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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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aus der Arbeit am Herzen ergab, verfehlte ihre Wirkung nie.
    Als er fertig war und sich überzeugt hatte, daß alle Umgehungen funktionierten und keine unnatürlichen Blutungen existierten, trat Thomas vom Operationstisch zurück und zerrte sich die Handschuhe von den Fingern.
    »Ich nehme an, Sie sind in der Lage, die Brustwand wieder so herzurichten, wie Sie sie vorgefunden haben, Larry«, sagte er und wandte sich zum Gehen. »Rufen Sie mich, wenn es Schwierigkeiten gibt.« Als er den Raum verließ, hörte er ein deutliches Murmeln der Anerkennung von der Operationsmannschaft.
    Der Gang vor dem OP wimmelte von Leuten. Um diese Tageszeit, mitten am Nachmittag, waren die meisten der sechsunddreißig Operationssäle noch immer besetzt. Auf fahrbaren Liegen wurden Patienten von oder zu ihren Eingriffen gerollt, manche begleitet von Pflegern, Schwestern oder Ärzten. Thomas schob sich durch die Menge, wobei er gelegentlich jemand seinen Namen flüstern hörte.
    Als er an der großen Uhr vor dem Hauptversorgungsraum vorbeikam, merkte er, daß er weniger als eine Stunde für Campbell gebraucht hatte. Tatsächlich hatte er an diesem Tag drei by-pass- Fälle in einer Zeit behandelt, in der die meisten Chirurgen bestenfalls einen oder zwei geschafft hätten.
    Er sagte sich, daß es eigentlich möglich gewesen wäre, noch eine weitere Operation anzusetzen, obwohl er wußte, daß es nicht stimmte. Der Grund, aus dem er heute nur drei Eingriffe durchführen konnte, war die lästige neue Regel, daß alle Chirurgen an der jeden Freitagnachmittag stattfindenden Konferenz der Herzchirurgie teilzunehmen hatten, einer relativ neuen Erfindung von Dr. Norman Ballantine, dem Leiter der Abteilung. Thomas ging hin, nicht weil man es ihm befohlen hatte, sondern weil auf dieser Konferenz beschlossen wurde, wer wann wieviel Zeit im OP bekam. Er versuchte, sich nicht zu intensiv mit der Situation zu beschäftigen, denn wann immer er es tat, sah er rot.
    »Dr. Kingsley«, rief eine scharfe Stimme und unterbrach so seinen Gedankengang.
    Priscilla Grenier, die herrische OP-Verwalterin, winkte ihm mit einem Kugelschreiber. Thomas wußte, daß sie hart arbeitete; es war keine Kleinigkeit, die sechsunddreißig Operationssäle des Boston Memorial so reibungslos zu koordinieren, wie es ihr gelang. Trotzdem konnte er es nicht ausstehen, wenn sie sich in seine Angelegenheiten mischte, worauf sie ausgesprochen erpicht zu sein schien. Immer hatte sie irgendeinen Befehl oder eine Anweisung für ihn.
    »Dr. Kingsley«, rief Priscilla noch einmal. »Im Wartezimmer sitzt die Tochter von Mr. Campbell. Sie sollten hinuntergehen und mit ihr sprechen, bevor Sie sich umziehen.« Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte sie sich wieder zu ihrem Schreibtisch um.
    Nur mit Mühe gelang es Thomas, seinen Unmut im Zaum zu halten; er ging weiter, ohne sich zu ihrer Bemerkung zu äußern. Die Euphorie, die er im OP empfunden hatte, ließ bereits nach. In letzter Zeit hielt das Vergnügen an jedem chirurgischen Erfolg immer kürzer an.
    Im ersten Moment dachte er daran, Priscillas Aufforderung zu ignorieren, sich umzuziehen und dann erst mit Campbells Tochter zu sprechen. Nichtsdestoweniger blieb die Tatsache, daß er sich verpflichtet fühlte, seinen Kittel anzubehalten, bis der Patient das Genesungszimmer erreicht hatte – für den Fall, daß es unvorhergesehene Komplikationen gab.
    Er stieß die Tür zum Vorbereitungsraum auf und suchte im Kittelschrank nach einem langen weißen Mantel, den er über sein grünes Chirurgengewand ziehen konnte. Während er hineinschlüpfte, dachte er über die unnötigen Frustrationen nach, die ihm tagtäglich aufgezwungen wurden. Die Qualität der Schwestern war definitiv schlechter geworden. Und dann Priscilla Grenier! Vor gar nicht allzu langer Zeit hatten solche Personen noch gewußt, wo sie hingehörten. Ganz zu schweigen von obligatorischen Freitagnachmittagskonferenzen … Du meine Güte!
    Zerstreut ging Thomas den langen Gang zum Wartezimmer hinunter. Es handelte sich um eine relativ neue Erweiterung der Klinik, die durch den Umbau eines alten Lagerraums entstanden war. Als die Zahl der in der Abteilung vorgenommenen by-pass -Operationen ins Astronomische wuchs, wurde beschlossen, einen angrenzenden Raum einzurichten, in dem Familienmitglieder sich aufhalten konnten, während ihre Angehörigen im OP waren. Es war das geistige Kind eines derstellvertretenden Verwaltungsdirektoren und hatte sich als wahre Goldgrube für die

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