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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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sagte George und versetzte Thomas einen spielerischen Schlag auf die Schulter, ehe er davonschlenderte.
    Es ärgerte Thomas, solcherart berührt und angefaßt zu werden. Es war so pubertär. George gesellte sich zu einer Gruppe von Ärzten und OP-Schwestern, die sich auf den Stühlen am Fenster herumlümmelten. Gelächter und erhobene Stimmen erfüllten den Raum. In Wahrheit konnte Thomas George Sherman nicht ausstehen. Er war überzeugt, daß der Kollege sich nur aus einem Grund so mit den Insignien des Erfolgs schmückte, nämlich um seine grundlegende Mittelmäßigkeit zu verbergen, besonders auf chirurgischem Gebiet. All das war Thomas nur zu vertraut. Eins der scheinbar unabwendbaren Übel einer Universitätsklinik war, daß die Berufungen oft mehr aus politischen als aus fachlichen Erwägungen stattfanden. Und George war vom Scheitel bis zur Sohle ein politischer Taktierer. Er besaß wachen Verstand, führte glänzend Konversation und war ein guter Gesellschafter. Schon früh hatte er gelernt, daß es für seinen Erfolg im Memorial wichtiger war, sich mit Macchiavelli auszukennen als mit Halstead, und so fühlte er sich in der Treibhausatmosphäre personalpolitischer Klinikintrigen wie zu Hause.
    Thomas wußte, die Wurzel des Problems lag in der unausgesprochenen Feindschaft zwischen Chirurgen wie ihm selbst, die eine Privatpraxis führten und ihren Lebensunterhalt damit bestritten, ihren Patienten Rechnungen zu schreiben, und Ärzten wie George Sherman, die ganztägig Angestellte der Medizinischen Fakultät waren und ein Gehalt statt eines Honorars bezogen. Die Privatärzte hatten ein bedeutend höheres Einkommen und genossen mehr Freizeit, vor allem aber brauchten sie sich keiner höheren Instanz unterzuordnen. Die angestellten Ärzte hatten eindrucksvollere Titel und einen bequemeren Zeitplan, aber es gab immer noch jemand über ihnen, der ihnen sagte, was sie zu tun und zu lassen hatten.
    Die Klinikleitung stand zwischen den Fronten. Einerseits freute sie sich über die hohe Zahl der Patienten und das Geld, das die Privatärzte dem Haus brachten, andererseits genoß sieden Kredit und den Status, den es bedeutete, Teil der Universitätslandschaft zu sein.
    »Campbells Brust ist geschlossen«, sagte Larry neben Thomas und riß ihn damit aus seinen Gedanken. »Die Assistenten sind gerade dabei, die Haut zu vernähen. Alle Lebenssignale sind stabil und normal.«
    Thomas ließ die Zeitung sinken, stand auf und folgte Larry in den Umkleideraum. Als sie an George vorbeikamen, konnte Thomas hören, wie er davon redete, ein neues Lehrkomitee ins Leben zu rufen. Es hörte nie auf! Ebensowenig wie der Druck, den George als Direktor des Lehrkörpers und Ballantine als Leiter der Herzchirurgie auf ihn ausübten, damit er seine Praxis aufgab und sich ins Angestelltenverhältnis begab. Sie versuchten ihn damit zu locken, daß sie ihm eine Professur anboten, und obwohl es einmal eine Zeit gegeben hatte, zu der er daran durchaus interessiert gewesen wäre, hatte ein solches Angebot nunmehr nicht mehr die geringste Attraktivität für ihn. Er würde seine Praxis behalten, seine Unabhängigkeit, sein Einkommen und seine Gesundheit. Er wußte, wenn er erst zu den festangestellten Ärzten gehörte, wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis man ihm vorschrieb, wen er operieren durfte und wen nicht. Über kurz oder lang würde man ihm so lächerliche Fälle wie jenes arme, zurückgebliebene Kind im Röntgenraum übertragen.
    Er trat in den Umkleideraum und öffnete seinen Spind. Als er aus seinem grünen Operationsgewand fuhr, dachte er daran, wie sich Laura Campbells schmiegsamer Körper angefühlt hatte. Es war eine angenehme Erinnerung, die ihm Beruhigung seiner strapazierten Nerven verhieß.
    »Sie haben heute wieder mal hervorragende Arbeit geleistet«, sagte Larry, um Thomas aufzuheitern, nachdem er seine grimmige Miene bemerkt hatte.
    Thomas antwortete nicht. Früher hätte er sich über ein derartiges Kompliment gefreut, heute war es ihm egal.
    »Es ist zu schade, daß die Leute nicht auch die vielen Kleinigkeiten zu schätzen wissen«, fuhr Larry fort, während er sich das Hemd zuknöpfte. »Sie hätten eine gänzlich andere Vorstellung von der Chirurgie. Und vor allem würden sie genauer darauf achten, von wem sie sich operieren lassen.«
    Thomas sagte noch immer nichts, obwohl die in Larrys Worten enthaltene Wahrheit ihm ein Nicken abrang. Als er in die Ärmel seines Hemds schlüpfte, dachte er an Norman Ballantine,

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