis aus Versehen?«
    »Nein. Ich glaube, es geschah absichtlich.«
    Joan musterte ihre Freundin mit klinischer Objektivität. Es war eine weitverbreitete Wahnvorstellung unter Patienten, daß irgend jemand im Krankenhaus ihnen Schaden zufügen wolle, aber gerade von Cassi hatte sie so was nicht erwartet. »Sind Sie sicher?« fragte sie endlich.
    Cassi schüttelte den Kopf. »Nach dem, was ich durchgemacht habe, ist es schwer, noch in irgendeinem Punkt sicher zu sein.«
    »Wer könnte Ihrer Meinung nach dahinterstecken?« fragte Joan.
    Cassi legte die gekrümmte Hand an den Mund und flüsterte: »Ich glaube, Thomas könnte es getan haben.«
    Joan war schockiert. Sie empfand alles andere als Zuneigung für Thomas, aber diese Bemerkung konnte man wirklich nurnoch auf Verfolgungswahn zurückführen. Sie wußte nicht, wie sie reagieren sollte. Langsam wurde offenkundig, daß Cassi mehr brauchte als nur den Rat eines Freundes; sie brauchte die Hilfe eines Fachmanns. Nach ein paar Sekunden fragte Joan: »Wie kommen Sie darauf, daß es Thomas gewesen sein könnte?«
    »Ich bin mitten in der Nacht aufgewacht und habe sein Eau de toilette gespürt.«
    Wenn Joan nur den leisesten Verdacht gehabt hätte, Cassi könne schizophren sein, hätte sie nicht weiter nachgebohrt. Aber sie wußte, daß ihre Freundin ein im Grunde normaler Mensch war, der lediglich in letzter Zeit unter besonderem Streß gestanden hatte. Sie hielt es für notwendig zu verhindern, daß Cassi sich noch tiefer in dieses trügerische Denkschema verstrickte. Sie sagte: »Ich finde, das ist ein mehr als schwacher Beweis. Jeder Mensch hat manchmal Geruchsassoziationen, auch mitten in der Nacht. Ich glaube, daß Sie unter den gegebenen Umständen einfach einen Traumzustand mit der Wirklichkeit verwechselt haben.«
    »Joan, das habe ich mir auch schon überlegt«, sagte Cassi.
    »Außerdem«, fuhr Joan fort, indem sie Cassis Einwand ignorierte, »gehören Alpträume zum Erscheinungsbild eines Insulinschocks. Ich bin sicher, das wissen Sie besser als ich. Ich glaube wirklich, es handelt sich um nichts anderes als eine vorübergehende akute Psychose. Immerhin haben Sie ganz schönen Belastungen standhalten müssen. Es wäre daher gar nicht undenkbar, daß Sie sich in diesem Zustand selbst die Insulinspritze gegeben und im Anschluß daran alle möglichen Alpträume erlebt haben, die Ihnen jetzt als real erscheinen.«
    Cassi lauschte voller Hoffnung. Schon in der Vergangenheit war es ihr nicht immer leichtgefallen, Realität und Träume unter Insulineinfluß auseinanderzuhalten. »Aber ich kann mir immer noch nicht ganz vorstellen, daß ich mir selbst eine Überdosis gegeben haben soll«, sagte sie.
    »Vielleicht war es ja gar nicht als Überdosis gedacht. Möglicherweise haben Sie sich einfach nur Ihr übliches Quantum injiziert, weil Sie dachten, es wäre Zeit für die abendliche Spritze.«
    Es war eine verlockende Erklärung. Eine, die sich leichter akzeptieren ließ als der Gedanke, Thomas könnte sie ermorden wollen.
    »Am meisten interessiert mich im Augenblick allerdings, ob Sie sehr deprimiert sind«, sagte Joan.
    »Ein bißchen schon, glaube ich, vor allem wegen Robert. Ich nehme an, ich sollte mich freuen, weil die Operation so gut verlaufen ist, aber vor diesem Hintergrund finde ich das ziemlich schwierig. Ich kann Ihnen allerdings versichern, daß ich nicht im geringsten daran denke, mich umzubringen. Sie haben mir sowieso mein ganzes Insulin weggenommen.«
    »Um so besser.« Joan erhob sich – nunmehr überzeugt, daß Cassi wirklich keine selbstzerstörerischen Tendenzen aufwies. »Ich muß los, unten warten zwei Patienten auf mich. Passen Sie auf sich auf und rufen Sie mich, wenn Sie Hilfe brauchen. Versprochen?«
    »Versprochen«, sagte Cassi

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